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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. III. Band.

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' " Wenn man nach dem Umfang der gegenwärtigen wupperthaler Industrie
fragte so wird man auf eine im Jahre 1861 aufgenommene statistische Tabelle
verwiegen. Damals gab es an wirklich gehenden Webstühlen w Elberfeld 4,866
in 113 Fabriken mit 5.804 männlichen und 2,497 weiblichen Arbeitern, in
Barmer 2,918 in 104 Fabriken mit 5,239 männlichen und 1.175 weiblichen
Arbeitern, zusammen also 14,715 Arbeiter in 217 Fabriken mit 7,784 Web¬
stühlen -- Band- und Riemenmühlen eingerechnet. Der durchschnittliche Pro-
ductionswerth derselben wird von Hoette auf 10 Millionen Thaler geschätzt,
wovon beinahe 6 Millionen auf Elberfeld fallen. Indessen sind dabei nur die
im Weichbild der Stadt aufgestellten Webstuhle geschätzt, während in einem
Umkreis von drei bis sechs Stunden auch die ländliche Bevölkerung an der
fabrikmäßigen Herstellung von Wehe- und Wirkwaaren theilnimmt; obendrein
machte im Jahre 1861 grade der Bürgerkrieg in Nordamerika seine lähmenden Wir¬
kungen sowohl auf den Bezug von Baumwolle als auf den Absatz der Fabrikate
zuerst fühlbar, und endlich werden auch die Fabrikanten, aus Furcht höher be¬
steuert, zu^ werden, die statistischen Fragen der Polizei eher zu niedrig als zu
hoch beantwortet haben, --so daß der genannte Gewährsmann wohl nicht
zu viel behauptet, wenn er annimmt, daß bei regelmäßigem Geschäftsgang für
Rechnung der Fabrikherrn beider Städte die doppelte Anzahl der in den beiden
Städten befindlichen gewöhnlichen (nicht auch der mechanischen) Webstuhle. Band¬
mühlen und Riemengänge beschäftigt sei, also 13.238 statt 6.619. Danach
Würde sich der angegebene jährliche Productionswerth in Summa von 10 auf
17 Millionen steigern, die Zahl der Arbeiter auf 27.000. In andern industriellen
Thätigkeiten sind beschäftigt: in Elberfeld 3005 Arbeiter in 116 Anstalten, in
Barmer 4,389 Arbeiter in 257 Anstalten. Man kommt also auf eine Ge-
sammtzifft'r von 34--35.000 activen Arbeitskräften, die sich in den letzten fünf
Jahren leicht auf 40.000 gehoben haben mag.

, Die Bevölkerung betrug im Anfang des achtzehnten Jahrhunderts in Elber¬
feld 3.000. in Barmer 2.000. im Jahre 1815 in Elberfeld 20 000. in Barmer
10.000 Köpfe. Heute hat jede der beiden Städte 60000 oder mehr. Barmer,
dreimal so lang als Elberfeld, längs des Flusses sich hinerstrcckend, erhält eben
deswegen natürlich, seit die schmale Sohle des Thals auf den Punkten der
ersten dichteren Besiedelung einmal ausgefüllt ist, von dem jährlichen Zuwachs
den Löwenantheil, und wird Elberfeld in der Seelenzahl bald überflügelt haben.
Der wesentliche Bestandtheil der Bevölkerung beider Städte ist der industrielle.
Was sie sonst noch enthalten, ist diesem zur Befriedigung der unabweisbarsten
Lebensbedürfnisse nur eben nachgefolgt. Wie sehr jener überwiegt, ergiebt sich
aus dem Vergleich zwischen der oben gefundenen Zahl der Fabrikarbeiter beiderlei
Geschlechts, und folgenden für Barmer aus demselben Jahre 1861 ermittelten
Zahlen der übrigen Berufsstände: Beamte, Geistliche und Lehrer 240, Fabri-


