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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band.

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übergegangen. Vielleicht mehr als in einer späteren Periode, wo sie jene damals
noch fehlende gesetzliche Basis erhallen hat. Der Verkehr zwischen den Angehörigen
beider Confessionen our in dem halb protestantischen halb katholischen Franken
der friedlichste und freundlichste, und um die Toleranz noch weiter auszudehnen,
trat auch noch das jüdische Element hinzu als ein sehr bedeutender Bestand¬
theil der ländlichen Bevölkerung, nicht der städtischen, wie man es in den meisten
andern Theilen Deutschlands allein zu sehen und auch zu dulden gewohnt ist. Ader
jede Anmaßung von der Seite der katholischen Kirche, mochte sie ihn selbst per¬
sönlich oder das Allgemeine berühren , wies er mit feurigster Entschiedenheit zurück.
Alles was in die. jetzt leider wieder so stark vertretene Rubrik der pfäffischen
Uebergriffe und Umtriebe gehört, war ihm ein Gegenstand des tiefsten Zornes
und Kummers. Denn wenn er auch nach seiner ganzen Denkun.^.n't viel zu sehr
von der Macht der Wahrheit und des Lichtes und ihrem Siege über Verwirrung
und Verfinsterung des Geistes überzeugt war. als das, er einen völligen Rück-
fall w die alte Nacht befürchtet hätte, so machten ihn manche Zeichen der Zeit
doch sehr bedenklich. Er hielt es nicht für undenkbar, daß der künstlich ange¬
sachte Fanatismus einen zweiten dreißigjährigen Krieg zu entzünden im Stande
su; daß er es unbedenklich thun werde, wenn er es nur könnte, war ihm trotz
seiner sonstigen Milde in der Beurtheilung der Menschen und Dinge unum¬
stößlich gewiß.

Ebenso wenig aber wollte er die confessionelle Exclusivität gewisser prote¬
stantischer Richtungen gelten lasse", die namentlich in Erlangen ihn sehr nahe
berührten. Denn manche seiner liebsten dortigen Freunde gehörten, wie allgemein
bekannt, einer fälschlich pietistisch genannten Partei an, die damals grade im
Begriffe stand sich die Herrschaft in der protestantischen Landeskirche Bayerns
gleichviel durch welche Mittel zu erobern. Der Bund mit dem geschworenen
Feinde alles Protestantismus, der ultramontanen Partei und ihrem damaligen
sichtbaren Haupte und allmächtigen Lenker des Staates. Abel. gehörte in den
Bereich dieser protestantischen Parteitaktik. Er vermied keine Gelegenheit, um
unverholen seine Einwendungen, ja seinen Abscheu gegen eine solche ihm unnatür¬
lich erscheinende Allianz auszusprechen. Und wenn er auch nach seiner Gemüthsart
den menschlichen Werth derer, die so etwas unternahmen, nickt .von ihrer ver¬
kehrten Politik unbedingt abhängig machte und namentlich die Zuneigung zu
alten Freunden nicht aus seinem Herzen verschwinden ließ, wenn sie ihm auch
als Finsterlinge bedenklich wurden, so stellte sich doch begreiflich eine gewisse
Spannung zwischen ihm und jenen ein. Sie ist niemals bis zu einem offenen
Bruche gediehen. Daran war den Andern ebenso wenig gelegen, wie er selbst
dazu geneigt war. Auch dadurch fielen einige und zwar nicht unbedeutende
Schatten auf seine erlanger Periode. Sonst gefiel er sich, wie schon bemerkt,
an dem Orte, in der Landschaft und unter seinem nächsten Kreise von Collegen


übergegangen. Vielleicht mehr als in einer späteren Periode, wo sie jene damals
noch fehlende gesetzliche Basis erhallen hat. Der Verkehr zwischen den Angehörigen
beider Confessionen our in dem halb protestantischen halb katholischen Franken
der friedlichste und freundlichste, und um die Toleranz noch weiter auszudehnen,
trat auch noch das jüdische Element hinzu als ein sehr bedeutender Bestand¬
theil der ländlichen Bevölkerung, nicht der städtischen, wie man es in den meisten
andern Theilen Deutschlands allein zu sehen und auch zu dulden gewohnt ist. Ader
jede Anmaßung von der Seite der katholischen Kirche, mochte sie ihn selbst per¬
sönlich oder das Allgemeine berühren , wies er mit feurigster Entschiedenheit zurück.
Alles was in die. jetzt leider wieder so stark vertretene Rubrik der pfäffischen
Uebergriffe und Umtriebe gehört, war ihm ein Gegenstand des tiefsten Zornes
und Kummers. Denn wenn er auch nach seiner ganzen Denkun.^.n't viel zu sehr
von der Macht der Wahrheit und des Lichtes und ihrem Siege über Verwirrung
und Verfinsterung des Geistes überzeugt war. als das, er einen völligen Rück-
fall w die alte Nacht befürchtet hätte, so machten ihn manche Zeichen der Zeit
doch sehr bedenklich. Er hielt es nicht für undenkbar, daß der künstlich ange¬
sachte Fanatismus einen zweiten dreißigjährigen Krieg zu entzünden im Stande
su; daß er es unbedenklich thun werde, wenn er es nur könnte, war ihm trotz
seiner sonstigen Milde in der Beurtheilung der Menschen und Dinge unum¬
stößlich gewiß.

Ebenso wenig aber wollte er die confessionelle Exclusivität gewisser prote¬
stantischer Richtungen gelten lasse», die namentlich in Erlangen ihn sehr nahe
berührten. Denn manche seiner liebsten dortigen Freunde gehörten, wie allgemein
bekannt, einer fälschlich pietistisch genannten Partei an, die damals grade im
Begriffe stand sich die Herrschaft in der protestantischen Landeskirche Bayerns
gleichviel durch welche Mittel zu erobern. Der Bund mit dem geschworenen
Feinde alles Protestantismus, der ultramontanen Partei und ihrem damaligen
sichtbaren Haupte und allmächtigen Lenker des Staates. Abel. gehörte in den
Bereich dieser protestantischen Parteitaktik. Er vermied keine Gelegenheit, um
unverholen seine Einwendungen, ja seinen Abscheu gegen eine solche ihm unnatür¬
lich erscheinende Allianz auszusprechen. Und wenn er auch nach seiner Gemüthsart
den menschlichen Werth derer, die so etwas unternahmen, nickt .von ihrer ver¬
kehrten Politik unbedingt abhängig machte und namentlich die Zuneigung zu
alten Freunden nicht aus seinem Herzen verschwinden ließ, wenn sie ihm auch
als Finsterlinge bedenklich wurden, so stellte sich doch begreiflich eine gewisse
Spannung zwischen ihm und jenen ein. Sie ist niemals bis zu einem offenen
Bruche gediehen. Daran war den Andern ebenso wenig gelegen, wie er selbst
dazu geneigt war. Auch dadurch fielen einige und zwar nicht unbedeutende
Schatten auf seine erlanger Periode. Sonst gefiel er sich, wie schon bemerkt,
an dem Orte, in der Landschaft und unter seinem nächsten Kreise von Collegen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285025/91>, abgerufen am 01.09.2024.