Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

ländische Tabake durch Handelsconjuncturen und Erntedifferenzen gewissen
Schwankungen ausgesetzt ist, die den Preis der Waare zuweilen weit über
das Maß hinaus vertheuern, welches durch die projectirte Steuererhöhung be¬
dingt wäre und doch ertragen weiden. Eine gewisse Rückwirkung auf den
Consum würde darum nicht ausbleiben, beim Eintreten ungünstiger Verhält¬
nisse im Inlande vielleicht zu Zeiten ziemlich fühlbar sein -- von einem Ruin
des Tabakshandels in Deutschland kann aber nicht die Rede sein. Ist die
Nothwendigkeit einer Erhöhung der Staatseinnahmen einmal constatirt, so wird
die erhöhte Besteuerung des Tabaks sich vielmehr vor vielen anderen Zoll- und
Steuerauflagen empfehlen, zumal wenn sie sich innerhalb einer Schränke be¬
wegt, die mit den Zollverhältnissen der Großstaaten des Auslandes verglichen,
als eine bescheidene bezeichnet werden kann.

Anders steht es mit der Einführung einer Productionssteucr Pro Morgen
mit Tabak bebauten Landes, beziehungsweise mit der Ausdehnung derselben
auf ganz Deutschland. Wir werden weiter unten auszuführen Gelegenheit haben,
in welcher Weist eine Belastung des im Inlande producirten Tabaks ohne Be¬
einträchtigung der Interessenten und der Rolle, welche die deutsche Tabaks-
production im Auslande spielt, möglich wäre, -- gegen die Einführung einer
Grundsteuer auf das mit Tabak bebaute Land müssen wir uns aber mit Ent¬
schiedenheit erkären, sogar die Abschaffung der zur Zeit in Preußen bestehenden
Steuer dieser Art für wünschenswerth halten. Die beantragte Produciions-
steuer pro Morgen Landes hat einmal den Uebelstand, daß sie der qualitativen
Verschiedenheit des erzielten Products nicht Rechnung trägt und die niedere
Waare ebenso hoch belastet, wie die feinere, eine Rechtsungleichheit, die für den
kleinen Tabaksbauer, der in Süddeutschland und namentlich in Baden sehr
häufig vorkommt, besonders drückend ist. Der Bewohner ärmerer Gegenden,
der sogenannte Sandbauer, der an Fleiß, Anstrengung und Bodencultur ebenso
beträchtliche Opfer zu bringen hat, wie der begünstigte Seckenheimer und ohnehin
nur auf einen sehr viel bescheideneren Gewinn zu rechnen hat als jener, dem
die Vorzüge seines Grund und Bodens die Erzielung einer werthvolleren Sorte
und größeren Quantität ermöglichen, würde durch eine Steuer, die auf die
Verschiedenheit der Boden- und Culturverhältnisse absolut keine Rücksicht nimmt,
unverhältnißmcihig härter getroffen werden als jeder andere Producent. In
Süddeutschland ist der Tabaksbau vorzugsweise in den Händen der kleinen
Leute, die eigentlich nur durch ihn existiren und für welche die Aufrechterhal-
tung erträglicher Arbeits- und Productionsbedingungen darum eine Lebensfrage
ist. Aus diesem Grunde ist bereits früher von einer Ausdehnung der in Nord-
deutschland bestehenden Steuer von Grund und Boden mit Fug und Recht
Abstand genommen worden; was der märkische Tabaksbau. der hauptsächlich Von
großen Dvmänenpächtern betrieben wird, allenfalls ertragen kann, würde der


ländische Tabake durch Handelsconjuncturen und Erntedifferenzen gewissen
Schwankungen ausgesetzt ist, die den Preis der Waare zuweilen weit über
das Maß hinaus vertheuern, welches durch die projectirte Steuererhöhung be¬
dingt wäre und doch ertragen weiden. Eine gewisse Rückwirkung auf den
Consum würde darum nicht ausbleiben, beim Eintreten ungünstiger Verhält¬
nisse im Inlande vielleicht zu Zeiten ziemlich fühlbar sein — von einem Ruin
des Tabakshandels in Deutschland kann aber nicht die Rede sein. Ist die
Nothwendigkeit einer Erhöhung der Staatseinnahmen einmal constatirt, so wird
die erhöhte Besteuerung des Tabaks sich vielmehr vor vielen anderen Zoll- und
Steuerauflagen empfehlen, zumal wenn sie sich innerhalb einer Schränke be¬
wegt, die mit den Zollverhältnissen der Großstaaten des Auslandes verglichen,
als eine bescheidene bezeichnet werden kann.