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' " Wenn man nach dem Umfang der gegenwärtigen wupperthaler Industrie
fragte so wird man auf eine im Jahre 1861 aufgenommene statistische Tabelle
verwiegen. Damals gab es an wirklich gehenden Webstühlen w Elberfeld 4,866
in 113 Fabriken mit 5.804 männlichen und 2,497 weiblichen Arbeitern, in
Barmer 2,918 in 104 Fabriken mit 5,239 männlichen und 1.175 weiblichen
Arbeitern, zusammen also 14,715 Arbeiter in 217 Fabriken mit 7,784 Web¬
stühlen — Band- und Riemenmühlen eingerechnet. Der durchschnittliche Pro-
ductionswerth derselben wird von Hoette auf 10 Millionen Thaler geschätzt,
wovon beinahe 6 Millionen auf Elberfeld fallen. Indessen sind dabei nur die
im Weichbild der Stadt aufgestellten Webstuhle geschätzt, während in einem
Umkreis von drei bis sechs Stunden auch die ländliche Bevölkerung an der
fabrikmäßigen Herstellung von Wehe- und Wirkwaaren theilnimmt; obendrein
machte im Jahre 1861 grade der Bürgerkrieg in Nordamerika seine lähmenden Wir¬
kungen sowohl auf den Bezug von Baumwolle als auf den Absatz der Fabrikate
zuerst fühlbar, und endlich werden auch die Fabrikanten, aus Furcht höher be¬
steuert, zu^ werden, die statistischen Fragen der Polizei eher zu niedrig als zu
hoch beantwortet haben, —so daß der genannte Gewährsmann wohl nicht
zu viel behauptet, wenn er annimmt, daß bei regelmäßigem Geschäftsgang für
Rechnung der Fabrikherrn beider Städte die doppelte Anzahl der in den beiden
Städten befindlichen gewöhnlichen (nicht auch der mechanischen) Webstuhle. Band¬
mühlen und Riemengänge beschäftigt sei, also 13.238 statt 6.619. Danach
Würde sich der angegebene jährliche Productionswerth in Summa von 10 auf
17 Millionen steigern, die Zahl der Arbeiter auf 27.000. In andern industriellen
Thätigkeiten sind beschäftigt: in Elberfeld 3005 Arbeiter in 116 Anstalten, in
Barmer 4,389 Arbeiter in 257 Anstalten. Man kommt also auf eine Ge-
sammtzifft'r von 34—35.000 activen Arbeitskräften, die sich in den letzten fünf
Jahren leicht auf 40.000 gehoben haben mag.

, Die Bevölkerung betrug im Anfang des achtzehnten Jahrhunderts in Elber¬
feld 3.000. in Barmer 2.000. im Jahre 1815 in Elberfeld 20 000. in Barmer
10.000 Köpfe. Heute hat jede der beiden Städte 60000 oder mehr. Barmer,
dreimal so lang als Elberfeld, längs des Flusses sich hinerstrcckend, erhält eben
deswegen natürlich, seit die schmale Sohle des Thals auf den Punkten der
ersten dichteren Besiedelung einmal ausgefüllt ist, von dem jährlichen Zuwachs
den Löwenantheil, und wird Elberfeld in der Seelenzahl bald überflügelt haben.
Der wesentliche Bestandtheil der Bevölkerung beider Städte ist der industrielle.
Was sie sonst noch enthalten, ist diesem zur Befriedigung der unabweisbarsten
Lebensbedürfnisse nur eben nachgefolgt. Wie sehr jener überwiegt, ergiebt sich
aus dem Vergleich zwischen der oben gefundenen Zahl der Fabrikarbeiter beiderlei
Geschlechts, und folgenden für Barmer aus demselben Jahre 1861 ermittelten
Zahlen der übrigen Berufsstände: Beamte, Geistliche und Lehrer 240, Fabri-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285587/289>, abgerufen am 22.07.2024.