Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

nahm es, konnte aber nur auf einer einzigen Brücke übergehen, weil ein Brücken¬
schlag durch Versehen mißglückte, und kam nicht vor elf Uhr vor der Front der
feindlichen Stellung an.

Der Kronprinz erhielt erst um vier Morgens den Befehl zur Theilnahme
an der Schlacht, seine Corps standen bis zwei Meilen von seinem Hauptquartier
ab und hatten zwei bis drei Meilen bis zum Schlachtfelde; es kostete also
Stunden, bis die Befehle in den Händen der Truppen und diese zum Aufmarsch
bereit waren. Nur der glückliche Umstand, daß das sechste Armeecorps, wie
oben erwähnt, zu einem Unternehmen gegen Josephstadt bestimmt war, fügte
es. daß der Befehl dies Corps, welches den äußersten linken Flügel bildete
und die für den Feind gefährlichste Richtung zu nehmen hatte, schon im Ab¬
marsch traf. Trotzdem haben die ersten Truppen den Feind erst um V,12 Uhr
erreicht.

Auch diese Zeitverhältnisse Diesen dem Prinzen Friedrich Karl die Aufgabe
zu, Stunden lang ganz allein mit dem großen Kern der östreichischen Armee zu
ringen und es muß ihm und seinen braven Truppen hoch angerechnet werden,
daß er diese Aufgabe ganz erfüllte. Es darf hier aber nicht unerwähnt bleiben,
daß der König durch sein persönliches Eingreifen und Erscheinen mitten in den
bedrohten Truppen den moralischen Elan und damit ihre Widerstandskraft un¬
endlich hob. An dieser Kraft zehrte sich die Hauptmasse des Gegners ab und
der Kronprinz hatte das Glück, auf dem Schlachtfelde beinahe nur einen un¬
ausgesetzten Triumphzug zu halten. Die vorstehend gegebenen Details lassen
die Schlacht in ihrem großen Verlauf und in ihren innern Ursachen schon
erkennen. Bei der Bedeutung dieser Schlacht aber für die historische Entwicke¬
lung Deutschlands erhalten auch die Details einen Werth, der uns nöthigt, hier
wenigstens den bedeutendsten näher zu treten.

Prinz Friedrich Karl hatte grade gegen Sadowa die achte Division Horn,
links gegen Benatek die siebente Division Fransecky. rechts gegen Dohalitz und
Dohalitzka die dritte und Vierte Division entsandt, die fünfte und sechste Divi¬
sion aber in Reserve hinter der Division Horn folgen lassen. Die genannten
Orte wurden in verhältnismäßig kurzer Zeit genommen und die Truppen gingen
nach vollbrachtem Uebergang sofort zum weitern Angriff vor. Derselbe kam
aber auf dem rechten Flügel bei der dritten und vierten Division nicht vor¬
wärts, da gleich hinter den Orten der oben erwähnte ganz freie, von den
östreichischen Batterien voll bestrichene Abhang beginnt und an deren mörderi¬
schen Feuer jedes Vorgehen scheiterte. Die preußische Reserveartillerie dieser
Divisionen kam erst später heran und auch dann wollte es ihr nicht gelingen,
die feindlichen Batterien zum Schweigen zu bringen, da diese an Zahl und an
gezogenen Geschützen überlegen waren und gedeckt auf der Höhe standen, die
preußischen dagegen offen in der Tiefe. Die Oestreicher konnten die Wirkung


nahm es, konnte aber nur auf einer einzigen Brücke übergehen, weil ein Brücken¬
schlag durch Versehen mißglückte, und kam nicht vor elf Uhr vor der Front der
feindlichen Stellung an.

Der Kronprinz erhielt erst um vier Morgens den Befehl zur Theilnahme
an der Schlacht, seine Corps standen bis zwei Meilen von seinem Hauptquartier
ab und hatten zwei bis drei Meilen bis zum Schlachtfelde; es kostete also
Stunden, bis die Befehle in den Händen der Truppen und diese zum Aufmarsch
bereit waren. Nur der glückliche Umstand, daß das sechste Armeecorps, wie
oben erwähnt, zu einem Unternehmen gegen Josephstadt bestimmt war, fügte
es. daß der Befehl dies Corps, welches den äußersten linken Flügel bildete
und die für den Feind gefährlichste Richtung zu nehmen hatte, schon im Ab¬
marsch traf. Trotzdem haben die ersten Truppen den Feind erst um V,12 Uhr
erreicht.

