Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band.Wunderhorn" heißt es: "Schlimm Leut sind die Studenten, man sagt's überall.- "Nichts ist vor ihnen sicher, keine Henne, keine Taube, Als wären's erschaffen zum Plündern und Raube, Darf ihnen kein' Gans auf die Wiesen 'naus trauen, Studenten thun ihr gleich den Kragen weghauen. Studenten im Wirthshaus sind aus der Weis frisch, Sie brauchen allein einen großmächtigen Tisch, Sie sausen und schreien als gehört' das Haus ihn'n, Und saufen und schreien sich blitzblau und grün. Bald reden's lapodcinisch, ich kann's nicht versteh", Doch ist's leicht zu rathen, aus uns muß es gehn; Bald tanzen's und springen's und Hüpfen's am Fleck Und nehmen den Knechten den Tanzboden weg. Und schmeißen die Knecht' sie auch alle heraus, So laufen's wie die Maus' auf die Straßen hinaus Und machen ein Haufen und grausam Gefecht Und hauen und stechen und schreien erst recht." Manches in dem, was uns Heyder und Meyfart berichteten, kann über¬ Fast in jedem Jahr kam es auf den Universitäten vor, daß einige Stu¬ Wunderhorn" heißt es: „Schlimm Leut sind die Studenten, man sagt's überall.- „Nichts ist vor ihnen sicher, keine Henne, keine Taube, Als wären's erschaffen zum Plündern und Raube, Darf ihnen kein' Gans auf die Wiesen 'naus trauen, Studenten thun ihr gleich den Kragen weghauen. Studenten im Wirthshaus sind aus der Weis frisch, Sie brauchen allein einen großmächtigen Tisch, Sie sausen und schreien als gehört' das Haus ihn'n, Und saufen und schreien sich blitzblau und grün. Bald reden's lapodcinisch, ich kann's nicht versteh«, Doch ist's leicht zu rathen, aus uns muß es gehn; Bald tanzen's und springen's und Hüpfen's am Fleck Und nehmen den Knechten den Tanzboden weg. Und schmeißen die Knecht' sie auch alle heraus, So laufen's wie die Maus' auf die Straßen hinaus Und machen ein Haufen und grausam Gefecht Und hauen und stechen und schreien erst recht." Manches in dem, was uns Heyder und Meyfart berichteten, kann über¬ Fast in jedem Jahr kam es auf den Universitäten vor, daß einige Stu¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0461" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/285489"/> <p xml:id="ID_1395" prev="#ID_1394"> Wunderhorn" heißt es: „Schlimm Leut sind die Studenten, man sagt's überall.-<lb/> Sie kommen mit Degen und Büchsen und scheeren das Dorf jämmerlich, lassen<lb/> den Bauern Pulverfrösche aufs Strohdach hüpfen, ketten ihnen die Hunde los<lb/> und schießen diese dann todt, zertreten ihnen die Aecker, reiten ihnen die Pferde<lb/> auf der Weide zu Schanden, zerbrechen die Zäune, dringen in die Gärten,<lb/> Plündern die Aepfelbäume und treiben allerhand andern Unfug.</p><lb/> <lg xml:id="POEMID_25" type="poem"> <l> „Nichts ist vor ihnen sicher, keine Henne, keine Taube,<lb/> Als wären's erschaffen zum Plündern und Raube,<lb/> Darf ihnen kein' Gans auf die Wiesen 'naus trauen,<lb/> Studenten thun ihr gleich den Kragen weghauen.</l> <l> Studenten im Wirthshaus sind aus der Weis frisch,<lb/> Sie brauchen allein einen großmächtigen Tisch,<lb/> Sie sausen und schreien als gehört' das Haus ihn'n,<lb/> Und saufen und schreien sich blitzblau und grün.</l> <l> Bald reden's lapodcinisch, ich kann's nicht versteh«,<lb/> Doch ist's leicht zu rathen, aus uns muß es gehn;<lb/> Bald tanzen's und springen's und Hüpfen's am Fleck<lb/> Und nehmen den Knechten den Tanzboden weg.</l> <l> Und schmeißen die Knecht' sie auch alle heraus,<lb/> So laufen's wie die Maus' auf die Straßen hinaus<lb/> Und machen ein Haufen und grausam Gefecht<lb/> Und hauen und stechen und schreien erst recht."