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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. III. Band.

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wegungen jener Tage näher vertraut sind. Die Oestreicher waren darauf vor¬
bereitet. Sie entsandten das fünfte und achte Corps (Stadion und Benedek)
auf der Straße von Verona nach Chiuso Vencto, mit dem Hauptquartier des
Grafen Stadion in S. Pietro d'Jncariano, die Vorposten in Cerano, während
Benedek vor Parona Aufstellung genommen hatte. Das siebente Corps unter
Zobel stand in Chievo, rechts der Etsch; die Communication zwischen beiden
Ufern wurde einerseits durch die mittels eines sehr starken Brückenkopfs ge¬
schützte Eisenbahnbrücke von Parona oberhalb Verona und andrerseits noch
durch eine Schiffbrücke unterhalten. -- Beim Uebergange über den Fluß
wären sonach die Verbündeten von beiden Ufern aus angegriffen worden. Aedil.
liebe Anstalten waren unterhalb Verona getroffen: das dritte Corps (Schwarzen-
berg) stand bei S. Michele, das neunte (Schafgotsch) bei Albaredo, rechtes Ufer,
während das elfte (Weigel) S. Bancrazio, ebenfalls auf dem rechten Etschufer,
besetzt hielt. Das vierte Corps hatte Weisung, von S. Bonifazio aus vor¬
zurücken.

Die Westseite Veronas erforderte keine Deckung außer derjenigen, welche
die Mauern der Stadt und die Linie der elf Forts bot, die sich hart am Paß
in Halbkreis von Tombetta bis Chievo erstrecken. Einer Unternehmung gegen
Verona mußte sonach die Bemeisterung Peschieras vorausgehen; dabei hätte
jedoch voraussichtlich eine Schlacht angenommen werden müssen. Gleichviel, ob
die Italiener diese Probe bestanden hätten oder nicht, immer waren die Schwie¬
rigkeiten für die Annäherung von Norden her weit geringer als von der West¬
seite, wo Napoleon stand. Denn die Italiener können das Volk an der obern
Etsch bis nach Noveredo und Trient hin zur Theilnahme aufrufen, die Passage
durch das Joch von Chiuso - Veneto schließen und durch ihre Scharfschützen die
östreichische Armee in die Gefahr bringen, von dem Hinterkante jenseits der
Alpen abgeschnitten zu werden.

Das alles können sie ohne Mühe thun, wenn sie genügende Streitkräfte
von Riva aus am Hange des Gardasees südlich nach Verona vorschieben.
Trotz dieser Vortheile bleibt Annäherung an das Viereck noch gefährlich genug,
besonders für eine Armee, welche sich mit ihrem Hauptcoips in die Ebene
zwischen Mantua und Verona wagt, wie es thatsächlich zu geschehen scheint.

Oestlich vom Viereck ist für die Italiener wenig zu thun außer der Occu-
pation derjenigen Landestheile, welche dem vorrückenden Gegner preisgegeben
werden müssen, wenn sich Oestreich ganz auf die Defensive beschränkt. Es ist
schon jetzt ziemlich klar, daß die kaiserlichen Truppen alles Land im Süden von
Rovigo geräumt haben.

Wenn General Cialdini. Befehlshaber der um Ferrara concentrirten Truppen,
nicht ein bloßes Beobachtungscorps führt, wie es 1869 unter dem unschuldigen
Namen der "Touristen" unter Prinz Napoleon bestand, so wird er sich nördlich


wegungen jener Tage näher vertraut sind. Die Oestreicher waren darauf vor¬
bereitet. Sie entsandten das fünfte und achte Corps (Stadion und Benedek)
auf der Straße von Verona nach Chiuso Vencto, mit dem Hauptquartier des
Grafen Stadion in S. Pietro d'Jncariano, die Vorposten in Cerano, während
Benedek vor Parona Aufstellung genommen hatte. Das siebente Corps unter
Zobel stand in Chievo, rechts der Etsch; die Communication zwischen beiden
Ufern wurde einerseits durch die mittels eines sehr starken Brückenkopfs ge¬
schützte Eisenbahnbrücke von Parona oberhalb Verona und andrerseits noch
durch eine Schiffbrücke unterhalten. — Beim Uebergange über den Fluß
wären sonach die Verbündeten von beiden Ufern aus angegriffen worden. Aedil.
liebe Anstalten waren unterhalb Verona getroffen: das dritte Corps (Schwarzen-
berg) stand bei S. Michele, das neunte (Schafgotsch) bei Albaredo, rechtes Ufer,
während das elfte (Weigel) S. Bancrazio, ebenfalls auf dem rechten Etschufer,
besetzt hielt. Das vierte Corps hatte Weisung, von S. Bonifazio aus vor¬
zurücken.

Die Westseite Veronas erforderte keine Deckung außer derjenigen, welche
die Mauern der Stadt und die Linie der elf Forts bot, die sich hart am Paß
in Halbkreis von Tombetta bis Chievo erstrecken. Einer Unternehmung gegen
Verona mußte sonach die Bemeisterung Peschieras vorausgehen; dabei hätte
jedoch voraussichtlich eine Schlacht angenommen werden müssen. Gleichviel, ob
die Italiener diese Probe bestanden hätten oder nicht, immer waren die Schwie¬
rigkeiten für die Annäherung von Norden her weit geringer als von der West¬
seite, wo Napoleon stand. Denn die Italiener können das Volk an der obern
Etsch bis nach Noveredo und Trient hin zur Theilnahme aufrufen, die Passage
durch das Joch von Chiuso - Veneto schließen und durch ihre Scharfschützen die
östreichische Armee in die Gefahr bringen, von dem Hinterkante jenseits der
Alpen abgeschnitten zu werden.

Das alles können sie ohne Mühe thun, wenn sie genügende Streitkräfte
von Riva aus am Hange des Gardasees südlich nach Verona vorschieben.
Trotz dieser Vortheile bleibt Annäherung an das Viereck noch gefährlich genug,
besonders für eine Armee, welche sich mit ihrem Hauptcoips in die Ebene
zwischen Mantua und Verona wagt, wie es thatsächlich zu geschehen scheint.

Oestlich vom Viereck ist für die Italiener wenig zu thun außer der Occu-
pation derjenigen Landestheile, welche dem vorrückenden Gegner preisgegeben
werden müssen, wenn sich Oestreich ganz auf die Defensive beschränkt. Es ist
schon jetzt ziemlich klar, daß die kaiserlichen Truppen alles Land im Süden von
Rovigo geräumt haben.

Wenn General Cialdini. Befehlshaber der um Ferrara concentrirten Truppen,
nicht ein bloßes Beobachtungscorps führt, wie es 1869 unter dem unschuldigen
Namen der „Touristen" unter Prinz Napoleon bestand, so wird er sich nördlich


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285587/49>, abgerufen am 22.07.2024.