Auch diese Zeitverhältnisse Diesen dem Prinzen Friedrich Karl die Aufgabe
zu, Stunden lang ganz allein mit dem großen Kern der östreichischen Armee zu
ringen und es muß ihm und seinen braven Truppen hoch angerechnet werden,
daß er diese Aufgabe ganz erfüllte. Es darf hier aber nicht unerwähnt bleiben,
daß der König durch sein persönliches Eingreifen und Erscheinen mitten in den
bedrohten Truppen den moralischen Elan und damit ihre Widerstandskraft un¬
endlich hob. An dieser Kraft zehrte sich die Hauptmasse des Gegners ab und
der Kronprinz hatte das Glück, auf dem Schlachtfelde beinahe nur einen un¬
ausgesetzten Triumphzug zu halten. Die vorstehend gegebenen Details lassen
die Schlacht in ihrem großen Verlauf und in ihren innern Ursachen schon
erkennen. Bei der Bedeutung dieser Schlacht aber für die historische Entwicke¬
lung Deutschlands erhalten auch die Details einen Werth, der uns nöthigt, hier
wenigstens den bedeutendsten näher zu treten.

Prinz Friedrich Karl hatte grade gegen Sadowa die achte Division Horn,
links gegen Benatek die siebente Division Fransecky. rechts gegen Dohalitz und
Dohalitzka die dritte und Vierte Division entsandt, die fünfte und sechste Divi¬
sion aber in Reserve hinter der Division Horn folgen lassen. Die genannten
Orte wurden in verhältnismäßig kurzer Zeit genommen und die Truppen gingen
nach vollbrachtem Uebergang sofort zum weitern Angriff vor. Derselbe kam
aber auf dem rechten Flügel bei der dritten und vierten Division nicht vor¬
wärts, da gleich hinter den Orten der oben erwähnte ganz freie, von den
östreichischen Batterien voll bestrichene Abhang beginnt und an deren mörderi¬
schen Feuer jedes Vorgehen scheiterte. Die preußische Reserveartillerie dieser
Divisionen kam erst später heran und auch dann wollte es ihr nicht gelingen,
die feindlichen Batterien zum Schweigen zu bringen, da diese an Zahl und an
gezogenen Geschützen überlegen waren und gedeckt auf der Höhe standen, die
preußischen dagegen offen in der Tiefe. Die Oestreicher konnten die Wirkung


