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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. I. Band.

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und das religiöse Leben des deutschen Volkes Pflegte, während die theologische
Wissenschaft schwieg und wenig sittliche Nahrung gewährte. Darum suchte und
fand der seit den böhmischen Religionskriegen aufgeregte religiöse Sinn Beleh¬
rung, Erhebung und Trost meistens in den Schriften, die uns größtenteils
als xylographische Bücher hinterlassen sind, und in den Bildern des Leidens
unsers Herrn und der Heiligen.

Wenn wir nun auch nach dem Standpunkte unsrer Zeit, namentlich als
Protestanten, diese Mittel nicht allenthalben billigen können, so müssen wir doch
zugeben, daß die durch dieselbe ermöglichte Pflege des religiösen Sinnes, die
Kenntniß der Bibel im Ganzen und Einzelnen, und der Werth, welchen man
auch im profanen Leben auf Weckung der Ehrbarkeit und Rechtlichkeit legte,
wie "die acht Schalkheiten" und die rechtsgiltigen Schandgcmälde, xiewrae
kamosÄö, lehrten, von größter sittlicher Bedeutung sind und wesentlich dazu
beigetragen haben, die Reformation zu zeitigen.

Wir haben sonach mit gerechtfertigten Stolze zu constatiren. daß die Kunde
unsrer alten Kunst, die zuerst in würdiger und umfänglicher Weise von Deutsch¬
land, insbesondere von Sachsen durch Heineckens vortreffliches Werk: I66s
Zentrale ä'nos collection ä'estAwpes, und später durch die zwar schnell ge¬
arbeitete, aber inhaltreiche Geschichte der Buchdruckerkunst von Falkenstein
verbreitet und gepflegt worden ist, jetzt in weit umfänglicherer und, wie wir
glauben, fortgeschrittener Weise wiederum von Deutschland gefördert worden,
und daß durch einen seltenen Verein großer Mittel ein Werk entstanden ist,
das nach Form und Inhalt die bisherigen Leistungen des Auslandes auf
diesem Gebiete überragt. Dabei können wir den Wunsch nicht unterdrücken,
die Sammlung, welche zu jenem Werke Veranlassung gegeben hat, möge
unsrem Vaterland niemals entfremdet werden. Ihr bester Platz wäre, unsrer
Meinung nach, im leipziger Museum, das bekanntlich in der lampeschen Samm¬
lung von Kupferstichen einen zur Erkenntniß der Entwickelung der graphischen
Künste, insbesondere der Kupferstechkunst und Malerei trefflich anleitenden
und in seiner Art ausgezeichneten Schatz besitzt, zu welchem die weigelsche
Sammlung eine herrliche Parallele bilden würde.--




und das religiöse Leben des deutschen Volkes Pflegte, während die theologische
Wissenschaft schwieg und wenig sittliche Nahrung gewährte. Darum suchte und
fand der seit den böhmischen Religionskriegen aufgeregte religiöse Sinn Beleh¬
rung, Erhebung und Trost meistens in den Schriften, die uns größtenteils
als xylographische Bücher hinterlassen sind, und in den Bildern des Leidens
unsers Herrn und der Heiligen.

Wenn wir nun auch nach dem Standpunkte unsrer Zeit, namentlich als
Protestanten, diese Mittel nicht allenthalben billigen können, so müssen wir doch
zugeben, daß die durch dieselbe ermöglichte Pflege des religiösen Sinnes, die
Kenntniß der Bibel im Ganzen und Einzelnen, und der Werth, welchen man
auch im profanen Leben auf Weckung der Ehrbarkeit und Rechtlichkeit legte,
wie „die acht Schalkheiten" und die rechtsgiltigen Schandgcmälde, xiewrae
kamosÄö, lehrten, von größter sittlicher Bedeutung sind und wesentlich dazu
beigetragen haben, die Reformation zu zeitigen.

