Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band.und Südwesten aufgetreten sind, und zwar in den Jahren 1507 und 1599, Im Was für Stücke die "englischen Komödianten" spielten, sehen wir aus einem und Südwesten aufgetreten sind, und zwar in den Jahren 1507 und 1599, Im Was für Stücke die „englischen Komödianten" spielten, sehen wir aus einem <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0042" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/283395"/> <p xml:id="ID_101" prev="#ID_100"> und Südwesten aufgetreten sind, und zwar in den Jahren 1507 und 1599, Im<lb/> nächsten Jahrhundert wuchs die Zahl solcher englischer Wandertruppen noch mehr,<lb/> und wir begegnen ihnen setzt nicht mehr vorwiegend an den Höfen. 160V spielten<lb/> sie inMcmmingcn, 1602 in Ulm, das Jahr darauf in Stuttgart, 1605 im Haag,<lb/> 1606 in Rostock, 1609 und 1610 in Dresden. Selbst in den fernen ostpreußischen<lb/> Städten Elbing und Königsberg traten sie in den Jahren 1605 bis 1611, dann<lb/> wieder 1618 auf. In Köln erschien 1615 eine solche Truppe, die unter der Direc-<lb/> tion eines gewissen John Spencer stand und vierundzwanzig Mitglieder zählte, unter<lb/> denen sich nur zwei Nichtcngländcr, ein Deutscher und ein Holländer, befanden.<lb/> Eine andre Gesellschaft unter Hans v. Stockfisch spielte 1617 und 1618 in Berlin,<lb/> dann in Ostpreußen, Polen, Schlesien und Mähren, hier vor Kaiser Ferdinand.<lb/> Erst durch den dreißigjährigen Krieg wurden diese fremden Jünger Thalias aus<lb/> Deutschland verscheucht, aber noch bis zum Jahre 1629 reichen die von Cohn ent¬<lb/> deckten Beweise für die Thatsache, daß englische Stücke von englischen Schauspielern<lb/> in Deutschland aufgeführt worden sind. Auch in den letzten achtzehn Jahren des<lb/> großen Krieges und später bis 1683 tauchen noch ziemlich häufig in Süd- wie in<lb/> Norddeutschland „englische Komödianten" aus, aber jetzt bestanden die Banden der¬<lb/> selben nur noch aus Deutschen, die in der Weise der Engländer spielten und die<lb/> Bezeichnung „englisch" als Lockmittel gebrauchen, ein Beweis, wie populär die<lb/> Fremden gewesen.</p><lb/> <p xml:id="ID_102" next="#ID_103"> Was für Stücke die „englischen Komödianten" spielten, sehen wir aus einem<lb/> Verzeichnis; der 45 Dramen, welche 1626 in Dresden von ihnen aufgeführt wurden.<lb/> Wir finden darunter von Shakespeares Tragödien „Romeo und Julie", „Julius<lb/> Cäsar", „Hamlet" und „Lear". Daß auch andere Stücke des Dichters, z. B. „Der<lb/> Widerspenstigen Zähmung" und „Der Kaufmann von Venedig" im ersten Viertel<lb/> des siebzehnten Jahrhunderts bereits den Deutschen bekannt waren, beweisen aus<lb/> dieser Zeit stammende deutsche Bearbeitungen. Später wurden auch der „Sturm",<lb/> „Die beiden Veroneser", „Viel Lärmen um nichts" und „Titus Andronicus" für<lb/> das deutsche Publicum zurecht gemacht, aber in einer Weise, die von dem Original<lb/> wenig Gutes übrigließ und nur den Verfall der Sitten und des Geschmacks docu-<lb/> mentirt, welchen der dreißigjährige Krieg herbeigeführt hatte. Die „englischen Komödi¬<lb/> anten" bedienten sich anfangs, wie Cohn mit Sicherheit nachweist, ihrer Muttersprache,<lb/> nur der Hanswurst (VIonn), der die Zeit zwischen den Acten mit seinen Possen<lb/> auszufüllen hatte, sprach deutsch, später scheint das anders geworden zu sein.<lb/> Die Engländer lernten bei längerem Aufenthalt die Sprache des Landes (Broadstrcct<lb/> verdeutschte sogar, als er sich in ein Stammbuch schrieb, seinen Namen in Breit¬<lb/> straß), die englischen Stücke wurden übertragen, und so genoß das deutsche Publi¬<lb/> cum ziemlich vollständig und jedenfalls eher als andre Nationen des Continents die<lb/> Schönheiten der shakespearischer Muse. Die meisten dieser Uebersetzungen aber blieben in<lb/> den Händen der englischen Truppen, und verschwanden mit ihnen; was davon durch den<lb/> Druck in weitere Kreise drang, war von geringem Werth wie (mit Ausnahme einer<lb/> von N. Köhler im vorigen Jahre veröffentlichten Nachdichtung von „IIis raminZ<lb/> ok tuo 8Iir6n") die erwähnten Bearbeitungen, die alle Vorzüge des Originals<lb/> in Schmutz und Greuel ersticken ließen, und so erklärt sichs zum Theil, daß</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0042]
und Südwesten aufgetreten sind, und zwar in den Jahren 1507 und 1599, Im
nächsten Jahrhundert wuchs die Zahl solcher englischer Wandertruppen noch mehr,
und wir begegnen ihnen setzt nicht mehr vorwiegend an den Höfen. 160V spielten
sie inMcmmingcn, 1602 in Ulm, das Jahr darauf in Stuttgart, 1605 im Haag,
1606 in Rostock, 1609 und 1610 in Dresden. Selbst in den fernen ostpreußischen
Städten Elbing und Königsberg traten sie in den Jahren 1605 bis 1611, dann
wieder 1618 auf. In Köln erschien 1615 eine solche Truppe, die unter der Direc-
tion eines gewissen John Spencer stand und vierundzwanzig Mitglieder zählte, unter
denen sich nur zwei Nichtcngländcr, ein Deutscher und ein Holländer, befanden.