Anders steht es mit der Einführung einer Productionssteucr Pro Morgen
mit Tabak bebauten Landes, beziehungsweise mit der Ausdehnung derselben
auf ganz Deutschland. Wir werden weiter unten auszuführen Gelegenheit haben,
in welcher Weist eine Belastung des im Inlande producirten Tabaks ohne Be¬
einträchtigung der Interessenten und der Rolle, welche die deutsche Tabaks-
production im Auslande spielt, möglich wäre, — gegen die Einführung einer
Grundsteuer auf das mit Tabak bebaute Land müssen wir uns aber mit Ent¬
schiedenheit erkären, sogar die Abschaffung der zur Zeit in Preußen bestehenden
Steuer dieser Art für wünschenswerth halten. Die beantragte Produciions-
steuer pro Morgen Landes hat einmal den Uebelstand, daß sie der qualitativen
Verschiedenheit des erzielten Products nicht Rechnung trägt und die niedere
Waare ebenso hoch belastet, wie die feinere, eine Rechtsungleichheit, die für den
kleinen Tabaksbauer, der in Süddeutschland und namentlich in Baden sehr
häufig vorkommt, besonders drückend ist. Der Bewohner ärmerer Gegenden,
der sogenannte Sandbauer, der an Fleiß, Anstrengung und Bodencultur ebenso
beträchtliche Opfer zu bringen hat, wie der begünstigte Seckenheimer und ohnehin
nur auf einen sehr viel bescheideneren Gewinn zu rechnen hat als jener, dem
die Vorzüge seines Grund und Bodens die Erzielung einer werthvolleren Sorte
und größeren Quantität ermöglichen, würde durch eine Steuer, die auf die
Verschiedenheit der Boden- und Culturverhältnisse absolut keine Rücksicht nimmt,
unverhältnißmcihig härter getroffen werden als jeder andere Producent. In
Süddeutschland ist der Tabaksbau vorzugsweise in den Händen der kleinen
Leute, die eigentlich nur durch ihn existiren und für welche die Aufrechterhal-
tung erträglicher Arbeits- und Productionsbedingungen darum eine Lebensfrage
ist. Aus diesem Grunde ist bereits früher von einer Ausdehnung der in Nord-
deutschland bestehenden Steuer von Grund und Boden mit Fug und Recht
Abstand genommen worden; was der märkische Tabaksbau. der hauptsächlich Von
großen Dvmänenpächtern betrieben wird, allenfalls ertragen kann, würde der


