Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. I. Band.macht ist. so gestaltet sich in der Wirklichkeit die Sache praktischer: jeder Jedenfalls dürfte so viel über alle Anfechtung sicher sein, daß man da. wo macht ist. so gestaltet sich in der Wirklichkeit die Sache praktischer: jeder Jedenfalls dürfte so viel über alle Anfechtung sicher sein, daß man da. wo <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0145" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/190304"/> <p xml:id="ID_421" prev="#ID_420"> macht ist. so gestaltet sich in der Wirklichkeit die Sache praktischer: jeder<lb/> sogenannte Halbhart umfaßt je einen der acht Kreise Bayerns. Doch von dem<lb/> Standpunkte der Wissenschaft aus, die sich hier zum ersten Male ein stattliches<lb/> Denkmal zu selten berufen war. der modernen Landes- und Volkskunde ist auch<lb/> gegen eine solche Schematisirung sehr viel zu sagen. Wo sind hier die natür¬<lb/> lichen Gruppen, auf deren Entdeckung und organische Darstellung sie sich so<lb/> Viel zu Gute thut? Wir wissen wohl, daß man in dem officiellen und nicht-<lb/> officiellen Bayern sich mit der Cabinetsordre König Ludwig des Ersten vom<lb/> so und so vielten August 1837 befriedigt, wodurch die „alte durch die Geschichte<lb/> geheiligte Eintheilung des Reiches" wiederhergestellt wurde. Wir anderen aber<lb/> sind nicht so leicht zu befriedigen. Wir sehen in dem neuen Oberfranken,<lb/> Mittelfranken, Unterfranken u. s. w. nichts, was vor der Prüfung der Geschichte<lb/> — wenn diese nun einmal doch maßgebend sein soll — besser Stich hielte als<lb/> der alte Obermain-, Rezat- und Untermainkreis. Historisch berechtigt ist an<lb/> dem neuen Namen nichts weiter als das in ihnen enthaltene Wort Franken;<lb/> ein Ober-, Mittel- und Unterfranken sind historisch genommen eigentlich noch<lb/> frevelhaftere Attentate als Ober- und Untermain- oder Rezatkreis, denn die<lb/> letzteren sind um etliche zwanzig Jahre älter als die ersteren und folglich um<lb/> so viel mehr unter die Sanction der Geschichte gestellt. Wir sehen in jener<lb/> Umlaufung nichts weiter als ein Symptom des Organisationssiebers, jener dem<lb/> geschichtlichen und politischen Pathologen wohlbekannten Monomanie ni alle»<lb/> Von Napoleon geschossenen Staatsgebilden, die nirgends stärker als in Bayern<lb/> grassirte und grassirt — viele Längs Memoiren, wer die Sache nicht aus<lb/> Autopsie kennt. Was es mit diesen historisch berechtigten Eintheilungspnucipicn<lb/> auf sich habe, ist hier nicht der Ort, im Detail zu erläutern; nur eins noch:<lb/> wie kommt es denn, daß, wenn sie einmal gefunden waren, sie so oft wieder<lb/> altenrt wurden? daß das Landgericht so und so heute zu Mittclfrcinkcn oder<lb/> Schwaben, morgen zu Oberfranken oder Oberpfalz geschlagen wurde? Aus<lb/> keinem andern Grunde, als weil man eben immer fort neu „organisiren" wollte<lb/> und man konnte es ohne Schaden an der Heiligkeit der geschichtlichen Tradition,<lb/> weil gar keine solche vorlag. —</p><lb/> <p xml:id="ID_422" next="#ID_423"> Jedenfalls dürfte so viel über alle Anfechtung sicher sein, daß man da. wo<lb/> es sich um irgendwie von der Sache selbst gegebene — also im wichtigsten<lb/> Sinne organische — Grundlagen und Eintheilungsgründe einer geographischen,<lb/> ethnographischen und culturgeschichtlichen Beschreibung handelt, nicht auf jene<lb/> königliche Cabinetsordre und ihre Orakel recurriren wird, die weder der Histo¬<lb/> riker, noch der Ethnograph, noch der Geograph respectirt. Da die ganze neu¬<lb/> modische Kreiseintheilung nach jeder Seite hin in der Luft schwebt, so mußte<lb/> man auch, wenn man überhaupt den altmodischen unorganischen Weg so vor¬<lb/> nehm verachtete, wie es die Gelehrten der Bavaria zu thun sich die Miene</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0145]
