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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band.

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oder Händlers mit einer Wagesteuer zu belegen, die einmal nicht von den
kleinen Tabaksbauern, sondern von dem capitalreicheren Industriellen getragen
würde, und ferner die wirklich producirte, nicht die nur eventuell zu erzielende Waare
träfe. Es bedürfte zur Erreichung dieses Zweckes nur der Benutzung und
des weiteren Aufbaus eines in Süddeutschland bereits existirenden Instituts,
der sogenannten Dorfwage, welche in den tabaktragendcn Gegenden von Seiten
der ländlichen Gemeinde beaufsichtigt und geleitet wird, um Verkäufer und
Käufer die Möglichkeit einer gemeinsamen und erleichterten Controle zu bieten.
Der von Süddeutschland aus gegen die Wagesteuer erhobene Einwand, daß
die Einführung derselben die Händler und Fabrikanten, welche dieselbe zu zah¬
len hätten, zum Verzicht auf größere Einkäufe zwingen würde, ist nur sehr
bcdingterweise stichhaltig, da der Gewinn aus einem Engroseinkauf in der
Regel größer sein wird als der Verlust durch vorzeitige Erlegung der Steuer
für denselben -- überdies könnte er durch Bewilligung von Steuercrediten nach
Analogie der Zollcredite vollständig beseitigt werden.

Die Wagesteuer ist aber weder die einzige Prvductionssteuer. welche an
Stelle der projectirten Auflage treten könnte, noch der Zeitpunkt, in welchem
die Blätter abgehängt sind und zum Behuf der Fermentation an den Fabri¬
kanten übergehen, der einzige, der sich für eine Anlegung der Steuer eignete:
ebensogut könnte dieselbe während der Fermentation eintreten, behufs welcher
ohnehin größere Tabaksmassen beisammen sein müssen, die die Controle erleich¬
tern. Der Tabak hat, bevor er in die Hände des Fabrikanten kommt oder von
diesem der Verarbeitung zur Cigarre übergeben wird, so zahlreiche Stadien durch¬
zumachen, daß es dem Zolltechnikcr an Anhaltspunkten nicht fehlen kann. Je-
des dieser Stadien erscheint aber für die Besteuerung geeigneter als das, in
welchem der Tabak noch als Samenkorn in der Erde liegt und es durchaus
ungewiß ist, welche Ernte der Producent sich qualitativ und quantitativ ver¬
sprechen kann. -- Gegen eine Prvductionssteuer haben wir somit an und für
sich nichts einzuwenden, wohl aber erscheint der in Vorschlag gebrachte Steuer¬
modus unzweckmäßig und ungerecht. Tritt eine Erhöhung des Eingangszolls
ein, so wird die Besteuerung des im Inlande erzeugten Krauts nicht wohl ver¬
mieden werden können, da andern Falls der Eingangszoll zum Schutzzoll für
das einheimische Product würde, was weder nothwendig noch auch nur rationell
wäre.

Das dritte der norddeutschen Handelskammer vorgelegte Steuerproject sieht
es auf die Einführung einer Fabrikationssteuer ab, welche in der Form
der Banderolirung des verarbeiteten Tabaks eintreten soll. Sowohl diese Ban-
dcrolirung, wie jede andere Art einer Fabrikationssteuer erscheint aber bei näherer
Betrachtung verwerflich. Unserer Ansicht nach ist es überhaupt rathsamer. ein-
zsine hohe Steuern eintreten zu lassen, als eine größere Anzahl kleinerer,


oder Händlers mit einer Wagesteuer zu belegen, die einmal nicht von den
kleinen Tabaksbauern, sondern von dem capitalreicheren Industriellen getragen
würde, und ferner die wirklich producirte, nicht die nur eventuell zu erzielende Waare
träfe. Es bedürfte zur Erreichung dieses Zweckes nur der Benutzung und
des weiteren Aufbaus eines in Süddeutschland bereits existirenden Instituts,
der sogenannten Dorfwage, welche in den tabaktragendcn Gegenden von Seiten
der ländlichen Gemeinde beaufsichtigt und geleitet wird, um Verkäufer und
Käufer die Möglichkeit einer gemeinsamen und erleichterten Controle zu bieten.
Der von Süddeutschland aus gegen die Wagesteuer erhobene Einwand, daß
die Einführung derselben die Händler und Fabrikanten, welche dieselbe zu zah¬
len hätten, zum Verzicht auf größere Einkäufe zwingen würde, ist nur sehr
bcdingterweise stichhaltig, da der Gewinn aus einem Engroseinkauf in der
Regel größer sein wird als der Verlust durch vorzeitige Erlegung der Steuer
für denselben — überdies könnte er durch Bewilligung von Steuercrediten nach
Analogie der Zollcredite vollständig beseitigt werden.

Die Wagesteuer ist aber weder die einzige Prvductionssteuer. welche an
Stelle der projectirten Auflage treten könnte, noch der Zeitpunkt, in welchem
die Blätter abgehängt sind und zum Behuf der Fermentation an den Fabri¬
kanten übergehen, der einzige, der sich für eine Anlegung der Steuer eignete:
ebensogut könnte dieselbe während der Fermentation eintreten, behufs welcher
ohnehin größere Tabaksmassen beisammen sein müssen, die die Controle erleich¬
tern. Der Tabak hat, bevor er in die Hände des Fabrikanten kommt oder von
diesem der Verarbeitung zur Cigarre übergeben wird, so zahlreiche Stadien durch¬
zumachen, daß es dem Zolltechnikcr an Anhaltspunkten nicht fehlen kann. Je-
des dieser Stadien erscheint aber für die Besteuerung geeigneter als das, in
welchem der Tabak noch als Samenkorn in der Erde liegt und es durchaus
ungewiß ist, welche Ernte der Producent sich qualitativ und quantitativ ver¬
sprechen kann. — Gegen eine Prvductionssteuer haben wir somit an und für
sich nichts einzuwenden, wohl aber erscheint der in Vorschlag gebrachte Steuer¬
modus unzweckmäßig und ungerecht. Tritt eine Erhöhung des Eingangszolls
ein, so wird die Besteuerung des im Inlande erzeugten Krauts nicht wohl ver¬
mieden werden können, da andern Falls der Eingangszoll zum Schutzzoll für
das einheimische Product würde, was weder nothwendig noch auch nur rationell
wäre.

Das dritte der norddeutschen Handelskammer vorgelegte Steuerproject sieht
es auf die Einführung einer Fabrikationssteuer ab, welche in der Form
der Banderolirung des verarbeiteten Tabaks eintreten soll. Sowohl diese Ban-
dcrolirung, wie jede andere Art einer Fabrikationssteuer erscheint aber bei näherer
Betrachtung verwerflich. Unserer Ansicht nach ist es überhaupt rathsamer. ein-
zsine hohe Steuern eintreten zu lassen, als eine größere Anzahl kleinerer,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_191229/135>, abgerufen am 15.01.2025.