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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. III. Band.

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Eine Woche voll von Gefechten und glorreichen Siegen hat die Preußen zu
einem Erfolge geführt, der den Krieg wahrscheinlich noch nicht beendet, aber
die Machtstellung Preußens in Deutschland und Europa völlig ändert. Seit
fünfzig Jahren war es eine militärische Tradition, daß die Preußen ein kriege,
risches Volk seien und den Sachverständigen des Auslandes waren die Vorzüge
preußischer Heereskraft nicht unbekannt, aber die volle Ueberlegenheit derselben
über einen kriegstüchtigen Feind hat doch erst diese große und furchtbare Kampf¬
woche bewährt.

Ueberall hört man, auch von den Preußen selbst, rühmen, daß diese Ueber"
legenden vorzugsweise in ihren ausgezeichneten Waffen beruhe. Ohne Zweifel
hat das vielfach genannte Zündnadelgewehr und das preußische Hinterladungs¬
geschütz großen Antheil an den glänzenden Erfolgen. Aber man muß nicht
vergessen, daß diese Waffe zu voller Wirkung auch die Taktik und die Jntelli-
genz der preußischen Bataillone bedarf. Sie verlangt ruhiges Kommando und
eine Disciplin und Hingabe der Mannschaft an ihre Offiziere, welche zum
Theil durch die allgemeine Wehrpflicht der Armee, zum Theil durch die aus¬
gezeichnete Technik des Exercitiums und der taktischen Bewegungen möglich ge¬
macht wird. Diese wackere Zucht des Heeres, die Tüchtigkeit seiner Regiments-
offiziere sind der größere Vorzug des preußischen Heeres. Der größte vielleicht
die Tüchtigkeit des Commandos und des Generalstabs.

Auch die Gegner können dem Plan, nach welchem der Krieg begonnen
und bis jetzt geführt wurde, das Prädicat der Größe nicht versagen. In der
Ausführung dieses Planes hat bis jetzt die Armee des Kronprinzen die meiste
Gelegenheit gehabt, Energie und die männliche Kraft zu zeigen, welche sich allen
Hindernissen überlegen erweist. Der Kronprinz selbst hat sich als Feldherr be¬
währt; nachdem er am 27. dem harten Gefecht zwischen Nachod und Skalitz
beigewohnt, dirigirte er in der Nacht auf andrer Straße die Garden gegen
General Gablenz und Trautencru. Nächst der zähen Bravour des fünften Armee¬
corps hat dieser schnelle Einmarsch den ersten Theil des Kampfes entschieden,
außerdem das unaufhaltsame Vorgehen über Arrau auf Gitschin. Der Geist,
welcher diese Dispositionen getroffen hat, läßt Gutes von der Zukunft hoffen,
und da man über den commandirenden Generalen der Schlacht leicht das Ver¬
dienst der stillen Leiter übersieht, welche dem Generalstab vorstehen, so soll hier
auch an diese disponirenden Helfer erinnert werden. Neben dem Grafen Moltke,
dem Chef des großen Generalstabes. sind es in der ersten Armee der General
Voigts-Reetz, in der Armee des Kronprinzen die Generale v. Blumenthal und
v. Stosch, denen ein schöner Antheil an den Erfolgen dieser Tage zugeschrieben
werden muß.

Es steht zu hoffen, daß die Resultate der letzten Schlacht Prag und Böhmen
in die Hände der Preußen geben. Die Oestteichcr vermögen eine zweite Schlacht


Eine Woche voll von Gefechten und glorreichen Siegen hat die Preußen zu
einem Erfolge geführt, der den Krieg wahrscheinlich noch nicht beendet, aber
die Machtstellung Preußens in Deutschland und Europa völlig ändert. Seit
fünfzig Jahren war es eine militärische Tradition, daß die Preußen ein kriege,
risches Volk seien und den Sachverständigen des Auslandes waren die Vorzüge
preußischer Heereskraft nicht unbekannt, aber die volle Ueberlegenheit derselben
über einen kriegstüchtigen Feind hat doch erst diese große und furchtbare Kampf¬
woche bewährt.

Ueberall hört man, auch von den Preußen selbst, rühmen, daß diese Ueber«
legenden vorzugsweise in ihren ausgezeichneten Waffen beruhe. Ohne Zweifel
hat das vielfach genannte Zündnadelgewehr und das preußische Hinterladungs¬
geschütz großen Antheil an den glänzenden Erfolgen. Aber man muß nicht
vergessen, daß diese Waffe zu voller Wirkung auch die Taktik und die Jntelli-
genz der preußischen Bataillone bedarf. Sie verlangt ruhiges Kommando und
eine Disciplin und Hingabe der Mannschaft an ihre Offiziere, welche zum
Theil durch die allgemeine Wehrpflicht der Armee, zum Theil durch die aus¬
gezeichnete Technik des Exercitiums und der taktischen Bewegungen möglich ge¬
macht wird. Diese wackere Zucht des Heeres, die Tüchtigkeit seiner Regiments-
offiziere sind der größere Vorzug des preußischen Heeres. Der größte vielleicht
die Tüchtigkeit des Commandos und des Generalstabs.

