Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band.Nation", der Historiograph Franz Palazky. machte die Geschichte zurecht, wo es Hatten die Tschechen dem Diplom vom 20. October 1859 zugejubelt, weil Den Höhepunkt haben die Ereignisse im verlaufenen Winter erlangt und Die Minorität der Deutschen bekundete sich zunächst in der Adreßdebatte. ") Wir betonen hier nochmals, daß es namentlich jene aus deutschem Blute entsprossenen
'""Nqen find, welche dazu beitragen, daß unserer Nationalität die tiefsten Wunden in Böhmen "gen werden. Für jene Herren sind eben nur Standesinteressen maßgebend. Die All- Nation", der Historiograph Franz Palazky. machte die Geschichte zurecht, wo es Hatten die Tschechen dem Diplom vom 20. October 1859 zugejubelt, weil Den Höhepunkt haben die Ereignisse im verlaufenen Winter erlangt und Die Minorität der Deutschen bekundete sich zunächst in der Adreßdebatte. ") Wir betonen hier nochmals, daß es namentlich jene aus deutschem Blute entsprossenen
'""Nqen find, welche dazu beitragen, daß unserer Nationalität die tiefsten Wunden in Böhmen "gen werden. Für jene Herren sind eben nur Standesinteressen maßgebend. Die All- <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0309" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/285337"/> <p xml:id="ID_903" prev="#ID_902"> Nation", der Historiograph Franz Palazky. machte die Geschichte zurecht, wo es<lb/> für die tschechischen Zwecke ersprießlich schien.</p><lb/> <p xml:id="ID_904"> Hatten die Tschechen dem Diplom vom 20. October 1859 zugejubelt, weil<lb/> es Böhmen, wenn auch keine politischen Freiheiten, so doch eine Autonomie<lb/> verlieh, so ergrimmten sie desto heftiger gegen die Verfassung vom 26. Februar<lb/> 1860, in der sie die Centralisirung, die Herrschaft der Deutschen und die Ver¬<lb/> gewaltigung ihrer Nationalität erblickten. Sie führten nun die Opposition<lb/> gegen das Ministerium Schmerling im Landtage und Reichsrathe consequent<lb/> durch und beruhigten sich erst wieder, als Belcredi mit dem Septembermanifest<lb/> des verflossenen Jahres auftrat. Während dieser ganzen Zeit und noch jetzt ist<lb/> es ihr Bestreben, die Ungarn zu copircn, und ein verantwortliches Ministerium<lb/> für die zur „Krone Böhmen" gehörigen Länder bleibt ihr höchster Wunsch.<lb/> Der Haß gegen das Deutschthum nahm in dem Maß zu, je mehr die Deutschen<lb/> als Partei erstarkten und den tschechischen Wünschen auf politischem Gebiete<lb/> den Weg verlegten. Seit 1860 tobt nun der Hader im erhöhten Maße, und<lb/> die Kluft erweitert sich immer mehr. Die Deutschen streiten in erster Linie für<lb/> die Sache der Freiheit und des Fortschrittes, dann für ein Gesammtöstreich und<lb/> für ihr Volksthum. Die Tschechen dagegen stellen ihre Nationalität über alles<lb/> und in erster Linie hin, dann erst verlangen sie, was damit im Zusammen¬<lb/> hange steht, die Autonomie des Landes; hinterher kommen die fortschrittlichen<lb/> Tendenzen gehinkt und ganz zuletzt in weiter Ferne — Oestreich. Am besten<lb/> charakterisirt ihr Parteitreiben jedoch das Compagniegeschäft mit der feudalen<lb/> Adelspartei, gegenüber welcher sie in einen wahrhaft erbärmlichen Servilismus<lb/> verfallen sind, mit der sie durch Dick und Dünn gehen, und der sie sich durch ein<lb/> Compromiß förmlich verkauft haben. Sie stimmen für alle junkerlichen Pläne,<lb/> um dafür der Stimmen der Tones sicher zu sein, wo es sich darum handelt,<lb/> den Deutschen einen Schlag zu versetzen.</p><lb/> <p xml:id="ID_905"> Den Höhepunkt haben die Ereignisse im verlaufenen Winter erlangt und<lb/> die Ergebnisse des Landtages, auf die wir jetzt eingehen, sind für daS Deutsch,<lb/> thun Böhmens sowohl als für die allgemeine Sache der Cultur sehr be¬<lb/> trübender Art gewesen.</p><lb/> <p xml:id="ID_906" next="#ID_907"> Die Minorität der Deutschen bekundete sich zunächst in der Adreßdebatte.<lb/> Tschechen und Feudale drangen mit ihrem Danke an den Kaiser für das Sep-<lb/> tcmbermanifest durch, und da man nun wußte, daß man unbedingt auf die<lb/> Majorität zählen konnte, daß man der Stimmen der deutschen Cavaliere, der<lb/> Fürsten Schwarzenberg, Fürstenberg. Harrach, Westphalen, Taxis u. s. w. sicher<lb/> war, so konnte man zu Größerem fortschreiten.") Das Siegesgefühl der Tschechen</p><lb/> <note xml:id="FID_21" place="foot" next="#FID_22"> ") Wir betonen hier nochmals, daß es namentlich jene aus deutschem Blute entsprossenen<lb/> '""Nqen find, welche dazu beitragen, daß unserer Nationalität die tiefsten Wunden in Böhmen<lb/> "gen werden. Für jene Herren sind eben nur Standesinteressen maßgebend. Die All-</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0309]
Nation", der Historiograph Franz Palazky. machte die Geschichte zurecht, wo es
für die tschechischen Zwecke ersprießlich schien.