Eine andre Gesellschaft unter Hans v. Stockfisch spielte 1617 und 1618 in Berlin,
dann in Ostpreußen, Polen, Schlesien und Mähren, hier vor Kaiser Ferdinand.
Erst durch den dreißigjährigen Krieg wurden diese fremden Jünger Thalias aus
Deutschland verscheucht, aber noch bis zum Jahre 1629 reichen die von Cohn ent¬
deckten Beweise für die Thatsache, daß englische Stücke von englischen Schauspielern
in Deutschland aufgeführt worden sind. Auch in den letzten achtzehn Jahren des
großen Krieges und später bis 1683 tauchen noch ziemlich häufig in Süd- wie in
Norddeutschland „englische Komödianten" aus, aber jetzt bestanden die Banden der¬
selben nur noch aus Deutschen, die in der Weise der Engländer spielten und die
Bezeichnung „englisch" als Lockmittel gebrauchen, ein Beweis, wie populär die
Fremden gewesen.
Was für Stücke die „englischen Komödianten" spielten, sehen wir aus einem
Verzeichnis; der 45 Dramen, welche 1626 in Dresden von ihnen aufgeführt wurden.
Wir finden darunter von Shakespeares Tragödien „Romeo und Julie", „Julius
Cäsar", „Hamlet" und „Lear". Daß auch andere Stücke des Dichters, z. B. „Der
Widerspenstigen Zähmung" und „Der Kaufmann von Venedig" im ersten Viertel
des siebzehnten Jahrhunderts bereits den Deutschen bekannt waren, beweisen aus
dieser Zeit stammende deutsche Bearbeitungen. Später wurden auch der „Sturm",
„Die beiden Veroneser", „Viel Lärmen um nichts" und „Titus Andronicus" für
das deutsche Publicum zurecht gemacht, aber in einer Weise, die von dem Original
wenig Gutes übrigließ und nur den Verfall der Sitten und des Geschmacks docu-
mentirt, welchen der dreißigjährige Krieg herbeigeführt hatte. Die „englischen Komödi¬
anten" bedienten sich anfangs, wie Cohn mit Sicherheit nachweist, ihrer Muttersprache,
nur der Hanswurst (VIonn), der die Zeit zwischen den Acten mit seinen Possen
auszufüllen hatte, sprach deutsch, später scheint das anders geworden zu sein.
Die Engländer lernten bei längerem Aufenthalt die Sprache des Landes (Broadstrcct
verdeutschte sogar, als er sich in ein Stammbuch schrieb, seinen Namen in Breit¬
straß), die englischen Stücke wurden übertragen, und so genoß das deutsche Publi¬
cum ziemlich vollständig und jedenfalls eher als andre Nationen des Continents die
Schönheiten der shakespearischer Muse. Die meisten dieser Uebersetzungen aber blieben in
den Händen der englischen Truppen, und verschwanden mit ihnen; was davon durch den
Druck in weitere Kreise drang, war von geringem Werth wie (mit Ausnahme einer
von N. Köhler im vorigen Jahre veröffentlichten Nachdichtung von „IIis raminZ
ok tuo 8Iir6n") die erwähnten Bearbeitungen, die alle Vorzüge des Originals
in Schmutz und Greuel ersticken ließen, und so erklärt sichs zum Theil, daß
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