Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band.Massen der Bevölkerung keineswegs jene Erbitterung gegen ihn, wie man außer- Wäre die Affaire in der barklayschen Bierbrauerei einem Grünne. Gyulay. Mit seinem Austritt aus dem activen Dienst schien bei dem General in Massen der Bevölkerung keineswegs jene Erbitterung gegen ihn, wie man außer- Wäre die Affaire in der barklayschen Bierbrauerei einem Grünne. Gyulay. Mit seinem Austritt aus dem activen Dienst schien bei dem General in <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0037" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/283390"/> <p xml:id="ID_89" prev="#ID_88"> Massen der Bevölkerung keineswegs jene Erbitterung gegen ihn, wie man außer-<lb/> halb Ungarn anzunehmen pflegt. Verschiedene kleine Charakterzüge. welche von<lb/> ihm besanne wurden, versöhnten den Bauer und Bürger mit manchen Härten<lb/> des Generals. Haynau war. wie sich ein russischer General ganz treffend aus¬<lb/> drückte, ein fertiger rother Demokrat in der Generalsuniform eines absoluten<lb/> Monarchen und'wußte ganz gut die unteren Volksclassen auf seine Seite zu<lb/> bringen. Wäre er länger auf seinem Posten geblieben, so hätte er sich unter<lb/> diesen vielleicht selbst eine gewisse Popularität erworben. Aber seine Stellung<lb/> wurde immer schwieriger gegenüber dem höheren Adel, den Prälaten, endlich<lb/> auch der Regierung. Die Klagen der ihm unterstehenden Beamten, welche durch<lb/> ihn aus ihrem Schlendrian gerüttelt und den Offizieren bei jeder Gelegenheit<lb/> nachgesetzt wurden, andrerseits seine Unbotmäßigkeit gegen die von Wien<lb/> kommenden Befehle vermehrten die Zahl seiner Feinde und brachten zuletzt auch<lb/> diejenigen, welche ihn wegen seiner militärischen Befähigung und seines Ein¬<lb/> flusses' auf die Truppen für unersetzlich hielten, von ihm ab. Gerade dieses<lb/> Ansehen, das er bei der Mannschaft genoß und den unbedingten Gehorsam,<lb/> den seine Anordnungen fanden. brachte man unter den gegen ihn erhobenen<lb/> Anklagen vor. und er scheint im vollen Ernste als ein gefährlicher Mann, bei<lb/> dem man auf Alles gefaßt sein müsse, geschildert worden zu sein. Sein Sturz<lb/> kam also wenigstens für die Mitglieder des Hofstaates nicht ganz unerwartet.<lb/> Er selbst erfuhr seine Absetzung nur einen Tag vor der officiellen Bekannt¬<lb/> gebung derselben, und er handelte sofort auf eine seinem Charakter ganz ange¬<lb/> messene Weise. Er ließ sich die Acten über alle noch in der Verhandlung be¬<lb/> findlichen Processe und alle noch nicht bestätigten Urtheile vorlegen und begnadigte<lb/> die Mehrzahl der Angeklagten, wobei er die Gravirtcstcn zuerst hervorsuchte.<lb/> Er wollte dabei nicht etwa zum Schlüsse seiner Amtsthätigkeit ein gute Handlung<lb/> verrichten und eine Anzahl von Unglücklichen aus ihrer traurigen Lage befreien,<lb/> sondern nur im letzten Augenblicke seine Machtvollkommenheit aus eine seinen<lb/> Gegnern recht unangenehme Weise benutzen und die Pläne jener, welche zu<lb/> seiner Absetzung das Meiste beigetragen hatten, vereiteln. Das aber zog ihm<lb/> w der angedeuteten Sphäre weit mehr Haß zu als alle seine Bluturtheile.</p><lb/> <p xml:id="ID_90"> Wäre die Affaire in der barklayschen Bierbrauerei einem Grünne. Gyulay.<lb/> "der Clam widerfahren, die östreichische Negierung hätte mindestens sofort allen<lb/> diplomatischen Verkehr mit England abgebrochen. Da es Haynau war, be¬<lb/> gnügte man sich mit einer ziemlich bescheiden abgefaßten Anfrage und der auf<lb/> dieselbe erhaltenen nichts weniger als befriedigenden Antwort.</p><lb/> <p xml:id="ID_91" next="#ID_92"> Mit seinem Austritt aus dem activen Dienst schien bei dem General in<lb/> vielen Dingen eine vollständige Umwandlung vor sich gegangen zu sein. War<lb/> es. daß er, von seiner Thätigkeit und seiner gewohnten Umgebung losgerissen,<lb/> zu anderen Anschauungen sich neigte, oder hatte er nur im Auftrage und aus</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0037]
