Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band.seine Person für gefährdet, wenn er auf die noch unerledigten Artikel nicht eine Die neue Landesordnung beruhte, insofern sie Vorschriften über das ge¬ seine Person für gefährdet, wenn er auf die noch unerledigten Artikel nicht eine Die neue Landesordnung beruhte, insofern sie Vorschriften über das ge¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0196" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/283549"/> <p xml:id="ID_553" prev="#ID_552"> seine Person für gefährdet, wenn er auf die noch unerledigten Artikel nicht eine<lb/> gnädige Antwort gäbe.</p><lb/> <p xml:id="ID_554" next="#ID_555"> Die neue Landesordnung beruhte, insofern sie Vorschriften über das ge¬<lb/> richtliche Verfahren enthielt, im Gegensatz zum Kaiserrecht und mißliebigen rö¬<lb/> mischen „auf Gebrauch und Herkommen". Ueber bürgerliche Streitsachen wurde<lb/> in den Städten nach ihren Freiheiten von Rathsmännern, auf dem Lande von<lb/> Geschwornen Recht gesprochen, betreffs der Appellation aber, je nachdem die<lb/> Gerichte den Landesbrauch angenommen oder bei ihren Statuten geblieben, nach<lb/> jenem oder diesen vorgegangen. Die Adeligen, die kein Gewerbe trieben, be¬<lb/> hielten ihre eigenen Gerichte in Innsbruck, Meran oder Bozen nach Maßgabe<lb/> ihres Wohnsitzes. Den Rechtsanwälten beließ man die von Maximilian fest¬<lb/> gesetzten Taxen, bestimmte das Siegelgeld wie vor Alters, gab für den Schreiber¬<lb/> lohn neue Vorschriften und stellte die Sterbtaxe sowie das einigen Klöstern ge¬<lb/> gebene Besthaupte gänzlich ab. Auch bei Verlassenschaften war der alte Landes¬<lb/> brauch maßgebend, und dem Mit einem lebenslangen Nutzgenuß Bedachten blieb<lb/> noch immer die Wahl vorbehalten, ob er diesen oder das Eigenthum des dritten<lb/> Theils des ganzen Nachlasses nehmen wollte. Dem Verlangen nach Reformen<lb/> wurde insbesondere in Sachen der öffentlichen Verwaltung und der Bodcnlastcn<lb/> Rechnung getragen. Man führte im ganzen Lande mit Einschluß der beiden<lb/> geistlichen Fürstenthümer gleiches Maß und Gewicht ein, erneuerte das alte<lb/> Verbot des Vorkaufs von Eß- und anderen Waaren bei Strafe der Fälligkeit,,<lb/> unterwarf wunderliche Darleiher dem Verluste des Geldes oder noch strengeren<lb/> Bußen und setzte die besonderen Begnadbriefe, welche die Zünfte zur Steigerung<lb/> ihres Arbeitslohnes benutzten, außer Kraft. Ebenso wurden einige Zölle im<lb/> Pusterthal abgeschafft. Der gewerbtreibende Adel mußte von nun an zu den<lb/> Gemeindelasten gleich den Unadeligen beisteuern. Die Ueberbürdung der Bauern¬<lb/> güter sollte vor allen durch eine gerichtliche Untersuchung erhoben und nach<lb/> deren Gutachten die Abgaben zeitweilig oder für immer vermindert werden.<lb/> Hierbei machten die Urbarialbücher als einseitige Aufschreibungen des Zinsherrn<lb/> keinen Beweis mehr, die Verleihung mußte von nun an nach Landesrecht ge¬<lb/> schehen. Der Auf- und Abzug wurde, wo nicht eine geringere Ehrung ge¬<lb/> bräuchlich, auf ein Pfund Pfeffer beschränkt, zweifache oder Wispelzinsen und<lb/> der kleine Feldzehent für Rüben, Grünmabd, Obst und Hühner, sowie auch<lb/> Roboten, die nicht verbrieft und seit 60 Jahren erweislich waren, ganz auf¬<lb/> gehoben. Afterzinsen als ablösbar erklärt, Wehsathen (Abgaben von Nahrungs¬<lb/> gegenständen) erhielten einen mäßigen Geldanschlag, in Fehljahren trat ein be¬<lb/> stimmter Nachlaß ein. Die Jagd von Roth- und Schwarzwild. Fasanen und<lb/> Federspiel, nämlich Falken und Habichten, blieb zwar in der Regel verboten,<lb/> erstere war jedoch, wo es die Nothdurft erforderte, nach vorläufiger Bitte und<lb/> Anzeige und zur Abwendung von Schaden, also ausnahmsweise gestattet, un-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0196]
seine Person für gefährdet, wenn er auf die noch unerledigten Artikel nicht eine
gnädige Antwort gäbe.
