Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band.durch Umstände finanzieller und commerzicller, theils durch Ursachen politischer Natur Der erste Druck auf den Geldmarkt, im Januar und Februar, wurde lediglich Die in Betracht kommenden politischen Ursachen der Vorgänge auf dem Gebiete durch Umstände finanzieller und commerzicller, theils durch Ursachen politischer Natur Der erste Druck auf den Geldmarkt, im Januar und Februar, wurde lediglich Die in Betracht kommenden politischen Ursachen der Vorgänge auf dem Gebiete <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0418" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/283771"/> <p xml:id="ID_1193" prev="#ID_1192"> durch Umstände finanzieller und commerzicller, theils durch Ursachen politischer Natur<lb/> bestimmt. Jene Umstände waren erstens der Druck auf den Geldmarkt zu drei ver¬<lb/> schiedenen Perioden: im Januar und Februar, als der niedrigste Diskontosatz der<lb/> Bank von England drei Wochen hindurch 8 Procent betrug, im April und Mai,<lb/> -als derselbe vierzehn Tage lang 9 Procent stand, und im September und October,<lb/> in welchen Monaten der Zinsfuß wieder 9 Procent betrug. Zweitens fand neben<lb/> diesem Druck auf den Geldmarkt im verflossenen Jahre zu wiederholten Malen eine<lb/> große Thätigkeit in der Begründung neuer Acticnunternehmungcn und in der Be-<lb/> th.iligung bei auswärtigen Anleihen statt. Drittens endlich wurden am Schlüsse<lb/> des Jahres die wirklichen Resultate der Geschäftsführung der verschiedenen Actien-<lb/> gesellschaften bekannt, die 1863 unter Voraussetzung hoher Dividenden begründet<lb/> worden waren, Resultate, die diesen Voraussetzungen nur zum Theil entsprachen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1194"> Der erste Druck auf den Geldmarkt, im Januar und Februar, wurde lediglich<lb/> durch den Gold- und Silbcrabfluß nach der Levante und Ostindien, vorzüglich für<lb/> die Bezahlung von Baumwolle, veranlaßt. Der zweite, im April und Mai, wurde<lb/> gleichfalls zum Theil durch Zahlungen für Baumwolle, noch mehr aber durch das<lb/> Mißtrauen hervorgerufen, welches das Auftreten immer neuer Actienprojcctc und die<lb/> Capitalcinzahlungen für die im Jahre 1863 schon in großer Menge begründeten<lb/> derartigen Unternehmungen aus dem Geldmarkte veranlaßten. Der dritte Druck<lb/> endlich, im September, October und November, war ein weit bedeutenderer als der<lb/> in den beiden vorhergehenden Perioden. Hauptursache desselben war das infolge der<lb/> Aussicht auf baldigen Frieden in Amerika plötzlich eintretende starke Fallen der<lb/> Baumwollcnpreise, die daraus entstandenen Verluste und der sich kundgebende Miß-<lb/> crcdit in verschiedenen Geschäftsbranchen, namentlich in Liverpool und Manchester<lb/> und im ostindischen Geschäft. Nicht unerheblich wurde dieser Druck durch die im<lb/> Vergleich mit den in den ersten Monaten des Jahres gemachten Einzahlungen weit<lb/> bedeutenderen Capitalanforderungcn für die neuen Actienunternehmungcn gesteigert.</p><lb/> <p xml:id="ID_1195"> Die in Betracht kommenden politischen Ursachen der Vorgänge auf dem Gebiete<lb/> des englischen Handels waren erstens die in den ersten fünf Monaten des Jahres<lb/> infolge des Schleswig-holsteinischen Krieges entstandenen Befürchtungen und zweitens<lb/> die im August und September und am Schlüsse des Jahres durch die Wahrschein¬<lb/> lichkeit eines Friedensabschlusscs zwischen den Unioniste» und Conföderirten in Nord¬<lb/> amerika eingetretene Ungewißheit und Unsicherheit. Die infolge des schleswig-<lb/> holsteiniscken Krieges hervorgerufenen Verlegenheiten wurden aus den auswärtigen<lb/> Geldmärkten in einem weit höheren Grade als in England empfunden. Dennoch<lb/> übte die Ungewißheit, so lange noch ein Zweifel bestand, ob England über die Er-<lb/> theilung diplomatischen Raths hinausgehen würde, einen höchst nachtheiligen Einfluß<lb/> aus. Der am 7. Juli von dem Unterhause gefaßte Beschluß, welcher mit einer<lb/> Majorität von 18 Stimmen die von dem Ministerium Palmerston eingeschlagene<lb/> Nichtintcrventionspolitit billigte, brachte diese Frage zu einem endgültigen Abschlüsse,<lb/> aber schon im März und April hatte sich ziemlich deutlich herausgestellt; daß weder<lb/> England noch Frankreich sich activ an dem Kriege betheiligen würden.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0418]