Massen der Bevölkerung keineswegs jene Erbitterung gegen ihn, wie man außer-
halb Ungarn anzunehmen pflegt. Verschiedene kleine Charakterzüge. welche von
ihm besanne wurden, versöhnten den Bauer und Bürger mit manchen Härten
des Generals. Haynau war. wie sich ein russischer General ganz treffend aus¬
drückte, ein fertiger rother Demokrat in der Generalsuniform eines absoluten
Monarchen und'wußte ganz gut die unteren Volksclassen auf seine Seite zu
bringen. Wäre er länger auf seinem Posten geblieben, so hätte er sich unter
diesen vielleicht selbst eine gewisse Popularität erworben. Aber seine Stellung
wurde immer schwieriger gegenüber dem höheren Adel, den Prälaten, endlich
auch der Regierung. Die Klagen der ihm unterstehenden Beamten, welche durch
ihn aus ihrem Schlendrian gerüttelt und den Offizieren bei jeder Gelegenheit
nachgesetzt wurden, andrerseits seine Unbotmäßigkeit gegen die von Wien
kommenden Befehle vermehrten die Zahl seiner Feinde und brachten zuletzt auch
diejenigen, welche ihn wegen seiner militärischen Befähigung und seines Ein¬
flusses' auf die Truppen für unersetzlich hielten, von ihm ab. Gerade dieses
Ansehen, das er bei der Mannschaft genoß und den unbedingten Gehorsam,
den seine Anordnungen fanden. brachte man unter den gegen ihn erhobenen
Anklagen vor. und er scheint im vollen Ernste als ein gefährlicher Mann, bei
dem man auf Alles gefaßt sein müsse, geschildert worden zu sein. Sein Sturz
kam also wenigstens für die Mitglieder des Hofstaates nicht ganz unerwartet.
Er selbst erfuhr seine Absetzung nur einen Tag vor der officiellen Bekannt¬
gebung derselben, und er handelte sofort auf eine seinem Charakter ganz ange¬
messene Weise. Er ließ sich die Acten über alle noch in der Verhandlung be¬
findlichen Processe und alle noch nicht bestätigten Urtheile vorlegen und begnadigte
die Mehrzahl der Angeklagten, wobei er die Gravirtcstcn zuerst hervorsuchte.
Er wollte dabei nicht etwa zum Schlüsse seiner Amtsthätigkeit ein gute Handlung
verrichten und eine Anzahl von Unglücklichen aus ihrer traurigen Lage befreien,
sondern nur im letzten Augenblicke seine Machtvollkommenheit aus eine seinen
Gegnern recht unangenehme Weise benutzen und die Pläne jener, welche zu
seiner Absetzung das Meiste beigetragen hatten, vereiteln. Das aber zog ihm
w der angedeuteten Sphäre weit mehr Haß zu als alle seine Bluturtheile.
Wäre die Affaire in der barklayschen Bierbrauerei einem Grünne. Gyulay.
"der Clam widerfahren, die östreichische Negierung hätte mindestens sofort allen
diplomatischen Verkehr mit England abgebrochen. Da es Haynau war, be¬
gnügte man sich mit einer ziemlich bescheiden abgefaßten Anfrage und der auf
dieselbe erhaltenen nichts weniger als befriedigenden Antwort.
Mit seinem Austritt aus dem activen Dienst schien bei dem General in
vielen Dingen eine vollständige Umwandlung vor sich gegangen zu sein. War
es. daß er, von seiner Thätigkeit und seiner gewohnten Umgebung losgerissen,
zu anderen Anschauungen sich neigte, oder hatte er nur im Auftrage und aus
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