Hatten die Tschechen dem Diplom vom 20. October 1859 zugejubelt, weil
es Böhmen, wenn auch keine politischen Freiheiten, so doch eine Autonomie
verlieh, so ergrimmten sie desto heftiger gegen die Verfassung vom 26. Februar
1860, in der sie die Centralisirung, die Herrschaft der Deutschen und die Ver¬
gewaltigung ihrer Nationalität erblickten. Sie führten nun die Opposition
gegen das Ministerium Schmerling im Landtage und Reichsrathe consequent
durch und beruhigten sich erst wieder, als Belcredi mit dem Septembermanifest
des verflossenen Jahres auftrat. Während dieser ganzen Zeit und noch jetzt ist
es ihr Bestreben, die Ungarn zu copircn, und ein verantwortliches Ministerium
für die zur „Krone Böhmen" gehörigen Länder bleibt ihr höchster Wunsch.
Der Haß gegen das Deutschthum nahm in dem Maß zu, je mehr die Deutschen
als Partei erstarkten und den tschechischen Wünschen auf politischem Gebiete
den Weg verlegten. Seit 1860 tobt nun der Hader im erhöhten Maße, und
die Kluft erweitert sich immer mehr. Die Deutschen streiten in erster Linie für
die Sache der Freiheit und des Fortschrittes, dann für ein Gesammtöstreich und
für ihr Volksthum. Die Tschechen dagegen stellen ihre Nationalität über alles
und in erster Linie hin, dann erst verlangen sie, was damit im Zusammen¬
hange steht, die Autonomie des Landes; hinterher kommen die fortschrittlichen
Tendenzen gehinkt und ganz zuletzt in weiter Ferne — Oestreich. Am besten
charakterisirt ihr Parteitreiben jedoch das Compagniegeschäft mit der feudalen
Adelspartei, gegenüber welcher sie in einen wahrhaft erbärmlichen Servilismus
verfallen sind, mit der sie durch Dick und Dünn gehen, und der sie sich durch ein
Compromiß förmlich verkauft haben. Sie stimmen für alle junkerlichen Pläne,
um dafür der Stimmen der Tones sicher zu sein, wo es sich darum handelt,
den Deutschen einen Schlag zu versetzen.
Den Höhepunkt haben die Ereignisse im verlaufenen Winter erlangt und
die Ergebnisse des Landtages, auf die wir jetzt eingehen, sind für daS Deutsch,
thun Böhmens sowohl als für die allgemeine Sache der Cultur sehr be¬
trübender Art gewesen.
Die Minorität der Deutschen bekundete sich zunächst in der Adreßdebatte.
Tschechen und Feudale drangen mit ihrem Danke an den Kaiser für das Sep-
tcmbermanifest durch, und da man nun wußte, daß man unbedingt auf die
Majorität zählen konnte, daß man der Stimmen der deutschen Cavaliere, der
Fürsten Schwarzenberg, Fürstenberg. Harrach, Westphalen, Taxis u. s. w. sicher
war, so konnte man zu Größerem fortschreiten.") Das Siegesgefühl der Tschechen
") Wir betonen hier nochmals, daß es namentlich jene aus deutschem Blute entsprossenen
'""Nqen find, welche dazu beitragen, daß unserer Nationalität die tiefsten Wunden in Böhmen
"gen werden. Für jene Herren sind eben nur Standesinteressen maßgebend. Die All-
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