Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. I. Band.ihrer Mitte immer hin un-d wieder Schnsuchtsseufzcr nach einer Ausbreitung Wissen die Herren noch, was im Jahre 1KK9 auf dem Reichstage von Das wird den Herren wohl noch erinnerlich sein, wie Westpreußen an 53 *
ihrer Mitte immer hin un-d wieder Schnsuchtsseufzcr nach einer Ausbreitung Wissen die Herren noch, was im Jahre 1KK9 auf dem Reichstage von Das wird den Herren wohl noch erinnerlich sein, wie Westpreußen an 53 *
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0425" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/190584"/> <p xml:id="ID_1405" prev="#ID_1404"> ihrer Mitte immer hin un-d wieder Schnsuchtsseufzcr nach einer Ausbreitung<lb/> der stammverwandten russischen Segensherrschaft über die unteren Weichsel- und<lb/> Warthegcbicte hervorbrechen. Wenn die polnischen Parlamentsmitglieder aber<lb/> vielleicht nach einem Prvtestmuster suchen, welches mehr Hand und Fuß hat<lb/> als das jüngste Kind ihres alten Witzes, so kann ihnen eine ganze Collectio»<lb/> davon nachgewiesen werden. Sie stehen im Anhange zu Gottfried Lengcnichs<lb/> „Geschichte der Preußischen Lande Königlich Polnischen Antheils unter der<lb/> Negierung Lig'ismuncli ^UAU8ti." Danzig, 1723.</p><lb/> <p xml:id="ID_1406"> Wissen die Herren noch, was im Jahre 1KK9 auf dem Reichstage von<lb/> Ludim geschehen ist? — Polen besitzen.zuweilen ein beneidenswerthes Gedächt¬<lb/> niß für ihre Geschichte; sie behalten aber blos das Ruhmvolle und schmeichel¬<lb/> hafte, und mit Beihilfe der dienstwilligen Phantasie bauen sie sich gern eine<lb/> leidlich glänzende Vergangenheit zusammen. Wir Deutsche haben aber ein<lb/> besseres Gedächtniß; dagegen ist unsere.Phantasie in der Geschichte träger. So<lb/> haben wir in Westpreußen auch noch nicht vergessen, was damals in Ludim<lb/> vorgefallen ist. Wir wollen also eine kleine Nepetition vornehmen. Gehen wir<lb/> von Bekannten aus.</p><lb/> <p xml:id="ID_1407" next="#ID_1408"> Das wird den Herren wohl noch erinnerlich sein, wie Westpreußen an<lb/> Polen kam; daß die Abgesandten der preußischen Stände am S.März 1454<lb/> einen Vertrag mit dem Könige K.isunir dem Zweiten abschlossen, wonach sich<lb/> ihm das Land unter bestimmten Bedingungen unterwarf. Es waren haupt¬<lb/> sächlich folgende. Auf den König gingen alle Hoheitsrechte des Ordens, jedoch<lb/> mit Abstellung der Landesbeschwerden gegen ihn über. Die Verfassung blieb<lb/> dieselbe; nur traten an die Stelle der Ordensgebietiger Paladine, an die Stelle<lb/> der Comthure Starosten. Der Landesrath, eine Art von Landesregierung, war,<lb/> als das Kriegsglück nur das westliche Preußen bei Polen beließ, zusammengesetzt<lb/> aus einem Stellvertreter des Königs. Gubernator oder Statthalter, welcher nur<lb/> mit Genehmigung der Stände aus den Landeseingeborenen genommen werden<lb/> sollte, aus vier Paladinen, aus vier Starosten und Untcrkcimmerern und sieben<lb/> Vertretern der sogenannten Großen Städte^ so zwar, daß die acht adeligen Mit¬<lb/> glieder nur sieben Stimmen führen durften, also die Städte gleiche Rechte mit<lb/> jenen hatten. Die Bischöfe waren ursprünglich vom Landesrath ausgeschlossen.<lb/> Die Landstände wurden von den Vertretern sämmtlicher Städte und des ganzen<lb/> Adels gebildet. Alle Aemter durften nur an Eingeborne vergeben werden. Das<lb/> Recht, die Eigenschaft eines Eingeborenen (^us incligormtus) zu ertheilen, be¬<lb/> hielten sich die Stände vor. Das Land behielt seine eigene Münze, die Zölle<lb/> in Preußen sollten aufgehoben werden, der Handel der preußischen Kaufleute<lb/> »ach und durch Polen frei sein. Der Einfluß der Stände war sehr bedeutend.<lb/> « erstreckte sich sogar auf die Entscheidung über Krieg und Frieden. Als Sigis-<lb/> mund August für Livland wider Moskau Krieg führte, erklärten sich dieselben</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> 53 *</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0425]