Die neue Landesordnung beruhte, insofern sie Vorschriften über das ge¬
richtliche Verfahren enthielt, im Gegensatz zum Kaiserrecht und mißliebigen rö¬
mischen „auf Gebrauch und Herkommen". Ueber bürgerliche Streitsachen wurde
in den Städten nach ihren Freiheiten von Rathsmännern, auf dem Lande von
Geschwornen Recht gesprochen, betreffs der Appellation aber, je nachdem die
Gerichte den Landesbrauch angenommen oder bei ihren Statuten geblieben, nach
jenem oder diesen vorgegangen. Die Adeligen, die kein Gewerbe trieben, be¬
hielten ihre eigenen Gerichte in Innsbruck, Meran oder Bozen nach Maßgabe
ihres Wohnsitzes. Den Rechtsanwälten beließ man die von Maximilian fest¬
gesetzten Taxen, bestimmte das Siegelgeld wie vor Alters, gab für den Schreiber¬
lohn neue Vorschriften und stellte die Sterbtaxe sowie das einigen Klöstern ge¬
gebene Besthaupte gänzlich ab. Auch bei Verlassenschaften war der alte Landes¬
brauch maßgebend, und dem Mit einem lebenslangen Nutzgenuß Bedachten blieb
noch immer die Wahl vorbehalten, ob er diesen oder das Eigenthum des dritten
Theils des ganzen Nachlasses nehmen wollte. Dem Verlangen nach Reformen
wurde insbesondere in Sachen der öffentlichen Verwaltung und der Bodcnlastcn
Rechnung getragen. Man führte im ganzen Lande mit Einschluß der beiden
geistlichen Fürstenthümer gleiches Maß und Gewicht ein, erneuerte das alte
Verbot des Vorkaufs von Eß- und anderen Waaren bei Strafe der Fälligkeit,,
unterwarf wunderliche Darleiher dem Verluste des Geldes oder noch strengeren
Bußen und setzte die besonderen Begnadbriefe, welche die Zünfte zur Steigerung
ihres Arbeitslohnes benutzten, außer Kraft. Ebenso wurden einige Zölle im
Pusterthal abgeschafft. Der gewerbtreibende Adel mußte von nun an zu den
Gemeindelasten gleich den Unadeligen beisteuern. Die Ueberbürdung der Bauern¬
güter sollte vor allen durch eine gerichtliche Untersuchung erhoben und nach
deren Gutachten die Abgaben zeitweilig oder für immer vermindert werden.
Hierbei machten die Urbarialbücher als einseitige Aufschreibungen des Zinsherrn
keinen Beweis mehr, die Verleihung mußte von nun an nach Landesrecht ge¬
schehen. Der Auf- und Abzug wurde, wo nicht eine geringere Ehrung ge¬
bräuchlich, auf ein Pfund Pfeffer beschränkt, zweifache oder Wispelzinsen und
der kleine Feldzehent für Rüben, Grünmabd, Obst und Hühner, sowie auch
Roboten, die nicht verbrieft und seit 60 Jahren erweislich waren, ganz auf¬
gehoben. Afterzinsen als ablösbar erklärt, Wehsathen (Abgaben von Nahrungs¬
gegenständen) erhielten einen mäßigen Geldanschlag, in Fehljahren trat ein be¬
stimmter Nachlaß ein. Die Jagd von Roth- und Schwarzwild. Fasanen und
Federspiel, nämlich Falken und Habichten, blieb zwar in der Regel verboten,
erstere war jedoch, wo es die Nothdurft erforderte, nach vorläufiger Bitte und
Anzeige und zur Abwendung von Schaden, also ausnahmsweise gestattet, un-
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