Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band.Das hier statuirte Exempel muß nicht lange gewirkt haben. Denn schon "Wer irgendwo Verschwörungen, Conventikel oder verschwörerische Zusam- 1494 beklagt sich der leipziger Rath, daß Studenten ein Mädchen in eins Darauf antwortet die Universität, der Rath sei schuld an all diesem Un¬ Das hier statuirte Exempel muß nicht lange gewirkt haben. Denn schon „Wer irgendwo Verschwörungen, Conventikel oder verschwörerische Zusam- 1494 beklagt sich der leipziger Rath, daß Studenten ein Mädchen in eins Darauf antwortet die Universität, der Rath sei schuld an all diesem Un¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0240" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/285268"/> <p xml:id="ID_665"> Das hier statuirte Exempel muß nicht lange gewirkt haben. Denn schon<lb/> 1490 finden wir wieder eine große Universitätsversammlung verzeichnet, die in<lb/> folgendem Beschluß den Bann über geheime Verbindungen (nur solche zu vor¬<lb/> übergehenden Zwecken, nicht dauernde, wie die späteren Orden und Landsmann¬<lb/> schaften sind gemeint) und deren Treiben ausspricht:</p><lb/> <p xml:id="ID_666"> „Wer irgendwo Verschwörungen, Conventikel oder verschwörerische Zusam-<lb/> menkünfte veranlaßt oder sich an solchen irgendwie zu betheiligen untersteht,<lb/> oder einen Andern oder Andere direct oder indirect dazu anregt oder sich bei<lb/> Verschwörungen oder Begründungen von Conventikeln einschreibt oder einschrei-<lb/> ben läßt oder verschwörerische Anschläge schreibt oder denen, so dergleichen<lb/> schreiben, Beifall oder Hilfe zu Theil werden läßt oder solche irgendwo hin¬<lb/> zuwerfen, anzuheften oder sonstwie bekannt zu machen wagt, oder wer einen<lb/> Studenten, gegen welchen die Universität selbst oder der Oberste (suxerior) der¬<lb/> selben wegen seiner Excesse mit der Strafe der Relegation, der Exclusion oder<lb/> irgend einer andern vorgeschritten, zu vertheidigen sich unterfängt, oder wer die<lb/> Thatsache, daß ein solcher Student gestraft worden ist oder gestraft werden soll,<lb/> direct oder indirect oder auf irgendwelche andre Weise national macht, d. h.<lb/> daß die Nation (des Missethäters) sich dazwischen legt, oder auch Conventionen<lb/> oder richtiger Conventikeln, wo solches geschieht oder betrieben wird, beizuwoh¬<lb/> nen sich untersteht, soll als Störer des Friedens und der Eintracht von der<lb/> Universität ausgeschlossen werden."</p><lb/> <p xml:id="ID_667"> 1494 beklagt sich der leipziger Rath, daß Studenten ein Mädchen in eins<lb/> der Collegien entführt, und daß andere mit der Magd eines Goldschmieds, als<lb/> sie aus dem Rathskeller habe Bier holen wollen, dasselbe versucht, aber durch<lb/> frommer Leute Dazwischenkunft verhindert worden. Ferner, daß die Collegien<lb/> und Bursen nicht zu rechter Zeit geschlossen worden, endlich, daß Buchdrucker,<lb/> Buchbinder und Rubricirer (die damals und bis ins achtzehnte Jahrhundert<lb/> hinein an den meisten hohen Schulen in der That als Universitätsverwandte<lb/> galten, und von denen die zuletzt Genannten das Ausmalen bunter Buchstaben<lb/> in Druckwerken betrieben) mit Weib und Kind sich der Freiheiten der Studenten<lb/> anmaßten und sich in Collegien, Bursen und Miethhäusern der Universität aus¬<lb/> hielten, auch daß Studenten in Bursen und Collegien Dirnen bei sich hätten,<lb/> welche sich dadurch der Strafe des Rathes entzögen.</p><lb/> <p xml:id="ID_668" next="#ID_669"> Darauf antwortet die Universität, der Rath sei schuld an all diesem Un¬<lb/> fug, da er in den Weinkellern Stuben dulde, „wo sich solche Buben und un¬<lb/> züchtige Dirnen zusammenfanden", was erst in den letzten zwölf oder fünfzehn<lb/> Jahren aufgekommen. Wenn Studenten sich Mädchen hielten, so sei das für<lb/> die Collegien durch Statuten verboten, wohl aber dulde es der Rath in den<lb/> ihm unterworfenen Miethhäusern. Gerade des Raths Burse sei die schlechteste,<lb/> sie habe einen nichtsnutzigen Conventor, man disputire nicht in ihr, alle wilden</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0240]
