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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band.

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gebeten. Dieser letztere ist der Veranstalter und Hauptacteur der Feierlichkeit.
Ein Bekannter desselben dient als Gehilfe. Einige Magister haben wir uns
als mitanwesend zu denken, wenn der Vorhang aufgeht. Die Scene ist eine
Stube in einer der Bursen der Universität, klein, an den Wänden mit Holz
getäfelt, mit groben Bänken. Tischen und Truhen ausgestattet, von Fenstern
mit runden Scheiben beleuchtet. Schnitt der Gesichter und Tracht der Schau¬
spieler ergänze man sich durch Erinnerung an ein dürersches oder holbeinschcs
Bild, auf dem Kleriker und Soldaten vorkommen. Von dem Latein, welches
gesprochen wird, folgt unten nothgedrungen eine Probe. Camillus ist der
munäiwL, Bartoldus der ^'uvans. Der Beanus Johannes, in grotesker Ver¬
mummung, mit Ochsenhörnern, Eberhauern und einem fürchterlichen Barte ver¬
unstaltet, ist eingetreten, und das Stück beginnt:

Camillus W

(im Zimmer hcrumschnopernd).
as ist das nur für ein Gestank,
welcher den Ort hier verpestet? Fürwahr, greuelhaft! Entweder war hier ein
faulender Cadaver oder ein Bock, das unsauberste der Thiere. Beste Männer
und würdigste Magister, wie konnt ihr nur in solch einem Duft sitzen! Kaum
kann ich mir die Nase genug zuhalten, ich werde wahrhaftig hinausgehen. Denn
bleibe ich länger, so werde ich davon so ergriffen, daß ich halbtodt niederfalle
und mit dem Kopf auf den Boden hinschlage. -- Ich gehe, komm mit, Bartold.

El Bartoldus. so warte doch ein Weilchen, und sehen wir zu, was
dieses Gestanks Ursprung ist.

R Cam. echt so. Aber bitte, laß mal die Augen in allen Winkeln dieser
Wohnung herumgehen, ob du vielleicht das Ding entdecken kannst, was wie
eine Saustreu (volutabrum) diesen Gestank ausströmt.


Bart.

Und du, der du scharfen Verstandes bist, forsche nicht weniger nach.

H Cam. olla, was finde ich da! Was ist das für ein Ungeheuer? Nimm
dich in Acht, mein Bartold, daß du die Blicke nicht dorthin richtest; denn sicher
würdest du es mit heilen Augen und ungestörtem Gemüthe nicht ansehen können.
Denn dieses Vieh trägt Hörner, hat Ohren wie ein Ochs, aus jedem seiner
Kiefern stehen Zähne heraus, mit denen es wie ein Wildschwein zu hauen droht.
Die Nase krumm wie ein Entenschnabel, die rothen Triefaugen verrathen grimmige
Wuth. Wehe dem, dens packt! Ich meine, es zerrisse ihn in tausend Granat-
bischen. Denn daß ichs kurz sage: erinnerst du dich je eine schauderhafte Teufels¬
fratze gesehen zu haben, so ist dieses Thier noch viel ungestalter. Gehen wir
ihm eilig aus dem Wege, und drücken wir uns, daß es nicht einen Angriff auf
uns macht.

Bart. Aber besehen will ich mirs doch, wenn ich dabei auch Gefahr laufe.
Was sagst du dazu, mein Camill, ich glaube wahrhaftig, 's ist ein Beanus.


Cam.

Meinst du?


Bart.

Wenn mich mein Verstand nicht trügt, ists ein Beanus.


gebeten. Dieser letztere ist der Veranstalter und Hauptacteur der Feierlichkeit.
Ein Bekannter desselben dient als Gehilfe. Einige Magister haben wir uns
als mitanwesend zu denken, wenn der Vorhang aufgeht. Die Scene ist eine
Stube in einer der Bursen der Universität, klein, an den Wänden mit Holz
getäfelt, mit groben Bänken. Tischen und Truhen ausgestattet, von Fenstern
mit runden Scheiben beleuchtet. Schnitt der Gesichter und Tracht der Schau¬
spieler ergänze man sich durch Erinnerung an ein dürersches oder holbeinschcs
Bild, auf dem Kleriker und Soldaten vorkommen. Von dem Latein, welches
gesprochen wird, folgt unten nothgedrungen eine Probe. Camillus ist der
munäiwL, Bartoldus der ^'uvans. Der Beanus Johannes, in grotesker Ver¬
mummung, mit Ochsenhörnern, Eberhauern und einem fürchterlichen Barte ver¬
unstaltet, ist eingetreten, und das Stück beginnt:

Camillus W

(im Zimmer hcrumschnopernd).
as ist das nur für ein Gestank,
welcher den Ort hier verpestet? Fürwahr, greuelhaft! Entweder war hier ein
faulender Cadaver oder ein Bock, das unsauberste der Thiere. Beste Männer
und würdigste Magister, wie konnt ihr nur in solch einem Duft sitzen! Kaum
kann ich mir die Nase genug zuhalten, ich werde wahrhaftig hinausgehen. Denn
bleibe ich länger, so werde ich davon so ergriffen, daß ich halbtodt niederfalle
und mit dem Kopf auf den Boden hinschlage. — Ich gehe, komm mit, Bartold.

El Bartoldus. so warte doch ein Weilchen, und sehen wir zu, was
dieses Gestanks Ursprung ist.

R Cam. echt so. Aber bitte, laß mal die Augen in allen Winkeln dieser
Wohnung herumgehen, ob du vielleicht das Ding entdecken kannst, was wie
eine Saustreu (volutabrum) diesen Gestank ausströmt.


Bart.

Und du, der du scharfen Verstandes bist, forsche nicht weniger nach.

H Cam. olla, was finde ich da! Was ist das für ein Ungeheuer? Nimm
dich in Acht, mein Bartold, daß du die Blicke nicht dorthin richtest; denn sicher
würdest du es mit heilen Augen und ungestörtem Gemüthe nicht ansehen können.
Denn dieses Vieh trägt Hörner, hat Ohren wie ein Ochs, aus jedem seiner
Kiefern stehen Zähne heraus, mit denen es wie ein Wildschwein zu hauen droht.
Die Nase krumm wie ein Entenschnabel, die rothen Triefaugen verrathen grimmige
Wuth. Wehe dem, dens packt! Ich meine, es zerrisse ihn in tausend Granat-
bischen. Denn daß ichs kurz sage: erinnerst du dich je eine schauderhafte Teufels¬
fratze gesehen zu haben, so ist dieses Thier noch viel ungestalter. Gehen wir
ihm eilig aus dem Wege, und drücken wir uns, daß es nicht einen Angriff auf
uns macht.

Bart. Aber besehen will ich mirs doch, wenn ich dabei auch Gefahr laufe.
Was sagst du dazu, mein Camill, ich glaube wahrhaftig, 's ist ein Beanus.


Cam.

Meinst du?


Bart.

Wenn mich mein Verstand nicht trügt, ists ein Beanus.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285025/226>, abgerufen am 28.07.2024.