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0133" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/191363"/>
          <p xml:id="ID_331" prev="#ID_330"> ländische Tabake durch Handelsconjuncturen und Erntedifferenzen gewissen<lb/>
Schwankungen ausgesetzt ist, die den Preis der Waare zuweilen weit über<lb/>
das Maß hinaus vertheuern, welches durch die projectirte Steuererhöhung be¬<lb/>
dingt wäre und doch ertragen weiden. Eine gewisse Rückwirkung auf den<lb/>
Consum würde darum nicht ausbleiben, beim Eintreten ungünstiger Verhält¬<lb/>
nisse im Inlande vielleicht zu Zeiten ziemlich fühlbar sein &#x2014; von einem Ruin<lb/>
des Tabakshandels in Deutschland kann aber nicht die Rede sein. Ist die<lb/>
Nothwendigkeit einer Erhöhung der Staatseinnahmen einmal constatirt, so wird<lb/>
die erhöhte Besteuerung des Tabaks sich vielmehr vor vielen anderen Zoll- und<lb/>
Steuerauflagen empfehlen, zumal wenn sie sich innerhalb einer Schränke be¬<lb/>
wegt, die mit den Zollverhältnissen der Großstaaten des Auslandes verglichen,<lb/>
als eine bescheidene bezeichnet werden kann.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_332" next="#ID_333"> Anders steht es mit der Einführung einer Productionssteucr Pro Morgen<lb/>
mit Tabak bebauten Landes, beziehungsweise mit der Ausdehnung derselben<lb/>
auf ganz Deutschland. Wir werden weiter unten auszuführen Gelegenheit haben,<lb/>
in welcher Weist eine Belastung des im Inlande producirten Tabaks ohne Be¬<lb/>
einträchtigung der Interessenten und der Rolle, welche die deutsche Tabaks-<lb/>
production im Auslande spielt, möglich wäre, &#x2014; gegen die Einführung einer<lb/>
Grundsteuer auf das mit Tabak bebaute Land müssen wir uns aber mit Ent¬<lb/>
schiedenheit erkären, sogar die Abschaffung der zur Zeit in Preußen bestehenden<lb/>
Steuer dieser Art für wünschenswerth halten. Die beantragte Produciions-<lb/>
steuer pro Morgen Landes hat einmal den Uebelstand, daß sie der qualitativen<lb/>
Verschiedenheit des erzielten Products nicht Rechnung trägt und die niedere<lb/>
Waare ebenso hoch belastet, wie die feinere, eine Rechtsungleichheit, die für den<lb/>
kleinen Tabaksbauer, der in Süddeutschland und namentlich in Baden sehr<lb/>
häufig vorkommt, besonders drückend ist. Der Bewohner ärmerer Gegenden,<lb/>
der sogenannte Sandbauer, der an Fleiß, Anstrengung und Bodencultur ebenso<lb/>
beträchtliche Opfer zu bringen hat, wie der begünstigte Seckenheimer und ohnehin<lb/>
nur auf einen sehr viel bescheideneren Gewinn zu rechnen hat als jener, dem<lb/>
die Vorzüge seines Grund und Bodens die Erzielung einer werthvolleren Sorte<lb/>
und größeren Quantität ermöglichen, würde durch eine Steuer, die auf die<lb/>
Verschiedenheit der Boden- und Culturverhältnisse absolut keine Rücksicht nimmt,<lb/>
unverhältnißmcihig härter getroffen werden als jeder andere Producent. In<lb/>
Süddeutschland ist der Tabaksbau vorzugsweise in den Händen der kleinen<lb/>
Leute, die eigentlich nur durch ihn existiren und für welche die Aufrechterhal-<lb/>
tung erträglicher Arbeits- und Productionsbedingungen darum eine Lebensfrage<lb/>
ist. Aus diesem Grunde ist bereits früher von einer Ausdehnung der in Nord-<lb/>
deutschland bestehenden Steuer von Grund und Boden mit Fug und Recht<lb/>
Abstand genommen worden; was der märkische Tabaksbau. der hauptsächlich Von<lb/>
großen Dvmänenpächtern betrieben wird, allenfalls ertragen kann, würde der</p><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"/><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0133] ländische Tabake durch Handelsconjuncturen und Erntedifferenzen gewissen Schwankungen ausgesetzt ist, die den Preis der Waare zuweilen weit über das Maß hinaus vertheuern, welches durch die projectirte Steuererhöhung be¬ dingt wäre und doch ertragen weiden. Eine gewisse Rückwirkung auf den Consum würde darum nicht ausbleiben, beim Eintreten ungünstiger Verhält¬ nisse im Inlande vielleicht zu Zeiten ziemlich fühlbar sein — von einem Ruin des Tabakshandels in Deutschland kann aber nicht die Rede sein. Ist die Nothwendigkeit einer Erhöhung der Staatseinnahmen einmal constatirt, so wird die erhöhte Besteuerung des Tabaks sich vielmehr vor vielen anderen Zoll- und Steuerauflagen empfehlen, zumal wenn sie sich innerhalb einer Schränke be¬ wegt, die mit den Zollverhältnissen der Großstaaten des Auslandes verglichen, als eine bescheidene bezeichnet werden kann. Anders steht es mit der Einführung einer Productionssteucr Pro Morgen mit Tabak bebauten Landes, beziehungsweise mit der Ausdehnung derselben auf ganz Deutschland. Wir werden weiter unten auszuführen Gelegenheit haben, in welcher Weist eine Belastung des im Inlande producirten Tabaks ohne Be¬ einträchtigung der Interessenten und der Rolle, welche die deutsche Tabaks- production im Auslande spielt, möglich wäre, — gegen die Einführung einer Grundsteuer auf das mit Tabak bebaute Land müssen wir uns aber mit Ent¬ schiedenheit erkären, sogar die Abschaffung der zur Zeit in Preußen bestehenden Steuer dieser Art für wünschenswerth halten. Die beantragte Produciions- steuer pro Morgen Landes hat einmal den Uebelstand, daß sie der qualitativen Verschiedenheit des erzielten Products nicht Rechnung trägt und die niedere Waare ebenso hoch belastet, wie die feinere, eine Rechtsungleichheit, die für den kleinen Tabaksbauer, der in Süddeutschland und namentlich in Baden sehr häufig vorkommt, besonders drückend ist. Der Bewohner ärmerer Gegenden, der sogenannte Sandbauer, der an Fleiß, Anstrengung und Bodencultur ebenso beträchtliche Opfer zu bringen hat, wie der begünstigte Seckenheimer und ohnehin nur auf einen sehr viel bescheideneren Gewinn zu rechnen hat als jener, dem die Vorzüge seines Grund und Bodens die Erzielung einer werthvolleren Sorte und größeren Quantität ermöglichen, würde durch eine Steuer, die auf die Verschiedenheit der Boden- und Culturverhältnisse absolut keine Rücksicht nimmt, unverhältnißmcihig härter getroffen werden als jeder andere Producent. In Süddeutschland ist der Tabaksbau vorzugsweise in den Händen der kleinen Leute, die eigentlich nur durch ihn existiren und für welche die Aufrechterhal- tung erträglicher Arbeits- und Productionsbedingungen darum eine Lebensfrage ist. Aus diesem Grunde ist bereits früher von einer Ausdehnung der in Nord- deutschland bestehenden Steuer von Grund und Boden mit Fug und Recht Abstand genommen worden; was der märkische Tabaksbau. der hauptsächlich Von großen Dvmänenpächtern betrieben wird, allenfalls ertragen kann, würde der

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_191229
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_191229/133
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_191229/133>, abgerufen am 15.01.2025.