Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band.Enthält er Verse eines und desselben Dichters, so kauft er sie. Er mag dies Und wenn ich nun ausgehe, um in der angenehmen Zeit des Buchhändler¬ I. Schmiern veröffentlichte Lieder und Gedichte unter dem Titel "Stunden So haben wir uns durchgearbeitet durch eine Masse von Titeln und viel¬ Während ich dies schreibe, steigt am buchhändlerischen Himmel ein Ge¬ Enthält er Verse eines und desselben Dichters, so kauft er sie. Er mag dies Und wenn ich nun ausgehe, um in der angenehmen Zeit des Buchhändler¬ I. Schmiern veröffentlichte Lieder und Gedichte unter dem Titel „Stunden So haben wir uns durchgearbeitet durch eine Masse von Titeln und viel¬ Während ich dies schreibe, steigt am buchhändlerischen Himmel ein Ge¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0510" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/286658"/> <p xml:id="ID_1512" prev="#ID_1511"> Enthält er Verse eines und desselben Dichters, so kauft er sie. Er mag dies<lb/> ruhig thun, denn gelesen werden sie dock, kaum.</p><lb/> <p xml:id="ID_1513"> Und wenn ich nun ausgehe, um in der angenehmen Zeit des Buchhändler¬<lb/> frühlings — Nichtbuchhändler nennen ihn Herbst — noch zum Schlüsse einige<lb/> lyrische Veilchen zu Pflücken, so mag man mir es nicht verargen, wenn ich<lb/> etliche Hundsveilchen unwissentlich mit darunter bringe. Es gehörte in der That<lb/> sehr viel Zeit und ein vortrefflicher Magen dazu, um von allem zu kosten, was<lb/> uns heutzutage geboten wird. Man erwarte deshalb keine Aufzählung des<lb/> Besten, sondern eine Uebersicht des Erschienenen, und sehe selber zu. wie man<lb/> aus den bunten Steinen, Kies und Sand die echten Perlen herausfindet.</p><lb/> <p xml:id="ID_1514"> I. Schmiern veröffentlichte Lieder und Gedichte unter dem Titel „Stunden<lb/> meiner Muse". E. v. Lewitzka „Gedichte". — Ferner erschien die zweite Sammlung<lb/> von Gedichten von Meta Heußer-Schweizer, Müller von der Werra, „Buch der<lb/> Lieder", „Zwölf Zeitgedichte", von K. Kirdorf, „Geharnischte Sonette aus Nord¬<lb/> deutschland, zweiter Cyklus", „Der Herr ist mein Heil", von G. F. Jäger,<lb/> „Gedichte", von R, G. H. Conz. „Für Haus und Herz. Letzte Klänge von Leo¬<lb/> pold Schefer". Herausgegeben von N. Gottschall, „Gedichte" von L.Mayer,<lb/> „Lieder und Sprüche von F. Rückert. Aus dem lyrischen Nachlasse des Verfassers"<lb/> und Weyde-Eimkes „des Königs Ahnen. Welsenlieder", die mehr als je ein<lb/> Werk zu spät gekommen sind.</p><lb/> <p xml:id="ID_1515"> So haben wir uns durchgearbeitet durch eine Masse von Titeln und viel¬<lb/> leicht ist gar mancher Leser unterwegs stecken geblieben. Aber so gleichgiltig<lb/> wir auch jetzt darüber hinaus lesen, auf jedes Buch hat ein Auge mit Liebe<lb/> gesehen. Es war das des Schreibers, der es vielleicht mit banger Sorge als<lb/> Erstlingswerk hinaussandte. Auch der Verleger sah ihm nach, aber mehr mit der<lb/> Ruhe des Geschäftsmanns, der hofft, daß sein Erzeugter nie wiederkehren möge<lb/> als verlorener Sohn mit verstoßenen Ecken und abgeriebenen Goldschnitt. Wer<lb/> doch so glücklich wäre , ein Mittel zu entdecken, unter den angebotenen Manu¬<lb/> skripten die herauszufinden, die stets „gehen" und den Verleger zum reichen<lb/> Manne machen. Aber der Werke sind wenige, und diejenigen gehören zu den<lb/> Juwelen des Verlagsgeschäfts, die bei alljährlicher Wiederkehr gierige Käufer<lb/> finden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1516" next="#ID_1517"> Während ich dies schreibe, steigt am buchhändlerischen Himmel ein Ge¬<lb/> stirn der Art auf. Es ist der gothaer genealogische Kalender in seinen drei<lb/> Ausgaben. Mit der Regelmäßigkeit eines Planeten geht er im December<lb/> auf und der Sortimenter erwartet ihn mit Schmerzen. Denn die fürstlichen,<lb/> gräflichen und freiherrlichen Kunden können ihn nie früh genug haben. Man<lb/> könnte da eigenthümliche Betrachtungen anstellen. Der Sturm des Jahres 1866<lb/> hat manche Krone von hohe» Häuptern gefegt und mancher Thron ist mit Mühe<lb/> wieder geleimt worden. Und wenn wieder der December herankommt, wer weiß,</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0510]
Enthält er Verse eines und desselben Dichters, so kauft er sie. Er mag dies
ruhig thun, denn gelesen werden sie dock, kaum.