Das hier statuirte Exempel muß nicht lange gewirkt haben. Denn schon
1490 finden wir wieder eine große Universitätsversammlung verzeichnet, die in
folgendem Beschluß den Bann über geheime Verbindungen (nur solche zu vor¬
übergehenden Zwecken, nicht dauernde, wie die späteren Orden und Landsmann¬
schaften sind gemeint) und deren Treiben ausspricht:
„Wer irgendwo Verschwörungen, Conventikel oder verschwörerische Zusam-
menkünfte veranlaßt oder sich an solchen irgendwie zu betheiligen untersteht,
oder einen Andern oder Andere direct oder indirect dazu anregt oder sich bei
Verschwörungen oder Begründungen von Conventikeln einschreibt oder einschrei-
ben läßt oder verschwörerische Anschläge schreibt oder denen, so dergleichen
schreiben, Beifall oder Hilfe zu Theil werden läßt oder solche irgendwo hin¬
zuwerfen, anzuheften oder sonstwie bekannt zu machen wagt, oder wer einen
Studenten, gegen welchen die Universität selbst oder der Oberste (suxerior) der¬
selben wegen seiner Excesse mit der Strafe der Relegation, der Exclusion oder
irgend einer andern vorgeschritten, zu vertheidigen sich unterfängt, oder wer die
Thatsache, daß ein solcher Student gestraft worden ist oder gestraft werden soll,
direct oder indirect oder auf irgendwelche andre Weise national macht, d. h.
daß die Nation (des Missethäters) sich dazwischen legt, oder auch Conventionen
oder richtiger Conventikeln, wo solches geschieht oder betrieben wird, beizuwoh¬
nen sich untersteht, soll als Störer des Friedens und der Eintracht von der
Universität ausgeschlossen werden."
1494 beklagt sich der leipziger Rath, daß Studenten ein Mädchen in eins
der Collegien entführt, und daß andere mit der Magd eines Goldschmieds, als
sie aus dem Rathskeller habe Bier holen wollen, dasselbe versucht, aber durch
frommer Leute Dazwischenkunft verhindert worden. Ferner, daß die Collegien
und Bursen nicht zu rechter Zeit geschlossen worden, endlich, daß Buchdrucker,
Buchbinder und Rubricirer (die damals und bis ins achtzehnte Jahrhundert
hinein an den meisten hohen Schulen in der That als Universitätsverwandte
galten, und von denen die zuletzt Genannten das Ausmalen bunter Buchstaben
in Druckwerken betrieben) mit Weib und Kind sich der Freiheiten der Studenten
anmaßten und sich in Collegien, Bursen und Miethhäusern der Universität aus¬
hielten, auch daß Studenten in Bursen und Collegien Dirnen bei sich hätten,
welche sich dadurch der Strafe des Rathes entzögen.
Darauf antwortet die Universität, der Rath sei schuld an all diesem Un¬
fug, da er in den Weinkellern Stuben dulde, „wo sich solche Buben und un¬
züchtige Dirnen zusammenfanden", was erst in den letzten zwölf oder fünfzehn
Jahren aufgekommen. Wenn Studenten sich Mädchen hielten, so sei das für
die Collegien durch Statuten verboten, wohl aber dulde es der Rath in den
ihm unterworfenen Miethhäusern. Gerade des Raths Burse sei die schlechteste,
sie habe einen nichtsnutzigen Conventor, man disputire nicht in ihr, alle wilden
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