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0366" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/286514"/>
          <p xml:id="ID_1069" prev="#ID_1068"> nahm es, konnte aber nur auf einer einzigen Brücke übergehen, weil ein Brücken¬<lb/>
schlag durch Versehen mißglückte, und kam nicht vor elf Uhr vor der Front der<lb/>
feindlichen Stellung an.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1070"> Der Kronprinz erhielt erst um vier Morgens den Befehl zur Theilnahme<lb/>
an der Schlacht, seine Corps standen bis zwei Meilen von seinem Hauptquartier<lb/>
ab und hatten zwei bis drei Meilen bis zum Schlachtfelde; es kostete also<lb/>
Stunden, bis die Befehle in den Händen der Truppen und diese zum Aufmarsch<lb/>
bereit waren. Nur der glückliche Umstand, daß das sechste Armeecorps, wie<lb/>
oben erwähnt, zu einem Unternehmen gegen Josephstadt bestimmt war, fügte<lb/>
es. daß der Befehl dies Corps, welches den äußersten linken Flügel bildete<lb/>
und die für den Feind gefährlichste Richtung zu nehmen hatte, schon im Ab¬<lb/>
marsch traf. Trotzdem haben die ersten Truppen den Feind erst um V,12 Uhr<lb/>
erreicht.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1071"> Auch diese Zeitverhältnisse Diesen dem Prinzen Friedrich Karl die Aufgabe<lb/>
zu, Stunden lang ganz allein mit dem großen Kern der östreichischen Armee zu<lb/>
ringen und es muß ihm und seinen braven Truppen hoch angerechnet werden,<lb/>
daß er diese Aufgabe ganz erfüllte. Es darf hier aber nicht unerwähnt bleiben,<lb/>
daß der König durch sein persönliches Eingreifen und Erscheinen mitten in den<lb/>
bedrohten Truppen den moralischen Elan und damit ihre Widerstandskraft un¬<lb/>
endlich hob. An dieser Kraft zehrte sich die Hauptmasse des Gegners ab und<lb/>
der Kronprinz hatte das Glück, auf dem Schlachtfelde beinahe nur einen un¬<lb/>
ausgesetzten Triumphzug zu halten. Die vorstehend gegebenen Details lassen<lb/>
die Schlacht in ihrem großen Verlauf und in ihren innern Ursachen schon<lb/>
erkennen. Bei der Bedeutung dieser Schlacht aber für die historische Entwicke¬<lb/>
lung Deutschlands erhalten auch die Details einen Werth, der uns nöthigt, hier<lb/>
wenigstens den bedeutendsten näher zu treten.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1072" next="#ID_1073"> Prinz Friedrich Karl hatte grade gegen Sadowa die achte Division Horn,<lb/>
links gegen Benatek die siebente Division Fransecky. rechts gegen Dohalitz und<lb/>
Dohalitzka die dritte und Vierte Division entsandt, die fünfte und sechste Divi¬<lb/>
sion aber in Reserve hinter der Division Horn folgen lassen. Die genannten<lb/>
Orte wurden in verhältnismäßig kurzer Zeit genommen und die Truppen gingen<lb/>
nach vollbrachtem Uebergang sofort zum weitern Angriff vor. Derselbe kam<lb/>
aber auf dem rechten Flügel bei der dritten und vierten Division nicht vor¬<lb/>
wärts, da gleich hinter den Orten der oben erwähnte ganz freie, von den<lb/>
östreichischen Batterien voll bestrichene Abhang beginnt und an deren mörderi¬<lb/>
schen Feuer jedes Vorgehen scheiterte. Die preußische Reserveartillerie dieser<lb/>
Divisionen kam erst später heran und auch dann wollte es ihr nicht gelingen,<lb/>
die feindlichen Batterien zum Schweigen zu bringen, da diese an Zahl und an<lb/>
gezogenen Geschützen überlegen waren und gedeckt auf der Höhe standen, die<lb/>
preußischen dagegen offen in der Tiefe.  Die Oestreicher konnten die Wirkung</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0366] nahm es, konnte aber nur auf einer einzigen Brücke übergehen, weil ein Brücken¬ schlag durch Versehen mißglückte, und kam nicht vor elf Uhr vor der Front der feindlichen Stellung an. Der Kronprinz erhielt erst um vier Morgens den Befehl zur Theilnahme an der Schlacht, seine Corps standen bis zwei Meilen von seinem Hauptquartier ab und hatten zwei bis drei Meilen bis zum Schlachtfelde; es kostete also Stunden, bis die Befehle in den Händen der Truppen und diese zum Aufmarsch bereit waren. Nur der glückliche Umstand, daß das sechste Armeecorps, wie oben erwähnt, zu einem Unternehmen gegen Josephstadt bestimmt war, fügte es. daß der Befehl dies Corps, welches den äußersten linken Flügel bildete und die für den Feind gefährlichste Richtung zu nehmen hatte, schon im Ab¬ marsch traf. Trotzdem haben die ersten Truppen den Feind erst um V,12 Uhr erreicht. Auch diese Zeitverhältnisse Diesen dem Prinzen Friedrich Karl die Aufgabe zu, Stunden lang ganz allein mit dem großen Kern der östreichischen Armee zu ringen und es muß ihm und seinen braven Truppen hoch angerechnet werden, daß er diese Aufgabe ganz erfüllte. Es darf hier aber nicht unerwähnt bleiben, daß der König durch sein persönliches Eingreifen und Erscheinen mitten in den bedrohten Truppen den moralischen Elan und damit ihre Widerstandskraft un¬ endlich hob. An dieser Kraft zehrte sich die Hauptmasse des Gegners ab und der Kronprinz hatte das Glück, auf dem Schlachtfelde beinahe nur einen un¬ ausgesetzten Triumphzug zu halten. Die vorstehend gegebenen Details lassen die Schlacht in ihrem großen Verlauf und in ihren innern Ursachen schon erkennen. Bei der Bedeutung dieser Schlacht aber für die historische Entwicke¬ lung Deutschlands erhalten auch die Details einen Werth, der uns nöthigt, hier wenigstens den bedeutendsten näher zu treten. Prinz Friedrich Karl hatte grade gegen Sadowa die achte Division Horn, links gegen Benatek die siebente Division Fransecky. rechts gegen Dohalitz und Dohalitzka die dritte und Vierte Division entsandt, die fünfte und sechste Divi¬ sion aber in Reserve hinter der Division Horn folgen lassen. Die genannten Orte wurden in verhältnismäßig kurzer Zeit genommen und die Truppen gingen nach vollbrachtem Uebergang sofort zum weitern Angriff vor. Derselbe kam aber auf dem rechten Flügel bei der dritten und vierten Division nicht vor¬ wärts, da gleich hinter den Orten der oben erwähnte ganz freie, von den östreichischen Batterien voll bestrichene Abhang beginnt und an deren mörderi¬ schen Feuer jedes Vorgehen scheiterte. Die preußische Reserveartillerie dieser Divisionen kam erst später heran und auch dann wollte es ihr nicht gelingen, die feindlichen Batterien zum Schweigen zu bringen, da diese an Zahl und an gezogenen Geschützen überlegen waren und gedeckt auf der Höhe standen, die preußischen dagegen offen in der Tiefe. Die Oestreicher konnten die Wirkung

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_286147
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_286147/366
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_286147/366>, abgerufen am 04.07.2024.