Wir haben sonach mit gerechtfertigten Stolze zu constatiren. daß die Kunde
unsrer alten Kunst, die zuerst in würdiger und umfänglicher Weise von Deutsch¬
land, insbesondere von Sachsen durch Heineckens vortreffliches Werk: I66s
Zentrale ä'nos collection ä'estAwpes, und später durch die zwar schnell ge¬
arbeitete, aber inhaltreiche Geschichte der Buchdruckerkunst von Falkenstein
verbreitet und gepflegt worden ist, jetzt in weit umfänglicherer und, wie wir
glauben, fortgeschrittener Weise wiederum von Deutschland gefördert worden,
und daß durch einen seltenen Verein großer Mittel ein Werk entstanden ist,
das nach Form und Inhalt die bisherigen Leistungen des Auslandes auf
diesem Gebiete überragt. Dabei können wir den Wunsch nicht unterdrücken,
die Sammlung, welche zu jenem Werke Veranlassung gegeben hat, möge
unsrem Vaterland niemals entfremdet werden. Ihr bester Platz wäre, unsrer
Meinung nach, im leipziger Museum, das bekanntlich in der lampeschen Samm¬
lung von Kupferstichen einen zur Erkenntniß der Entwickelung der graphischen
Künste, insbesondere der Kupferstechkunst und Malerei trefflich anleitenden
und in seiner Art ausgezeichneten Schatz besitzt, zu welchem die weigelsche
Sammlung eine herrliche Parallele bilden würde.—




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[0279] und das religiöse Leben des deutschen Volkes Pflegte, während die theologische Wissenschaft schwieg und wenig sittliche Nahrung gewährte. Darum suchte und fand der seit den böhmischen Religionskriegen aufgeregte religiöse Sinn Beleh¬ rung, Erhebung und Trost meistens in den Schriften, die uns größtenteils als xylographische Bücher hinterlassen sind, und in den Bildern des Leidens unsers Herrn und der Heiligen. Wenn wir nun auch nach dem Standpunkte unsrer Zeit, namentlich als Protestanten, diese Mittel nicht allenthalben billigen können, so müssen wir doch zugeben, daß die durch dieselbe ermöglichte Pflege des religiösen Sinnes, die Kenntniß der Bibel im Ganzen und Einzelnen, und der Werth, welchen man auch im profanen Leben auf Weckung der Ehrbarkeit und Rechtlichkeit legte, wie „die acht Schalkheiten" und die rechtsgiltigen Schandgcmälde, xiewrae kamosÄö, lehrten, von größter sittlicher Bedeutung sind und wesentlich dazu beigetragen haben, die Reformation zu zeitigen. Wir haben sonach mit gerechtfertigten Stolze zu constatiren. daß die Kunde unsrer alten Kunst, die zuerst in würdiger und umfänglicher Weise von Deutsch¬ land, insbesondere von Sachsen durch Heineckens vortreffliches Werk: I66s Zentrale ä'nos collection ä'estAwpes, und später durch die zwar schnell ge¬ arbeitete, aber inhaltreiche Geschichte der Buchdruckerkunst von Falkenstein verbreitet und gepflegt worden ist, jetzt in weit umfänglicherer und, wie wir glauben, fortgeschrittener Weise wiederum von Deutschland gefördert worden, und daß durch einen seltenen Verein großer Mittel ein Werk entstanden ist, das nach Form und Inhalt die bisherigen Leistungen des Auslandes auf diesem Gebiete überragt. Dabei können wir den Wunsch nicht unterdrücken, die Sammlung, welche zu jenem Werke Veranlassung gegeben hat, möge unsrem Vaterland niemals entfremdet werden. Ihr bester Platz wäre, unsrer Meinung nach, im leipziger Museum, das bekanntlich in der lampeschen Samm¬ lung von Kupferstichen einen zur Erkenntniß der Entwickelung der graphischen Künste, insbesondere der Kupferstechkunst und Malerei trefflich anleitenden und in seiner Art ausgezeichneten Schatz besitzt, zu welchem die weigelsche Sammlung eine herrliche Parallele bilden würde.—

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_284469/279>, abgerufen am 22.12.2024.