Auch die Gegner können dem Plan, nach welchem der Krieg begonnen
und bis jetzt geführt wurde, das Prädicat der Größe nicht versagen. In der
Ausführung dieses Planes hat bis jetzt die Armee des Kronprinzen die meiste
Gelegenheit gehabt, Energie und die männliche Kraft zu zeigen, welche sich allen
Hindernissen überlegen erweist. Der Kronprinz selbst hat sich als Feldherr be¬
währt; nachdem er am 27. dem harten Gefecht zwischen Nachod und Skalitz
beigewohnt, dirigirte er in der Nacht auf andrer Straße die Garden gegen
General Gablenz und Trautencru. Nächst der zähen Bravour des fünften Armee¬
corps hat dieser schnelle Einmarsch den ersten Theil des Kampfes entschieden,
außerdem das unaufhaltsame Vorgehen über Arrau auf Gitschin. Der Geist,
welcher diese Dispositionen getroffen hat, läßt Gutes von der Zukunft hoffen,
und da man über den commandirenden Generalen der Schlacht leicht das Ver¬
dienst der stillen Leiter übersieht, welche dem Generalstab vorstehen, so soll hier
auch an diese disponirenden Helfer erinnert werden. Neben dem Grafen Moltke,
dem Chef des großen Generalstabes. sind es in der ersten Armee der General
Voigts-Reetz, in der Armee des Kronprinzen die Generale v. Blumenthal und
v. Stosch, denen ein schöner Antheil an den Erfolgen dieser Tage zugeschrieben
werden muß.

Es steht zu hoffen, daß die Resultate der letzten Schlacht Prag und Böhmen
in die Hände der Preußen geben. Die Oestteichcr vermögen eine zweite Schlacht


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[0091] Eine Woche voll von Gefechten und glorreichen Siegen hat die Preußen zu einem Erfolge geführt, der den Krieg wahrscheinlich noch nicht beendet, aber die Machtstellung Preußens in Deutschland und Europa völlig ändert. Seit fünfzig Jahren war es eine militärische Tradition, daß die Preußen ein kriege, risches Volk seien und den Sachverständigen des Auslandes waren die Vorzüge preußischer Heereskraft nicht unbekannt, aber die volle Ueberlegenheit derselben über einen kriegstüchtigen Feind hat doch erst diese große und furchtbare Kampf¬ woche bewährt. Ueberall hört man, auch von den Preußen selbst, rühmen, daß diese Ueber« legenden vorzugsweise in ihren ausgezeichneten Waffen beruhe. Ohne Zweifel hat das vielfach genannte Zündnadelgewehr und das preußische Hinterladungs¬ geschütz großen Antheil an den glänzenden Erfolgen. Aber man muß nicht vergessen, daß diese Waffe zu voller Wirkung auch die Taktik und die Jntelli- genz der preußischen Bataillone bedarf. Sie verlangt ruhiges Kommando und eine Disciplin und Hingabe der Mannschaft an ihre Offiziere, welche zum Theil durch die allgemeine Wehrpflicht der Armee, zum Theil durch die aus¬ gezeichnete Technik des Exercitiums und der taktischen Bewegungen möglich ge¬ macht wird. Diese wackere Zucht des Heeres, die Tüchtigkeit seiner Regiments- offiziere sind der größere Vorzug des preußischen Heeres. Der größte vielleicht die Tüchtigkeit des Commandos und des Generalstabs. Auch die Gegner können dem Plan, nach welchem der Krieg begonnen und bis jetzt geführt wurde, das Prädicat der Größe nicht versagen. In der Ausführung dieses Planes hat bis jetzt die Armee des Kronprinzen die meiste Gelegenheit gehabt, Energie und die männliche Kraft zu zeigen, welche sich allen Hindernissen überlegen erweist. Der Kronprinz selbst hat sich als Feldherr be¬ währt; nachdem er am 27. dem harten Gefecht zwischen Nachod und Skalitz beigewohnt, dirigirte er in der Nacht auf andrer Straße die Garden gegen General Gablenz und Trautencru. Nächst der zähen Bravour des fünften Armee¬ corps hat dieser schnelle Einmarsch den ersten Theil des Kampfes entschieden, außerdem das unaufhaltsame Vorgehen über Arrau auf Gitschin. Der Geist, welcher diese Dispositionen getroffen hat, läßt Gutes von der Zukunft hoffen, und da man über den commandirenden Generalen der Schlacht leicht das Ver¬ dienst der stillen Leiter übersieht, welche dem Generalstab vorstehen, so soll hier auch an diese disponirenden Helfer erinnert werden. Neben dem Grafen Moltke, dem Chef des großen Generalstabes. sind es in der ersten Armee der General Voigts-Reetz, in der Armee des Kronprinzen die Generale v. Blumenthal und v. Stosch, denen ein schöner Antheil an den Erfolgen dieser Tage zugeschrieben werden muß. Es steht zu hoffen, daß die Resultate der letzten Schlacht Prag und Böhmen in die Hände der Preußen geben. Die Oestteichcr vermögen eine zweite Schlacht

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285587/91>, abgerufen am 22.07.2024.