</l> </lg><lb/> <p xml:id="ID_1396"> Manches in dem, was uns Heyder und Meyfart berichteten, kann über¬<lb/> trieben erscheinen. Die Universitätschroniken aber zeigen, daß die Klagen dieser<lb/> Sittenprediger durchweg begründet waren. Die Unbotmäßigfeit und Raufsucht<lb/> der Studenten war nicht blos während des großen Kriegs, sondern noch lange<lb/> nach demselben wahrhaft ungeheuerlich.</p><lb/> <p xml:id="ID_1397" next="#ID_1398"> Fast in jedem Jahr kam es auf den Universitäten vor, daß einige Stu¬<lb/> denten im Duell auf dem Platze blieben. Ein Fall der Art, der 1621 in<lb/> Wittenberg stattfand, veranlaßte den dortigen Professor Balduin zu einer Straf¬<lb/> rede „Vom Balgen". Zwei Duelle mit tödtlichem Ausgang ereigneten sich 1661<lb/> in Jena. Die Mandate gegen solche Händel halfen trotz ihrer Strenge nichts.<lb/> Obwohl Tödtung eines Andern im Zweikampf von dem kurfürstlich-branden¬<lb/> burgischen Duell-Edict des 6. August 1688 wie von mehren dieser Erlasse in<lb/> andern deutschen Ländern an dem Thäter, wenn er vom Adel mit dem Schwerte,<lb/> wenn er bürgerlicher Herkunft mit dem Galgen gestraft werden sollte, wurden<lb/> w Halle noch im letzten Decennium des Jahrhunderts eine Anzahl Duellanten<lb/> (1694 der Leipziger Jacob Springer von dem Studiosus der Theologie Pfeiffer</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0461]
Wunderhorn" heißt es: „Schlimm Leut sind die Studenten, man sagt's überall.-
Sie kommen mit Degen und Büchsen und scheeren das Dorf jämmerlich, lassen
den Bauern Pulverfrösche aufs Strohdach hüpfen, ketten ihnen die Hunde los
und schießen diese dann todt, zertreten ihnen die Aecker, reiten ihnen die Pferde
auf der Weide zu Schanden, zerbrechen die Zäune, dringen in die Gärten,
Plündern die Aepfelbäume und treiben allerhand andern Unfug.
„Nichts ist vor ihnen sicher, keine Henne, keine Taube,
Als wären's erschaffen zum Plündern und Raube,
Darf ihnen kein' Gans auf die Wiesen 'naus trauen,
Studenten thun ihr gleich den Kragen weghauen. Studenten im Wirthshaus sind aus der Weis frisch,
Sie brauchen allein einen großmächtigen Tisch,
Sie sausen und schreien als gehört' das Haus ihn'n,
Und saufen und schreien sich blitzblau und grün. Bald reden's lapodcinisch, ich kann's nicht versteh«,
Doch ist's leicht zu rathen, aus uns muß es gehn;
Bald tanzen's und springen's und Hüpfen's am Fleck
Und nehmen den Knechten den Tanzboden weg. Und schmeißen die Knecht' sie auch alle heraus,
So laufen's wie die Maus' auf die Straßen hinaus
Und machen ein Haufen und grausam Gefecht
Und hauen und stechen und schreien erst recht."
Manches in dem, was uns Heyder und Meyfart berichteten, kann über¬
trieben erscheinen. Die Universitätschroniken aber zeigen, daß die Klagen dieser
Sittenprediger durchweg begründet waren. Die Unbotmäßigfeit und Raufsucht
der Studenten war nicht blos während des großen Kriegs, sondern noch lange
nach demselben wahrhaft ungeheuerlich.
Fast in jedem Jahr kam es auf den Universitäten vor, daß einige Stu¬
denten im Duell auf dem Platze blieben. Ein Fall der Art, der 1621 in
Wittenberg stattfand, veranlaßte den dortigen Professor Balduin zu einer Straf¬
rede „Vom Balgen". Zwei Duelle mit tödtlichem Ausgang ereigneten sich 1661
in Jena. Die Mandate gegen solche Händel halfen trotz ihrer Strenge nichts.
Obwohl Tödtung eines Andern im Zweikampf von dem kurfürstlich-branden¬
burgischen Duell-Edict des 6. August 1688 wie von mehren dieser Erlasse in
andern deutschen Ländern an dem Thäter, wenn er vom Adel mit dem Schwerte,
wenn er bürgerlicher Herkunft mit dem Galgen gestraft werden sollte, wurden
w Halle noch im letzten Decennium des Jahrhunderts eine Anzahl Duellanten
(1694 der Leipziger Jacob Springer von dem Studiosus der Theologie Pfeiffer
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