Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. I. Band.trat. Jetzt war es an den Liberalen, von ihrem Muthe und ihrer Gesinnungs¬ Bei der Verhandlung zeigte Giovanellis breiter und dunkler Vortrag schon Von den Liberalen sprach gegen die Adresse zuerst Freiherr v. Ingram, der Nun erhob sich der innsbrucker Religionslehrer Greuter und behauptete, trat. Jetzt war es an den Liberalen, von ihrem Muthe und ihrer Gesinnungs¬ Bei der Verhandlung zeigte Giovanellis breiter und dunkler Vortrag schon Von den Liberalen sprach gegen die Adresse zuerst Freiherr v. Ingram, der Nun erhob sich der innsbrucker Religionslehrer Greuter und behauptete, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0350" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/190509"/> <p xml:id="ID_1183" prev="#ID_1182"> trat. Jetzt war es an den Liberalen, von ihrem Muthe und ihrer Gesinnungs¬<lb/> treue Zeugniß zu geben.</p><lb/> <p xml:id="ID_1184"> Bei der Verhandlung zeigte Giovanellis breiter und dunkler Vortrag schon<lb/> wesentliche Abkühlung, Der Executive ins Handwerk zu Pfuscher, sei nickt die<lb/> Meinung, die Adresse selbst besprach der verschämte Junker gar nicht, desto ge¬<lb/> schwätziger ließ er sich über die ihr angehängten acht Anträge vernehmen, und<lb/> lobte im Auftrage des Comites sogar die Bcgütigungsvorschläge seiner fried¬<lb/> fertigen Gegner. — Unmittelbar nachher sprach Cresscri, der nichts loyaler fand<lb/> als die Gesinnung seiner Landsleute, nichts erklärlicher als ihre Mißstimmung<lb/> über manche vorausgegangene Fehlgriffe, und nur „aus der rücksichtslosen<lb/> Amalgamirung heterogener Elemente" die Unzufriedenheit Wälschtirols ableitete.<lb/> Schließlich begrüßt er mit größter Freude die Anträge des Comites als „den<lb/> ersten Schritt zur wünschenswerthen Eintracht".</p><lb/> <p xml:id="ID_1185"> Von den Liberalen sprach gegen die Adresse zuerst Freiherr v. Ingram, der<lb/> sie als überflüssig erklärte, sofort aber auf die Zwecke der Sistirungspolitik ein¬<lb/> trat. Sie lasse die Landtage nur deshalb fortbestehen, weil sie dem centralen<lb/> Absolutismus unschädlich sind. Die allgemeinen Angelegenheiten seien die wich¬<lb/> tigsten, diese könne man aber unter keiner Bedingung den Landtagen überweisen,<lb/> daher vermöchten nur Anhänger des Absolutismus ein Patent anzupreisen, das<lb/> die Reichsverfassung zertrümmere. Ihm folgte Dr. Blaas, der die Thaisache<lb/> der wirklichen Desorganisation des Reiches durch das Septemberpatent noch<lb/> weiter ausführte. Es käme ihm vor, als hörte er an einem Sarge hämmern,<lb/> die Auflösung Oestreichs sei auf föderalistischen Wege unvermeidlich. Wer<lb/> wegen des Widerstandes der Ungarn an der Theorie der Rechtsfiction halte,<lb/> müsse dies auch für Wälschtirol gelten lassen, und demzufolge wäre auch der<lb/> Landtag nur eine Fiction. Conservativ sei nur das Festhalten an der gegebenen<lb/> Verfassung, das Gegentheil destructiv. In demselben Sinne sprach Karl v. Ric-<lb/> cabona, ein Wälschtiroler. Man suche vergeblich den Grundcharakter der Adresse<lb/> zu verbergen, der nichts Anderes sei als Berufung auf die Sistirungspolitik.</p><lb/> <p xml:id="ID_1186" next="#ID_1187"> Nun erhob sich der innsbrucker Religionslehrer Greuter und behauptete,<lb/> das Manifest vom 20. September 186S meine es gar nicht so schlimm, als<lb/> man ihm nachsage. Es enthalte ja die Zusicherung einer verfassungsmäßigen<lb/> Rechtsgestaltung durch die Mitwirkung der Völker, dies sei nicht der Weg zum<lb/> Absolutismus. Zu letzteren neige sich vielmehr das Februarstatut „mit seinem<lb/> ungeheuren Loche des § 13, das so groß ist, daß der ganze Apparat einer ab¬<lb/> solutistischen Legislative mit grobem und auch mit kleinem Kaliber hindurch¬<lb/> ziehen kann". Das Februarpatent habe die Landtage „in die miserable Stel¬<lb/> lung von Krankenwärtern und Spitalaufschcrn gebracht, welche die Aufgabe<lb/> haben, daß sie bei den Leiden ihres Volkes eben diesem Volke das wiener<lb/> Tränklein löffelweise einzwängen". Seine boumots reizten die Lachmuskeln</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0350]
trat. Jetzt war es an den Liberalen, von ihrem Muthe und ihrer Gesinnungs¬
treue Zeugniß zu geben.
Bei der Verhandlung zeigte Giovanellis breiter und dunkler Vortrag schon
wesentliche Abkühlung, Der Executive ins Handwerk zu Pfuscher, sei nickt die
Meinung, die Adresse selbst besprach der verschämte Junker gar nicht, desto ge¬
schwätziger ließ er sich über die ihr angehängten acht Anträge vernehmen, und
lobte im Auftrage des Comites sogar die Bcgütigungsvorschläge seiner fried¬
fertigen Gegner. — Unmittelbar nachher sprach Cresscri, der nichts loyaler fand
als die Gesinnung seiner Landsleute, nichts erklärlicher als ihre Mißstimmung
über manche vorausgegangene Fehlgriffe, und nur „aus der rücksichtslosen
Amalgamirung heterogener Elemente" die Unzufriedenheit Wälschtirols ableitete.
Schließlich begrüßt er mit größter Freude die Anträge des Comites als „den
ersten Schritt zur wünschenswerthen Eintracht".
Von den Liberalen sprach gegen die Adresse zuerst Freiherr v. Ingram, der
sie als überflüssig erklärte, sofort aber auf die Zwecke der Sistirungspolitik ein¬
trat. Sie lasse die Landtage nur deshalb fortbestehen, weil sie dem centralen
Absolutismus unschädlich sind. Die allgemeinen Angelegenheiten seien die wich¬
tigsten, diese könne man aber unter keiner Bedingung den Landtagen überweisen,
daher vermöchten nur Anhänger des Absolutismus ein Patent anzupreisen, das
die Reichsverfassung zertrümmere. Ihm folgte Dr. Blaas, der die Thaisache
der wirklichen Desorganisation des Reiches durch das Septemberpatent noch
weiter ausführte. Es käme ihm vor, als hörte er an einem Sarge hämmern,
die Auflösung Oestreichs sei auf föderalistischen Wege unvermeidlich. Wer
wegen des Widerstandes der Ungarn an der Theorie der Rechtsfiction halte,
müsse dies auch für Wälschtirol gelten lassen, und demzufolge wäre auch der
Landtag nur eine Fiction. Conservativ sei nur das Festhalten an der gegebenen
Verfassung, das Gegentheil destructiv. In demselben Sinne sprach Karl v. Ric-
cabona, ein Wälschtiroler. Man suche vergeblich den Grundcharakter der Adresse
zu verbergen, der nichts Anderes sei als Berufung auf die Sistirungspolitik.
Nun erhob sich der innsbrucker Religionslehrer Greuter und behauptete,
das Manifest vom 20. September 186S meine es gar nicht so schlimm, als
man ihm nachsage. Es enthalte ja die Zusicherung einer verfassungsmäßigen
Rechtsgestaltung durch die Mitwirkung der Völker, dies sei nicht der Weg zum
Absolutismus. Zu letzteren neige sich vielmehr das Februarstatut „mit seinem
ungeheuren Loche des § 13, das so groß ist, daß der ganze Apparat einer ab¬
solutistischen Legislative mit grobem und auch mit kleinem Kaliber hindurch¬
ziehen kann". Das Februarpatent habe die Landtage „in die miserable Stel¬
lung von Krankenwärtern und Spitalaufschcrn gebracht, welche die Aufgabe
haben, daß sie bei den Leiden ihres Volkes eben diesem Volke das wiener
Tränklein löffelweise einzwängen". Seine boumots reizten die Lachmuskeln
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