Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. III. Band.Wie bei jeder menschlichen Arbeit, gilt auch in der Politik, Volt und warm Der leidenschaftlich aufgeregten Theilnahme erscheint bereits unerträglich, die Aber wer die Stimmungen in den außerpreußischen Ländern zunächst nörd¬ Wie bei jeder menschlichen Arbeit, gilt auch in der Politik, Volt und warm Der leidenschaftlich aufgeregten Theilnahme erscheint bereits unerträglich, die Aber wer die Stimmungen in den außerpreußischen Ländern zunächst nörd¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0224" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/285812"/> <p xml:id="ID_671"> Wie bei jeder menschlichen Arbeit, gilt auch in der Politik, Volt und warm<lb/> zu thun, was man beginnt. Es ist jetzt unnütz geworden, den Weg zu kritisiren,<lb/> auf welchem wir zu den böhmischen Schlachtfeldern und zum Frieden gekommen<lb/> sind*wir vermögen an der Richtung, welche die preußische Politik für Deutsch¬<lb/> land eingeschlagen hat. in der Hauptsache nichts zu ändern, aber wir vermögen<lb/> diese Politik zum allgemeinen Besten zu fördern. Unsere Aufgabe ist jetzt, dies<lb/> mit Eifer und Hingabe zu thun. Was der Frieden festsetzt, den wir nicht dic-<lb/> tiren und nicht beeinflussen, muß die Grundlage werden für jede fernere Thätig¬<lb/> keit der nationalen Partei. Und solche Thätigkeit ist jetzt nur möglich, wenn<lb/> wir die uns sichtbaren Zielpunkte Preußens unterstützen, und wenn wir uns die<lb/> Beschränkungen gefallen lassen, welche sie zur Zeit unsern Wünschen auferlegt.<lb/> Uns bleibt in Wahrheit keine Wahl, als im Sinne und im möglichsten Ein¬<lb/> vernehmen mit Preußen zu handeln, und wo wir Wunsch und Forderung er¬<lb/> heben müssen, darüber zunächst mit der preußischen Regierung Verständigung<lb/> zu suchen. Unsere Mitwirkung vermögen wir jetzt nach zwei Richtungen zu<lb/> erweisen, in den Parlamentswahlen und in unserer Haltung gegen die süd¬<lb/> deutschen Nachbarn.</p><lb/> <p xml:id="ID_672"> Der leidenschaftlich aufgeregten Theilnahme erscheint bereits unerträglich, die<lb/> Hand in den Schoß zu legen und schweigend dazusitzen, während über Gegen¬<lb/> wart und Zukunft entschieden wird. Wir wissen nicht, welche Erwartungen<lb/> Graf Bismarck von der Volksvertretung des neuen Bundesstaats hegt und<lb/> welch« Aufgabe er ihr dabei zutheilt. Hier und da wird von officiellen Blättern<lb/> gemeldet, daß Vorbereitungen für die Wahlen im Gange sind, und wohl nicht<lb/> ohne Absicht wird daraus hingewiesen, daß in dem Parlament auch das Volk<lb/> seinen Antheil an der Neugestaltung Deutschlands erhalten solle. Deshalb ist<lb/> in Wahrheit sehr wünschenswerth, daß überall nicht nur von der Administra¬<lb/> tion, noch mehr von der nationalen Partei die stille Vorbereitung zu den Wah¬<lb/> len getroffen werde.</p><lb/> <p xml:id="ID_673" next="#ID_674"> Aber wer die Stimmungen in den außerpreußischen Ländern zunächst nörd¬<lb/> lich vom Main unbefangen mustert, der wird sich ernster Bedenken nicht ent-<lb/> schlagen über die Resultate solcher Wahlen, welche 'schon in den nächsten Wochen<lb/> erfolgen sollten. Vor dem Kriege fluthete die öffentliche Meinung stark gegen<lb/> Preußen, wenigstens gegen das herrschende System, die innern Conflicte des<lb/> Staates boten allen Particulartendenzen willkommene Handhabe zur Verurthei-<lb/> lung des ganzen Staatsbaus. Und sehr behaglich war dem Bewohner eines<lb/> politischen Kleinhans die Annahme, daß seinem Nachbar im großen Hause die<lb/> Wände geborsten wären und der Regen durch das zerstörte Dach in das Lager<lb/> rinne. Gern hörte er, daß es in seinem engen Hause besser sei. Denn seit den<lb/> Erfahrungen des Jahres 1848 waren die Regierungen klug' beflissen, einen<lb/> LocalpatrivtiSmus groß zu ziehen. Jede Gelegenheit wurde benutzt, sich dem Bür-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0224]
Wie bei jeder menschlichen Arbeit, gilt auch in der Politik, Volt und warm
zu thun, was man beginnt. Es ist jetzt unnütz geworden, den Weg zu kritisiren,
auf welchem wir zu den böhmischen Schlachtfeldern und zum Frieden gekommen
sind*wir vermögen an der Richtung, welche die preußische Politik für Deutsch¬
land eingeschlagen hat. in der Hauptsache nichts zu ändern, aber wir vermögen
diese Politik zum allgemeinen Besten zu fördern. Unsere Aufgabe ist jetzt, dies
mit Eifer und Hingabe zu thun. Was der Frieden festsetzt, den wir nicht dic-
tiren und nicht beeinflussen, muß die Grundlage werden für jede fernere Thätig¬
keit der nationalen Partei. Und solche Thätigkeit ist jetzt nur möglich, wenn
wir die uns sichtbaren Zielpunkte Preußens unterstützen, und wenn wir uns die
Beschränkungen gefallen lassen, welche sie zur Zeit unsern Wünschen auferlegt.
Uns bleibt in Wahrheit keine Wahl, als im Sinne und im möglichsten Ein¬
vernehmen mit Preußen zu handeln, und wo wir Wunsch und Forderung er¬
heben müssen, darüber zunächst mit der preußischen Regierung Verständigung
zu suchen. Unsere Mitwirkung vermögen wir jetzt nach zwei Richtungen zu
erweisen, in den Parlamentswahlen und in unserer Haltung gegen die süd¬
deutschen Nachbarn.
Der leidenschaftlich aufgeregten Theilnahme erscheint bereits unerträglich, die
Hand in den Schoß zu legen und schweigend dazusitzen, während über Gegen¬
wart und Zukunft entschieden wird. Wir wissen nicht, welche Erwartungen
Graf Bismarck von der Volksvertretung des neuen Bundesstaats hegt und
welch« Aufgabe er ihr dabei zutheilt. Hier und da wird von officiellen Blättern
gemeldet, daß Vorbereitungen für die Wahlen im Gange sind, und wohl nicht
ohne Absicht wird daraus hingewiesen, daß in dem Parlament auch das Volk
seinen Antheil an der Neugestaltung Deutschlands erhalten solle. Deshalb ist
in Wahrheit sehr wünschenswerth, daß überall nicht nur von der Administra¬
tion, noch mehr von der nationalen Partei die stille Vorbereitung zu den Wah¬
len getroffen werde.
Aber wer die Stimmungen in den außerpreußischen Ländern zunächst nörd¬
lich vom Main unbefangen mustert, der wird sich ernster Bedenken nicht ent-
schlagen über die Resultate solcher Wahlen, welche 'schon in den nächsten Wochen
erfolgen sollten. Vor dem Kriege fluthete die öffentliche Meinung stark gegen
Preußen, wenigstens gegen das herrschende System, die innern Conflicte des
Staates boten allen Particulartendenzen willkommene Handhabe zur Verurthei-
lung des ganzen Staatsbaus. Und sehr behaglich war dem Bewohner eines
politischen Kleinhans die Annahme, daß seinem Nachbar im großen Hause die
Wände geborsten wären und der Regen durch das zerstörte Dach in das Lager
rinne. Gern hörte er, daß es in seinem engen Hause besser sei. Denn seit den
Erfahrungen des Jahres 1848 waren die Regierungen klug' beflissen, einen
LocalpatrivtiSmus groß zu ziehen. Jede Gelegenheit wurde benutzt, sich dem Bür-
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