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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. III. Band.

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rain, auf welchem die italienische Armee sich damals entwickelte. Vom Thurm
der Schloßruine aus übersieht man, nach Osten gewendet, das Land bis an die
Mauern von Verona, zur Rechten reicht der Blick bis Mantua. dessen Zinnen
den Horizont eines endlosen Flachlandes bezeichnen, das nicht durch die geringste
Erhebung unterbrochen wird. Von links her windet sich der Mincio von
Peschiera herab durch das Hügelland, dessen Wellenlinien nordwärts am Ge¬
stade des Gardasees entlang bis zum Ufer der Etsch sich hinziehen.

In jenem Hügelgrund hatte Durando Posto gefaßt; die Ebene hielt Victor
Emanuel.

Ohne Zweifel völlig bekannt mit dieser Aufstellung mürschirten die Oest¬
reicher in der Morgendämmerung des 24. Juni in beträchtlicher Stärke aus
Verona, besetzten die wichtigen Positionen von Santa Giustina, Sona und
Sommacampagna am Saume der Höhen. JnSdem sie sich nun mit dem lin¬
ken Flügel auf letztgenannten Ort stützten, führten, sie eine Schwenkung aus,
welche sie in Stand setzte, sich nicht nur mit Macht auf Durando zu werfen,
sondern auch dem König die Stirn zu bieten, ohne jedoch zunächst seinem Vor¬
rücken Hindernisse in den Weg zu legen.

Der Erfolg ließ sich bei dieser Lage der Dinge voraussehen. DurandoS
Corps, welches vor Peschiera Aufstellung zu nehmen und sich zugleich in der
Richtung auf Sommacampagna und Castel nuovo! auszubreiten hatte, wurde
fast den ganzen Tag von einer gleichgroßen östreichischen Macht in Athem ge¬
halten, bis der Erzherzog den König weit genug hinweggelockt hatte. Dann
kam der entscheidende Moment. Durch Fortsetzung ihrer angedeuteten Schwen¬
kung trieben die Oestreicher, unterstützt durch einen Ausfall der Besatzung von
Peschiera, das durandosche Corps weiter und weiter zurück und stürmten um
fünf Uhr Nachmittags die letzte Position desselben bei Custozza und Monte
vento. Daß jetzt ein Theil des dritten italienischen Corps dem ersten zu
Hilfe kam, konnte an der Sache nichts mehr ändern; denn der Erfolg der
Schlacht war schon zu vollständig, um hintertrieben werden zu können. Die
Italiener roichen in die Ebene, Durando zog seine Truppen nach Borghetto
und Monzanbano über den Mincio zurück. Er mußte zufrieden sein, daß sein
Uebergang über den Fluß an ersterem Orte durch die noch unversehrten Theile
der Armee Victor Emanuels gedeckt wurde.

Der König sah ein, wie unnütz der Versuch sein würde, sich diesseits des
Flusses zu behaupten und folgte daher dem ersten Corps sehr bald nach. Kaum
war die Nothwendigkeit des Rückzuges erkannt, so wurde auch Cialdini vor
dem Weitermarsch gewarnt, der nun die bereits fertige Brücke abbrach und den
Uebergang über den Po ststirte, was glücklicherweise ohne Unfall ausgeführt
werden konnte.

Jetzt nun ist die italienische Armee damit beschäftigt, sich am Oglio zu


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rain, auf welchem die italienische Armee sich damals entwickelte. Vom Thurm
der Schloßruine aus übersieht man, nach Osten gewendet, das Land bis an die
Mauern von Verona, zur Rechten reicht der Blick bis Mantua. dessen Zinnen
den Horizont eines endlosen Flachlandes bezeichnen, das nicht durch die geringste
Erhebung unterbrochen wird. Von links her windet sich der Mincio von
Peschiera herab durch das Hügelland, dessen Wellenlinien nordwärts am Ge¬
stade des Gardasees entlang bis zum Ufer der Etsch sich hinziehen.

In jenem Hügelgrund hatte Durando Posto gefaßt; die Ebene hielt Victor
Emanuel.

Ohne Zweifel völlig bekannt mit dieser Aufstellung mürschirten die Oest¬
reicher in der Morgendämmerung des 24. Juni in beträchtlicher Stärke aus
Verona, besetzten die wichtigen Positionen von Santa Giustina, Sona und
Sommacampagna am Saume der Höhen. JnSdem sie sich nun mit dem lin¬
ken Flügel auf letztgenannten Ort stützten, führten, sie eine Schwenkung aus,
welche sie in Stand setzte, sich nicht nur mit Macht auf Durando zu werfen,
sondern auch dem König die Stirn zu bieten, ohne jedoch zunächst seinem Vor¬
rücken Hindernisse in den Weg zu legen.

Der Erfolg ließ sich bei dieser Lage der Dinge voraussehen. DurandoS
Corps, welches vor Peschiera Aufstellung zu nehmen und sich zugleich in der
Richtung auf Sommacampagna und Castel nuovo! auszubreiten hatte, wurde
fast den ganzen Tag von einer gleichgroßen östreichischen Macht in Athem ge¬
halten, bis der Erzherzog den König weit genug hinweggelockt hatte. Dann
kam der entscheidende Moment. Durch Fortsetzung ihrer angedeuteten Schwen¬
kung trieben die Oestreicher, unterstützt durch einen Ausfall der Besatzung von
Peschiera, das durandosche Corps weiter und weiter zurück und stürmten um
fünf Uhr Nachmittags die letzte Position desselben bei Custozza und Monte
vento. Daß jetzt ein Theil des dritten italienischen Corps dem ersten zu
Hilfe kam, konnte an der Sache nichts mehr ändern; denn der Erfolg der
Schlacht war schon zu vollständig, um hintertrieben werden zu können. Die
Italiener roichen in die Ebene, Durando zog seine Truppen nach Borghetto
und Monzanbano über den Mincio zurück. Er mußte zufrieden sein, daß sein
Uebergang über den Fluß an ersterem Orte durch die noch unversehrten Theile
der Armee Victor Emanuels gedeckt wurde.

Der König sah ein, wie unnütz der Versuch sein würde, sich diesseits des
Flusses zu behaupten und folgte daher dem ersten Corps sehr bald nach. Kaum
war die Nothwendigkeit des Rückzuges erkannt, so wurde auch Cialdini vor
dem Weitermarsch gewarnt, der nun die bereits fertige Brücke abbrach und den
Uebergang über den Po ststirte, was glücklicherweise ohne Unfall ausgeführt
werden konnte.

Jetzt nun ist die italienische Armee damit beschäftigt, sich am Oglio zu


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285587/87>, abgerufen am 22.07.2024.