ihrer Mitte immer hin un-d wieder Schnsuchtsseufzcr nach einer Ausbreitung
der stammverwandten russischen Segensherrschaft über die unteren Weichsel- und
Warthegcbicte hervorbrechen. Wenn die polnischen Parlamentsmitglieder aber
vielleicht nach einem Prvtestmuster suchen, welches mehr Hand und Fuß hat
als das jüngste Kind ihres alten Witzes, so kann ihnen eine ganze Collectio»
davon nachgewiesen werden. Sie stehen im Anhange zu Gottfried Lengcnichs
„Geschichte der Preußischen Lande Königlich Polnischen Antheils unter der
Negierung Lig'ismuncli ^UAU8ti." Danzig, 1723.
Wissen die Herren noch, was im Jahre 1KK9 auf dem Reichstage von
Ludim geschehen ist? — Polen besitzen.zuweilen ein beneidenswerthes Gedächt¬
niß für ihre Geschichte; sie behalten aber blos das Ruhmvolle und schmeichel¬
hafte, und mit Beihilfe der dienstwilligen Phantasie bauen sie sich gern eine
leidlich glänzende Vergangenheit zusammen. Wir Deutsche haben aber ein
besseres Gedächtniß; dagegen ist unsere.Phantasie in der Geschichte träger. So
haben wir in Westpreußen auch noch nicht vergessen, was damals in Ludim
vorgefallen ist. Wir wollen also eine kleine Nepetition vornehmen. Gehen wir
von Bekannten aus.
Das wird den Herren wohl noch erinnerlich sein, wie Westpreußen an
Polen kam; daß die Abgesandten der preußischen Stände am S.März 1454
einen Vertrag mit dem Könige K.isunir dem Zweiten abschlossen, wonach sich
ihm das Land unter bestimmten Bedingungen unterwarf. Es waren haupt¬
sächlich folgende. Auf den König gingen alle Hoheitsrechte des Ordens, jedoch
mit Abstellung der Landesbeschwerden gegen ihn über. Die Verfassung blieb
dieselbe; nur traten an die Stelle der Ordensgebietiger Paladine, an die Stelle
der Comthure Starosten. Der Landesrath, eine Art von Landesregierung, war,
als das Kriegsglück nur das westliche Preußen bei Polen beließ, zusammengesetzt
aus einem Stellvertreter des Königs. Gubernator oder Statthalter, welcher nur
mit Genehmigung der Stände aus den Landeseingeborenen genommen werden
sollte, aus vier Paladinen, aus vier Starosten und Untcrkcimmerern und sieben
Vertretern der sogenannten Großen Städte^ so zwar, daß die acht adeligen Mit¬
glieder nur sieben Stimmen führen durften, also die Städte gleiche Rechte mit
jenen hatten. Die Bischöfe waren ursprünglich vom Landesrath ausgeschlossen.
Die Landstände wurden von den Vertretern sämmtlicher Städte und des ganzen
Adels gebildet. Alle Aemter durften nur an Eingeborne vergeben werden. Das
Recht, die Eigenschaft eines Eingeborenen (^us incligormtus) zu ertheilen, be¬
hielten sich die Stände vor. Das Land behielt seine eigene Münze, die Zölle
in Preußen sollten aufgehoben werden, der Handel der preußischen Kaufleute
»ach und durch Polen frei sein. Der Einfluß der Stände war sehr bedeutend.
« erstreckte sich sogar auf die Entscheidung über Krieg und Frieden. Als Sigis-
mund August für Livland wider Moskau Krieg führte, erklärten sich dieselben
53 *
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