Die Kunde von dem Project einer Erhöhung der Eingangssteuer auf im- portirten Tabak und der Einführung verschiedener neuer Auflagen auf Pro- duction und Verarbeitung dieses zum Lebensbedürfniß gewordenen Luxusartikels ist allenthalben in Deutschland mit einer gewissen Bestürzung aufgenommen worden. Die mit dem Particularismus verbündete radicale Demokratie hat die Gelegenheit zur Inscenirung eines Schmerzensschreis über Gefährdung der theuersten Interessen Deutschlands durch den unersättlichen preußischen Militär¬ staat nicht unbenutzt gelassen und ziemlich deutlich zu verstehen gegeben, daß die Vortheile, welche der norddeutsche Bund seinen Gliedern gebracht, verschwin¬ dend geringe seien gegen den Verlust, der den deutschen Stämmen durch Ver- theuerung des Tabaks drohe und daß die Zvlleinigung mit dem Süden an¬ gesichts dieser Gefährten Deutschen jenseit des Main nicht zum Heil, sondern zum Verderben gereichen werde. Indessen die Eisenbahnen, welche die Nord¬ seeküste mit Mittel- und Süddeutschland verbinden, unter der Last der unge¬ heuren Massen seufzten, welche noch vor Thoresschluß in Sicherheit gebracht werden sollten, ergingen die Tabaksproducenten des Südens sich in kräftigen Resolutionen, welche das drohende Verderben mit dem Hauch ihres Mundes zu verscheuchen versuchten und an Entschiedenheit und Unabhängigkeit der Ge¬ sinnung nichts zu wünschen übrig ließen. Maßvoller und praktischer ging man im Norden zu Werke, wo sich die Handelskammern, die berufenen Ver¬ treter der materiellen Interessen der Sache annahmen, um ihre Ansichten in zusammenhängenderer und objectiverer Weise zu verlautbaren.
Was hat es mit der projectirten Tabakssteuer auf sich, wen soll sie treffen und was ist von ihr zu fürchten?
Gehen Wir auf die Quelle der Nachrichten zurück, welche bezüglich dieses Projects in die Welt gedrungen sind, so finden wir, daß directe und officielle Mittheilungen über die Absichten der preußischen Negierung oder des Bundes-
Grenjboten III. 1867. 16
Die Projeetirte Tabakssteuer.
Die Kunde von dem Project einer Erhöhung der Eingangssteuer auf im- portirten Tabak und der Einführung verschiedener neuer Auflagen auf Pro- duction und Verarbeitung dieses zum Lebensbedürfniß gewordenen Luxusartikels ist allenthalben in Deutschland mit einer gewissen Bestürzung aufgenommen worden. Die mit dem Particularismus verbündete radicale Demokratie hat die Gelegenheit zur Inscenirung eines Schmerzensschreis über Gefährdung der theuersten Interessen Deutschlands durch den unersättlichen preußischen Militär¬ staat nicht unbenutzt gelassen und ziemlich deutlich zu verstehen gegeben, daß die Vortheile, welche der norddeutsche Bund seinen Gliedern gebracht, verschwin¬ dend geringe seien gegen den Verlust, der den deutschen Stämmen durch Ver- theuerung des Tabaks drohe und daß die Zvlleinigung mit dem Süden an¬ gesichts dieser Gefährten Deutschen jenseit des Main nicht zum Heil, sondern zum Verderben gereichen werde. Indessen die Eisenbahnen, welche die Nord¬ seeküste mit Mittel- und Süddeutschland verbinden, unter der Last der unge¬ heuren Massen seufzten, welche noch vor Thoresschluß in Sicherheit gebracht werden sollten, ergingen die Tabaksproducenten des Südens sich in kräftigen Resolutionen, welche das drohende Verderben mit dem Hauch ihres Mundes zu verscheuchen versuchten und an Entschiedenheit und Unabhängigkeit der Ge¬ sinnung nichts zu wünschen übrig ließen. Maßvoller und praktischer ging man im Norden zu Werke, wo sich die Handelskammern, die berufenen Ver¬ treter der materiellen Interessen der Sache annahmen, um ihre Ansichten in zusammenhängenderer und objectiverer Weise zu verlautbaren.
Was hat es mit der projectirten Tabakssteuer auf sich, wen soll sie treffen und was ist von ihr zu fürchten?
Gehen Wir auf die Quelle der Nachrichten zurück, welche bezüglich dieses Projects in die Welt gedrungen sind, so finden wir, daß directe und officielle Mittheilungen über die Absichten der preußischen Negierung oder des Bundes-
Grenjboten III. 1867. 16
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Die Projeetirte Tabakssteuer.
Die Kunde von dem Project einer Erhöhung der Eingangssteuer auf im-
portirten Tabak und der Einführung verschiedener neuer Auflagen auf Pro-
duction und Verarbeitung dieses zum Lebensbedürfniß gewordenen Luxusartikels
ist allenthalben in Deutschland mit einer gewissen Bestürzung aufgenommen
worden. Die mit dem Particularismus verbündete radicale Demokratie hat
die Gelegenheit zur Inscenirung eines Schmerzensschreis über Gefährdung der
theuersten Interessen Deutschlands durch den unersättlichen preußischen Militär¬
staat nicht unbenutzt gelassen und ziemlich deutlich zu verstehen gegeben, daß
die Vortheile, welche der norddeutsche Bund seinen Gliedern gebracht, verschwin¬
dend geringe seien gegen den Verlust, der den deutschen Stämmen durch Ver-
theuerung des Tabaks drohe und daß die Zvlleinigung mit dem Süden an¬
gesichts dieser Gefährten Deutschen jenseit des Main nicht zum Heil, sondern
zum Verderben gereichen werde. Indessen die Eisenbahnen, welche die Nord¬
seeküste mit Mittel- und Süddeutschland verbinden, unter der Last der unge¬
heuren Massen seufzten, welche noch vor Thoresschluß in Sicherheit gebracht
werden sollten, ergingen die Tabaksproducenten des Südens sich in kräftigen
Resolutionen, welche das drohende Verderben mit dem Hauch ihres Mundes
zu verscheuchen versuchten und an Entschiedenheit und Unabhängigkeit der Ge¬
sinnung nichts zu wünschen übrig ließen. Maßvoller und praktischer ging
man im Norden zu Werke, wo sich die Handelskammern, die berufenen Ver¬
treter der materiellen Interessen der Sache annahmen, um ihre Ansichten in
zusammenhängenderer und objectiverer Weise zu verlautbaren.
Was hat es mit der projectirten Tabakssteuer auf sich, wen soll sie treffen
und was ist von ihr zu fürchten?
Gehen Wir auf die Quelle der Nachrichten zurück, welche bezüglich dieses
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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_191229/131>, abgerufen am 24.01.2025.
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