macht ist. so gestaltet sich in der Wirklichkeit die Sache praktischer: jeder
sogenannte Halbhart umfaßt je einen der acht Kreise Bayerns. Doch von dem
Standpunkte der Wissenschaft aus, die sich hier zum ersten Male ein stattliches
Denkmal zu selten berufen war. der modernen Landes- und Volkskunde ist auch
gegen eine solche Schematisirung sehr viel zu sagen. Wo sind hier die natür¬
lichen Gruppen, auf deren Entdeckung und organische Darstellung sie sich so
Viel zu Gute thut? Wir wissen wohl, daß man in dem officiellen und nicht-
officiellen Bayern sich mit der Cabinetsordre König Ludwig des Ersten vom
so und so vielten August 1837 befriedigt, wodurch die „alte durch die Geschichte
geheiligte Eintheilung des Reiches" wiederhergestellt wurde. Wir anderen aber
sind nicht so leicht zu befriedigen. Wir sehen in dem neuen Oberfranken,
Mittelfranken, Unterfranken u. s. w. nichts, was vor der Prüfung der Geschichte
— wenn diese nun einmal doch maßgebend sein soll — besser Stich hielte als
der alte Obermain-, Rezat- und Untermainkreis. Historisch berechtigt ist an
dem neuen Namen nichts weiter als das in ihnen enthaltene Wort Franken;
ein Ober-, Mittel- und Unterfranken sind historisch genommen eigentlich noch
frevelhaftere Attentate als Ober- und Untermain- oder Rezatkreis, denn die
letzteren sind um etliche zwanzig Jahre älter als die ersteren und folglich um
so viel mehr unter die Sanction der Geschichte gestellt. Wir sehen in jener
Umlaufung nichts weiter als ein Symptom des Organisationssiebers, jener dem
geschichtlichen und politischen Pathologen wohlbekannten Monomanie ni alle»
Von Napoleon geschossenen Staatsgebilden, die nirgends stärker als in Bayern
grassirte und grassirt — viele Längs Memoiren, wer die Sache nicht aus
Autopsie kennt. Was es mit diesen historisch berechtigten Eintheilungspnucipicn
auf sich habe, ist hier nicht der Ort, im Detail zu erläutern; nur eins noch:
wie kommt es denn, daß, wenn sie einmal gefunden waren, sie so oft wieder
altenrt wurden? daß das Landgericht so und so heute zu Mittclfrcinkcn oder
Schwaben, morgen zu Oberfranken oder Oberpfalz geschlagen wurde? Aus
keinem andern Grunde, als weil man eben immer fort neu „organisiren" wollte
und man konnte es ohne Schaden an der Heiligkeit der geschichtlichen Tradition,
weil gar keine solche vorlag. —
Jedenfalls dürfte so viel über alle Anfechtung sicher sein, daß man da. wo
es sich um irgendwie von der Sache selbst gegebene — also im wichtigsten
Sinne organische — Grundlagen und Eintheilungsgründe einer geographischen,
ethnographischen und culturgeschichtlichen Beschreibung handelt, nicht auf jene
königliche Cabinetsordre und ihre Orakel recurriren wird, die weder der Histo¬
riker, noch der Ethnograph, noch der Geograph respectirt. Da die ganze neu¬
modische Kreiseintheilung nach jeder Seite hin in der Luft schwebt, so mußte
man auch, wenn man überhaupt den altmodischen unorganischen Weg so vor¬
nehm verachtete, wie es die Gelehrten der Bavaria zu thun sich die Miene
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |