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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. III. Band.

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Äußerlichkeit derselben, -- der "ihnen in den Rechten anklebenden Jnalie-
nabilität", wie das Edict vom 13. August 1713 sagt, ziemlich streng festgehalten;
-- im Gegensatz hierzu aber bei der Reorganisation der Staatsverwaltung nach
dem Frieden von Tilsit im § 64 Alinea s, der Regierungsinstruction vom 26. De¬
cember 1808 als Ziel aufgestellt, daß dieselben "gegen angemessene Entschädigung
allmälig in ein erbliches, möglichst freies und unwiderrufbares Privatbesttzthum
verwandelt" werden sollten. Ebenso bestimmt das Hausgesetz vom 17. December
1808, daß darüber, ob die Veräußerung der damals dem preußischen Staate
zugehörenden Domänen nothwendig oder vortheilhaft sei, "nur die Bedürfnisse
des Staats und die Grundsätze einer vernünftigen Staatswirthschaft" ent¬
scheiden sollen, und dieselbe Vorschrift enthält in Betreff der Domänen in den
neuen und wiedererworbenen Landestheilen der § 3 der Verordnung vom 9. März
1819, welcher den Verkauf der Domainen "mit staatswirthschaftlicher Rücksicht
auf bleibende Vortheile für den Staat" für zulässig erklärt. Im Art. 3 und
7 des Gesetzes vom 17. Januar 1820 wurden alsdann die sämmtlichen Do¬
mänen nebst den Forsten und säcularisirten Gütern für die in dem Etat von
1820 mit 180,091,720 Thlr. 10 Sgr. ausgenommenen Staatsschulden ver-
pfändet; und im Art. 7 pos. 2 der Erlös aus dem Verkauf der Domanial-
güter dem Fonds zur Verzinsung und Tilgung dieser Staatsschulden überwiesen.

In welchem Umfange derartige Veräußerungen von Domänengütern statt¬
gefunden haben, läßt sich jetzt nicht mehr mit Bestimmtheit ermitteln; erst seit
der Einführung der Finanzcontrole durch die Landesvertretung ist eine genauere
Uebersicht möglich. Man nimmt in der Regel auf Grund des seit dem Jahre
1820 veröffentlichten Staatshaushaltsetats an, daß von 1820 ab jährlich ein
Ertrag von einer Million Thaler aus dem Verkaufe von Domänen und Forsten
und aus den Ablösungen d<r Domamalgefälle erzielt worden, und daß hiervon
etwa die Hälfte auf die Veräußerung von eigentlichen Domänengütern gerechnet
wer-den müsse, so daß sich der Werth des Domänenbesitzes des Staats von
1820 bis 1849 um etwa 16 Millionen Thaler vermindert habe. Für die Zeit
vor 1820 ist auch eine überschlägliche Berechnung nicht möglich, da der Umfang
der bis dahin namentlich nach den Freiheitskriegen an verdiente Generale viel¬
fach stattgefundenen Domänenschenkungm (welche "Donationen" definitiv erst
durch das Gesetz vom 9. März 1819 untersagt wurden), sowie der sonstigen
Veräußerungen nicht bekannt geworden ist. Seit dem Jahre 1849 bis 1862
inklusive sind 62 Güter mit in Summa 128.673 Morgen veräußert worden;
der Ertrag aus diesen Verkäufen belief sich in den fünf Jahren 1860 bis 1864
auf 2.246,294V, Thlr., in dem Jahre 1862 allein aus 732.084 Thlr. 8 Sgr.;
für das Jahr 1866 ist in dem Entwurf zum Staatshaushaltsetat 5er Erlös
für derartige Veräußerungen auf 323,600 Thlr. veranschlagt worden. Dennoch
ist der DomänenbeM des preußischen Staats noch sehr bedeutend, indem der-


Äußerlichkeit derselben, — der „ihnen in den Rechten anklebenden Jnalie-
nabilität", wie das Edict vom 13. August 1713 sagt, ziemlich streng festgehalten;
— im Gegensatz hierzu aber bei der Reorganisation der Staatsverwaltung nach
dem Frieden von Tilsit im § 64 Alinea s, der Regierungsinstruction vom 26. De¬
cember 1808 als Ziel aufgestellt, daß dieselben „gegen angemessene Entschädigung
allmälig in ein erbliches, möglichst freies und unwiderrufbares Privatbesttzthum
verwandelt" werden sollten. Ebenso bestimmt das Hausgesetz vom 17. December
1808, daß darüber, ob die Veräußerung der damals dem preußischen Staate
zugehörenden Domänen nothwendig oder vortheilhaft sei, „nur die Bedürfnisse
des Staats und die Grundsätze einer vernünftigen Staatswirthschaft" ent¬
scheiden sollen, und dieselbe Vorschrift enthält in Betreff der Domänen in den
neuen und wiedererworbenen Landestheilen der § 3 der Verordnung vom 9. März
1819, welcher den Verkauf der Domainen „mit staatswirthschaftlicher Rücksicht
auf bleibende Vortheile für den Staat" für zulässig erklärt. Im Art. 3 und
7 des Gesetzes vom 17. Januar 1820 wurden alsdann die sämmtlichen Do¬
mänen nebst den Forsten und säcularisirten Gütern für die in dem Etat von
1820 mit 180,091,720 Thlr. 10 Sgr. ausgenommenen Staatsschulden ver-
pfändet; und im Art. 7 pos. 2 der Erlös aus dem Verkauf der Domanial-
güter dem Fonds zur Verzinsung und Tilgung dieser Staatsschulden überwiesen.

In welchem Umfange derartige Veräußerungen von Domänengütern statt¬
gefunden haben, läßt sich jetzt nicht mehr mit Bestimmtheit ermitteln; erst seit
der Einführung der Finanzcontrole durch die Landesvertretung ist eine genauere
Uebersicht möglich. Man nimmt in der Regel auf Grund des seit dem Jahre
1820 veröffentlichten Staatshaushaltsetats an, daß von 1820 ab jährlich ein
Ertrag von einer Million Thaler aus dem Verkaufe von Domänen und Forsten
und aus den Ablösungen d<r Domamalgefälle erzielt worden, und daß hiervon
etwa die Hälfte auf die Veräußerung von eigentlichen Domänengütern gerechnet
wer-den müsse, so daß sich der Werth des Domänenbesitzes des Staats von
1820 bis 1849 um etwa 16 Millionen Thaler vermindert habe. Für die Zeit
vor 1820 ist auch eine überschlägliche Berechnung nicht möglich, da der Umfang
der bis dahin namentlich nach den Freiheitskriegen an verdiente Generale viel¬
fach stattgefundenen Domänenschenkungm (welche „Donationen" definitiv erst
durch das Gesetz vom 9. März 1819 untersagt wurden), sowie der sonstigen
Veräußerungen nicht bekannt geworden ist. Seit dem Jahre 1849 bis 1862
inklusive sind 62 Güter mit in Summa 128.673 Morgen veräußert worden;
der Ertrag aus diesen Verkäufen belief sich in den fünf Jahren 1860 bis 1864
auf 2.246,294V, Thlr., in dem Jahre 1862 allein aus 732.084 Thlr. 8 Sgr.;
für das Jahr 1866 ist in dem Entwurf zum Staatshaushaltsetat 5er Erlös
für derartige Veräußerungen auf 323,600 Thlr. veranschlagt worden. Dennoch
ist der DomänenbeM des preußischen Staats noch sehr bedeutend, indem der-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285587/125>, abgerufen am 25.08.2024.