durch Umstände finanzieller und commerzicller, theils durch Ursachen politischer Natur
bestimmt. Jene Umstände waren erstens der Druck auf den Geldmarkt zu drei ver¬
schiedenen Perioden: im Januar und Februar, als der niedrigste Diskontosatz der
Bank von England drei Wochen hindurch 8 Procent betrug, im April und Mai,
-als derselbe vierzehn Tage lang 9 Procent stand, und im September und October,
in welchen Monaten der Zinsfuß wieder 9 Procent betrug. Zweitens fand neben
diesem Druck auf den Geldmarkt im verflossenen Jahre zu wiederholten Malen eine
große Thätigkeit in der Begründung neuer Acticnunternehmungcn und in der Be-
th.iligung bei auswärtigen Anleihen statt. Drittens endlich wurden am Schlüsse
des Jahres die wirklichen Resultate der Geschäftsführung der verschiedenen Actien-
gesellschaften bekannt, die 1863 unter Voraussetzung hoher Dividenden begründet
worden waren, Resultate, die diesen Voraussetzungen nur zum Theil entsprachen.
Der erste Druck auf den Geldmarkt, im Januar und Februar, wurde lediglich
durch den Gold- und Silbcrabfluß nach der Levante und Ostindien, vorzüglich für
die Bezahlung von Baumwolle, veranlaßt. Der zweite, im April und Mai, wurde
gleichfalls zum Theil durch Zahlungen für Baumwolle, noch mehr aber durch das
Mißtrauen hervorgerufen, welches das Auftreten immer neuer Actienprojcctc und die
Capitalcinzahlungen für die im Jahre 1863 schon in großer Menge begründeten
derartigen Unternehmungen aus dem Geldmarkte veranlaßten. Der dritte Druck
endlich, im September, October und November, war ein weit bedeutenderer als der
in den beiden vorhergehenden Perioden. Hauptursache desselben war das infolge der
Aussicht auf baldigen Frieden in Amerika plötzlich eintretende starke Fallen der
Baumwollcnpreise, die daraus entstandenen Verluste und der sich kundgebende Miß-
crcdit in verschiedenen Geschäftsbranchen, namentlich in Liverpool und Manchester
und im ostindischen Geschäft. Nicht unerheblich wurde dieser Druck durch die im
Vergleich mit den in den ersten Monaten des Jahres gemachten Einzahlungen weit
bedeutenderen Capitalanforderungcn für die neuen Actienunternehmungcn gesteigert.
Die in Betracht kommenden politischen Ursachen der Vorgänge auf dem Gebiete
des englischen Handels waren erstens die in den ersten fünf Monaten des Jahres
infolge des Schleswig-holsteinischen Krieges entstandenen Befürchtungen und zweitens
die im August und September und am Schlüsse des Jahres durch die Wahrschein¬
lichkeit eines Friedensabschlusscs zwischen den Unioniste» und Conföderirten in Nord¬
amerika eingetretene Ungewißheit und Unsicherheit. Die infolge des schleswig-
holsteiniscken Krieges hervorgerufenen Verlegenheiten wurden aus den auswärtigen
Geldmärkten in einem weit höheren Grade als in England empfunden. Dennoch
übte die Ungewißheit, so lange noch ein Zweifel bestand, ob England über die Er-
theilung diplomatischen Raths hinausgehen würde, einen höchst nachtheiligen Einfluß
aus. Der am 7. Juli von dem Unterhause gefaßte Beschluß, welcher mit einer
Majorität von 18 Stimmen die von dem Ministerium Palmerston eingeschlagene
Nichtintcrventionspolitit billigte, brachte diese Frage zu einem endgültigen Abschlüsse,
aber schon im März und April hatte sich ziemlich deutlich herausgestellt; daß weder
England noch Frankreich sich activ an dem Kriege betheiligen würden.
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