Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band.in originellster Sprache sich äußernden Freimuth eine der geachtetsten Persönlich¬ Auch der König und die Königin fanden Gefallen an dieser eigenthüm¬ "Glauben E. M. der Versicherung. daß es mir und manchen andern unbe¬ Mehr als einmal hab ick gewünscht, daß in Einem Moment alle zeitige Grenzboten III. 1866. 18
in originellster Sprache sich äußernden Freimuth eine der geachtetsten Persönlich¬ Auch der König und die Königin fanden Gefallen an dieser eigenthüm¬ „Glauben E. M. der Versicherung. daß es mir und manchen andern unbe¬ Mehr als einmal hab ick gewünscht, daß in Einem Moment alle zeitige Grenzboten III. 1866. 18
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in originellster Sprache sich äußernden Freimuth eine der geachtetsten Persönlich¬
keiten des Kreises, der sich in Königsberg um den Hof sammelte.
Auch der König und die Königin fanden Gefallen an dieser eigenthüm¬
lichen Natur, machten ihn zu ihrem Vertrauten und ließen sich mehr als ein¬
mal in wichtigen Dingen in freiester Rede von ihm Rath ertheilen. Zeugniß
davon sind die hier mitgetheilten achtzehn Briefe, die aus d»in im königlichen
Archive zu Königsberg aufbewahrten schriftlichen Nachlasse Schcffners zum ersten
Mal veröffentlicht wurden, und die besonders auf die Denkweise der Königin
ein interessantes Licht werfen. Einer dieser Briefe begleitet die „ciriaraoterW"
von de la Bruyöre, die der Kriegsrath der Königin mit Rücksicht auf ein mit
derselben gehabtes „kleines Gespräch über die den Regierenden höchstnöthige
Menschenprüfung und Kenntniß" übersendet. Mehre fernere Briefe stehen in
Verbindung mit dem Wunsche Scbeffners, die Erziehung des Kronprinzen
Dellbrück genommen und in andere Hände gelegt zu sehen, was in einer andern^
Unterredung mit Louisen angeregt worden war. und wobei der alte Gewissens¬
rath der Königin an Professor Süvern dachte. In einem derselben, welcher einer
Uebersicht über gewisse Vorlesungen Süverns und einem Bande von Herders
Schriften als Begleiter diente, wagt der wackere alte Herr sogar die ganze Um¬
gebung des Hofes anzugreifen und eine Reformirung derselben als dringlich
zu bezeichnen. Es heißt da, nachdem der Briefschreiber versichert, daß er gern
sein Leben hingeben möchte, wenn er „den von Gott Ew. M. verliehenen Geist
dahin bringen könnte, den Reichthum seiner Gaben königlich zu gebrauchen."
unter Anderem:
„Glauben E. M. der Versicherung. daß es mir und manchen andern unbe¬
greiflich ist, wie unter dem Vorsiz einer in jedem Wortverstande höchst liebens¬
würdigen Königin, und eines Königs, den alle Welt für verständig und ein¬
sichtsvoll, sowie für höchst bieder und rechtschaffen hält, ein mächtiges Reich
ein solches Mißgeschick hat treffen können, wofern man nicht an die Existenz ge¬
wisser kleinlicher Nebeneigenschaften des Geistes und Herzens glauben will, die
freylich durch ein immerwährendes Treiben und Reiben die hohen, die edelsten
Geistes, und Willenskräfte schwächen, zu sich herabziehen und unwirksam zu
machen vermögen.
Mehr als einmal hab ick gewünscht, daß in Einem Moment alle zeitige
Hofumgebungen sterben, und weil das Auge des Königs sich ungern an neue
Gestalten gewöhnt, ihre Leichname, der alten Lehre von der Seelenwanderung
zufolge, sofort von lauter wackern, klugen, fortschrittlustigen Geistern neu belebt
werden möchten. Würde nicht der König beym Anblick eines ganz anders be¬
seelten --zu E. M. gesagt haben: Luise, woher kommt diesem die Weis¬
heit und Energie? und wenn Sie Ihm dann auch die an Ihren Umgebungen
bemerkte glückliche Metamorphose mit Ihrer ganz unnachahmlich freundlichen
Grenzboten III. 1866. 18
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