Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band.Simsen, Erkern prunkenden Miethskasernen der elegantem Viertel den gan¬ Strack hat eine besonders glückliche Wahl getroffen: das Gestein jener Die kleineren bearbeiteten Mauerflächen, welche man zur Probe aufgestellt Grenjbottn III. 1867. 14
Simsen, Erkern prunkenden Miethskasernen der elegantem Viertel den gan¬ Strack hat eine besonders glückliche Wahl getroffen: das Gestein jener Die kleineren bearbeiteten Mauerflächen, welche man zur Probe aufgestellt Grenjbottn III. 1867. 14
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Simsen, Erkern prunkenden Miethskasernen der elegantem Viertel den gan¬
zen „Stil" herunterspült, daß die äußere Ornamentik als Brei am Boden liegt
und der nackte hölzerne oder zinkene Leib, den sie lügnerisch bedeckte, in seinem
Innern offen zu Tage tritt, so lachen wir wohl darüber in einer Art innerer
Genugthuung. Aber wenn auch an Werken des edelsten Künstlergeistes, wie an
Schinkels Museum und Schauspielhaus, architektonischen Schöpfungen, welche
des classischen Materials der Baukunst, des Marmors, würdig wären und jeden¬
falls als in Werkstücken ausgeführt von ihrem Autor gedacht wurden, nun immer
wieder die Verputzung abblättert, welche uns über die Armseligkeit täuschen
sollte, die jene Werke zu einer ihrer so unwerthen Verkörperung verdammte;
wenn an solchen abgeblätterten Stellen die dürftige Ziegelwand unverhüllt bloß'
gelegt wird und immer wieder von Zeit zu Zeit sich die Gerüste erheben müssen,
um die Sisyphusarbeit der Stuck- und Tünchbekleidung von neuem zu beginnen,
— da kann uns wohl ein wirkliches empfindliches Weh ergreifen über ein in
der Ungunst der Verhältnisse und der Befangenheit der Mächtigen begründetes
Schicksal, welches selbst einem solchen Meister, abgesehen von seinen Ziegel¬
bauten, nur einmal an einer kleinen Arbeit, der neuen Wache, vergönnte, seinen
Plan auch in dauerndem, solidem und echtem steinernen Material zu ge¬
stalten. Von solchen Empfindungen werden die kommenden Geschlechter Berlins
beim Anblick des Nationalmuseums wenigstens glücklich verschont bleiben, denn
seine Ausführung geschieht durchweg im allerschönsten Sandstein.
Strack hat eine besonders glückliche Wahl getroffen: das Gestein jener
nebraer Brüche, dessen warmtönig gelblich-röthliches Colorit, wie fünfhundert,
jährige Architekturstücke in Ncbra selbst beweisen, von der Zeit kaum ein Er¬
grauen oder sonst Schaden erfährt, das sich weder mit Moos bedeckt noch
der Verwitterung zugänglich erscheint, vielmehr an der Luft noch mehr und mehr
erhärtet und außerdem noch den Vortheil bietet, von der Bruchstelle an der
Unstrut bis unmittelbar an den Bauplatz zu Wasser transportirt werden zu
können.
Die kleineren bearbeiteten Mauerflächen, welche man zur Probe aufgestellt
hat, geben einen Begriff davon, in welcher warm leuchtenden Schönheit des Far¬
bentons das prächtige Gebäude nach seiner Vollendung dastehen wird. Daß in
seinem Innern dekorativer Reichthum dieser äußern Erscheinung entsprechend
nicht gespart werden wird, weisen die Pläne und Jnneransichten nach. Die
schwarzen und rothen Marmorsäulen mit goldbroncenen Kapitalen, die reich ver¬
zierten Decken, Fußböden !t. begegnen uns überall darin: die moderne Kunst
wird es schwer haben, von dieser Wohnung Glanz nicht beschämt zu werden.
Die zweifelnde Frage, ob ihr das möglich sein werde, drängt sich uns schon
jetzt auf. Seltsame Widersprüche! Für die herrlichsten Originalwerke der großen
Kunstzeitalter, der Antike, des Mittelalters und der Renaissance muß das ein-
Grenjbottn III. 1867. 14
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