Und wenn ich nun ausgehe, um in der angenehmen Zeit des Buchhändler¬
frühlings — Nichtbuchhändler nennen ihn Herbst — noch zum Schlüsse einige
lyrische Veilchen zu Pflücken, so mag man mir es nicht verargen, wenn ich
etliche Hundsveilchen unwissentlich mit darunter bringe. Es gehörte in der That
sehr viel Zeit und ein vortrefflicher Magen dazu, um von allem zu kosten, was
uns heutzutage geboten wird. Man erwarte deshalb keine Aufzählung des
Besten, sondern eine Uebersicht des Erschienenen, und sehe selber zu. wie man
aus den bunten Steinen, Kies und Sand die echten Perlen herausfindet.
I. Schmiern veröffentlichte Lieder und Gedichte unter dem Titel „Stunden
meiner Muse". E. v. Lewitzka „Gedichte". — Ferner erschien die zweite Sammlung
von Gedichten von Meta Heußer-Schweizer, Müller von der Werra, „Buch der
Lieder", „Zwölf Zeitgedichte", von K. Kirdorf, „Geharnischte Sonette aus Nord¬
deutschland, zweiter Cyklus", „Der Herr ist mein Heil", von G. F. Jäger,
„Gedichte", von R, G. H. Conz. „Für Haus und Herz. Letzte Klänge von Leo¬
pold Schefer". Herausgegeben von N. Gottschall, „Gedichte" von L.Mayer,
„Lieder und Sprüche von F. Rückert. Aus dem lyrischen Nachlasse des Verfassers"
und Weyde-Eimkes „des Königs Ahnen. Welsenlieder", die mehr als je ein
Werk zu spät gekommen sind.
So haben wir uns durchgearbeitet durch eine Masse von Titeln und viel¬
leicht ist gar mancher Leser unterwegs stecken geblieben. Aber so gleichgiltig
wir auch jetzt darüber hinaus lesen, auf jedes Buch hat ein Auge mit Liebe
gesehen. Es war das des Schreibers, der es vielleicht mit banger Sorge als
Erstlingswerk hinaussandte. Auch der Verleger sah ihm nach, aber mehr mit der
Ruhe des Geschäftsmanns, der hofft, daß sein Erzeugter nie wiederkehren möge
als verlorener Sohn mit verstoßenen Ecken und abgeriebenen Goldschnitt. Wer
doch so glücklich wäre , ein Mittel zu entdecken, unter den angebotenen Manu¬
skripten die herauszufinden, die stets „gehen" und den Verleger zum reichen
Manne machen. Aber der Werke sind wenige, und diejenigen gehören zu den
Juwelen des Verlagsgeschäfts, die bei alljährlicher Wiederkehr gierige Käufer
finden.
Während ich dies schreibe, steigt am buchhändlerischen Himmel ein Ge¬
stirn der Art auf. Es ist der gothaer genealogische Kalender in seinen drei
Ausgaben. Mit der Regelmäßigkeit eines Planeten geht er im December
auf und der Sortimenter erwartet ihn mit Schmerzen. Denn die fürstlichen,
gräflichen und freiherrlichen Kunden können ihn nie früh genug haben. Man
könnte da eigenthümliche Betrachtungen anstellen. Der Sturm des Jahres 1866
hat manche Krone von hohe» Häuptern gefegt und mancher Thron ist mit Mühe
wieder geleimt worden. Und wenn wieder der December herankommt, wer weiß,
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