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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. I. Band.

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kamen Klerus Böhmens als Werkzeuge an unter der Bedingung, von diesen
in der antideutschen Politik unterstützt zu werden. Sie sprachen ;etzt auf ein¬
mal von unverjährbaren Rechten der Krone Böhmens, stützten ihre Ansprüche
nicht auf die Gleichberechtigung und das nationale Rechtsprincip, sondern auf
historische Privilegien. Bon dem alte" Föderalismus hatten sie nur die Locke¬
rung der Centralgewalt angenommen, in allem Uebrigen haben sie sich von den
früher prvclamirten Grundsätzen losgesagt. Die Czechen von 1866 sind keine
föderalistische, sondern eine feudal-separatistische Partei. Das, einzelne der früheren
Föderalistenführer auch jetzt wieder an der Spitze buser neuen Partei stehen,
^. 3. ändert nichts an der Sache.




Silhouetten aus dem tiroler Landtag.

Einzig in seiner Art, wie das tirolische Protestanten- und Gemeindegesetz,
ist auch der Landtag, aus dem sie hervorgingen. Halb Fleisch, halb Fisch, halb
Interessen- halb ständische Bertretung, schwankt er schon in seiner Grundlage
zwischen jetzt und einst. Er besteht nach der Landesordnung vom 26. Februar
1861 aus den 3 Bischöfen von Salzburg. Trient und Brixen. dem Rector mag-
nificus der innsbrucker Universität, der manchmal auch ein Jesuit ist, und vier
von verschiedenen Aebten. Propsten, einem ErzPriester und dem Landescomthur
des deutschen Ordens gewählten kirchlichen Würdenträgern, ferner den Nachfol¬
gern der ehemaligen Adelsbank, wovon sich dir jetzigen zehn Abgeordneten des
adeligen großen Grundbesitzes nur dadurch unterscheiden, daß zur Wahlbefähigung
und Wählbarkeit des tirolischen Adels nicht mehr die Eintragung in die stän¬
dische Matrikel, sondern lediglich die Entrichtung einer jährlichen Grundsteuer
von SO si. erforderlich ist. aus 16 Abgeordneten der Städte, Märkte und
Handelskammern, und 34 der übrigen Gemeinden d. i. der Bauern. An den
Berathungen des ehemaligen offenen Landtages der alten Verfassung durften
auch Aebtissinnen, das Damenstift zu Innsbruck und der Prior der Karthäuser
zu Schnals. dann sämmtliche an die Pubertät gelangte Mitglieder einer in die
Adelsmatrikel eingetragenen Familie theilnehmen, wovon man auf jenem von
1790 nicht weniger als 550 zählte; einige derselben lebten von Lakaiendiensten.
Der große Ausschuß hatte 45, der engere, der sich seit 1728 jährlich versarn-


kamen Klerus Böhmens als Werkzeuge an unter der Bedingung, von diesen
in der antideutschen Politik unterstützt zu werden. Sie sprachen ;etzt auf ein¬
mal von unverjährbaren Rechten der Krone Böhmens, stützten ihre Ansprüche
nicht auf die Gleichberechtigung und das nationale Rechtsprincip, sondern auf
historische Privilegien. Bon dem alte» Föderalismus hatten sie nur die Locke¬
rung der Centralgewalt angenommen, in allem Uebrigen haben sie sich von den
früher prvclamirten Grundsätzen losgesagt. Die Czechen von 1866 sind keine
föderalistische, sondern eine feudal-separatistische Partei. Das, einzelne der früheren
Föderalistenführer auch jetzt wieder an der Spitze buser neuen Partei stehen,
^. 3. ändert nichts an der Sache.




Silhouetten aus dem tiroler Landtag.

Einzig in seiner Art, wie das tirolische Protestanten- und Gemeindegesetz,
ist auch der Landtag, aus dem sie hervorgingen. Halb Fleisch, halb Fisch, halb
Interessen- halb ständische Bertretung, schwankt er schon in seiner Grundlage
zwischen jetzt und einst. Er besteht nach der Landesordnung vom 26. Februar
1861 aus den 3 Bischöfen von Salzburg. Trient und Brixen. dem Rector mag-
nificus der innsbrucker Universität, der manchmal auch ein Jesuit ist, und vier
von verschiedenen Aebten. Propsten, einem ErzPriester und dem Landescomthur
des deutschen Ordens gewählten kirchlichen Würdenträgern, ferner den Nachfol¬
gern der ehemaligen Adelsbank, wovon sich dir jetzigen zehn Abgeordneten des
adeligen großen Grundbesitzes nur dadurch unterscheiden, daß zur Wahlbefähigung
und Wählbarkeit des tirolischen Adels nicht mehr die Eintragung in die stän¬
dische Matrikel, sondern lediglich die Entrichtung einer jährlichen Grundsteuer
von SO si. erforderlich ist. aus 16 Abgeordneten der Städte, Märkte und
Handelskammern, und 34 der übrigen Gemeinden d. i. der Bauern. An den
Berathungen des ehemaligen offenen Landtages der alten Verfassung durften
auch Aebtissinnen, das Damenstift zu Innsbruck und der Prior der Karthäuser
zu Schnals. dann sämmtliche an die Pubertät gelangte Mitglieder einer in die
Adelsmatrikel eingetragenen Familie theilnehmen, wovon man auf jenem von
1790 nicht weniger als 550 zählte; einige derselben lebten von Lakaiendiensten.
Der große Ausschuß hatte 45, der engere, der sich seit 1728 jährlich versarn-


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[0342] kamen Klerus Böhmens als Werkzeuge an unter der Bedingung, von diesen in der antideutschen Politik unterstützt zu werden. Sie sprachen ;etzt auf ein¬ mal von unverjährbaren Rechten der Krone Böhmens, stützten ihre Ansprüche nicht auf die Gleichberechtigung und das nationale Rechtsprincip, sondern auf historische Privilegien. Bon dem alte» Föderalismus hatten sie nur die Locke¬ rung der Centralgewalt angenommen, in allem Uebrigen haben sie sich von den früher prvclamirten Grundsätzen losgesagt. Die Czechen von 1866 sind keine föderalistische, sondern eine feudal-separatistische Partei. Das, einzelne der früheren Föderalistenführer auch jetzt wieder an der Spitze buser neuen Partei stehen, ^. 3. ändert nichts an der Sache. Silhouetten aus dem tiroler Landtag. Einzig in seiner Art, wie das tirolische Protestanten- und Gemeindegesetz, ist auch der Landtag, aus dem sie hervorgingen. Halb Fleisch, halb Fisch, halb Interessen- halb ständische Bertretung, schwankt er schon in seiner Grundlage zwischen jetzt und einst. Er besteht nach der Landesordnung vom 26. Februar 1861 aus den 3 Bischöfen von Salzburg. Trient und Brixen. dem Rector mag- nificus der innsbrucker Universität, der manchmal auch ein Jesuit ist, und vier von verschiedenen Aebten. Propsten, einem ErzPriester und dem Landescomthur des deutschen Ordens gewählten kirchlichen Würdenträgern, ferner den Nachfol¬ gern der ehemaligen Adelsbank, wovon sich dir jetzigen zehn Abgeordneten des adeligen großen Grundbesitzes nur dadurch unterscheiden, daß zur Wahlbefähigung und Wählbarkeit des tirolischen Adels nicht mehr die Eintragung in die stän¬ dische Matrikel, sondern lediglich die Entrichtung einer jährlichen Grundsteuer von SO si. erforderlich ist. aus 16 Abgeordneten der Städte, Märkte und Handelskammern, und 34 der übrigen Gemeinden d. i. der Bauern. An den Berathungen des ehemaligen offenen Landtages der alten Verfassung durften auch Aebtissinnen, das Damenstift zu Innsbruck und der Prior der Karthäuser zu Schnals. dann sämmtliche an die Pubertät gelangte Mitglieder einer in die Adelsmatrikel eingetragenen Familie theilnehmen, wovon man auf jenem von 1790 nicht weniger als 550 zählte; einige derselben lebten von Lakaiendiensten. Der große Ausschuß hatte 45, der engere, der sich seit 1728 jährlich versarn-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_190158/342>, abgerufen am 22.12.2024.