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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. II. Band.

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bieten -- etwa ein klingendes! -- dann wird des ohne die geringsten Gewissens-
zweiscl Preußen geben, was es verlangt, und das wird dann wohl mehr sein,
als das letzte Mal. Wer weiß, wie bald el" solcher Fall eintreten kann? That¬
sächlich sind die Herzogthümer ja doch in preußischem Besitz. Daß der Frei¬
herr v. Zedlitz durch die neuen Jnstructionen, welche sein östreichischer College
bekommen haben soll, sehr gehemmt wurde, verlautet bis jetzt noch nicht. Aber
freilich wird dieser Zustand auf die Dauer höchst unbehaglich, schon wegen des
Mitgefühls, das uns das Heimweh der armen Kroaten, Magyaren und andrer
deutschen Brüder einflößt, welche wir so gern in ihre schöne Heunalh entließen.
Den Anblick der bösen Pickelhauben werden wir ja freilich so wie so nicht
wieder los werden.

Mit banger Erwartung richten wir nationalen unterdessen unsere Blicke
auf das preußische Abgeordnetenhaus. Allgemein ist anerkannt, daß das¬
selbe beim Wiederausbruch des Schleswig-holsteinschen Streits nur zögernd im
Spätherbst 1863 seine hohe Aufgabe übernahm. Die Erbitterung des parla¬
mentarischen Kampfes konnte damals für den Mangel an rascher Entschlossen¬
heit als Entschuldigung dienen; es war ja viel verlangt, daß man plötzlich mit
dem Ministerium, das man so heftig bekämpfte, Frieden schließen sollte, um
vereint mit ihm die höchsten deutschen Interessen zu vertreten. Inzwischen hat
dies selbe Ministerium doch den Kampf für Deutschland zu einem ehrenvollen
Ende geführt; diese Thatsache läßt sich nicht wegstreiten. Aber noch stehn große
Interessen auf dem Spiel. Gelingt es Oestreich/die Eonstituirung eines selbst¬
ständigen Kleinstaats nördlich von der Elbe durchzusetzen, dann ist el" großer
Theil des Gewinnes wieder preisgegeben. Die Abgeordneten haben jetzt Zeit
genug gehabt, sich über die Lage klar zu werden. Könnten sie wirklich ein
Parteuntercsse über das der Nation stellen, so würde der gesunde Sinn des
preußischen Volkes, sich von seinen Vertretern mit Trauer abwenden, aus
welche eS bisher so stolz war. Was man hier von der Stimmung liberaler
Abgeordnetenkreise hört, was gelegentlich in den Worten Einzelner zum Vor¬
schein kommt, klingt wenig tröstlich; aber noch geben wir die Hoffnung nicht
auf, daß die Mehrheit das thue, was ihre Pflicht verlangt. Eine offene Er¬
klärung der Abgeordneten, bah auch sie die nach Wien gerichteten preußischen For¬
derungen als das Minimum des zu Verlangenden ansehen und daß in dieser
Frage' die Regierung das ganze Volk hinter sich habe, würde nicht ohne blei¬
bende Wirkung auf die Herren in Wien, Kiel und Frankfurt sein. Es
ist freilich hart, daß man mit Herrn v. Bismarck gehn soll, aber thut
man es nicht, so zeigt man, daß man persönliche Antipathien über die
Sache des Vaterlandes setzt. Glaubt man, daß man durch eine Unterstützung
des Ministeriums in dieser Frage den liberalen Interessen schade, so bedenke
man doch, daß man ihnen durch Widerstand in ihr noch weit mehr schaden
wird, denn eine Neuwahl wird nach einem solchen Auftreten die Liberalen
wahrscheinlich vieler Stimmen berauben, und wir nationalen in den Herzog-
thümern würden dann leider in der widerwärtigen Lage sein, ein solches Resultat
erfreulich finden zu müssen.




Berantwortlicher Redacteur: or. Moritz Busch.
Verlag von F. L. Hering. -- Druck von C. E. ElveU in Leipzig.

bieten — etwa ein klingendes! — dann wird des ohne die geringsten Gewissens-
zweiscl Preußen geben, was es verlangt, und das wird dann wohl mehr sein,
als das letzte Mal. Wer weiß, wie bald el» solcher Fall eintreten kann? That¬
sächlich sind die Herzogthümer ja doch in preußischem Besitz. Daß der Frei¬
herr v. Zedlitz durch die neuen Jnstructionen, welche sein östreichischer College
bekommen haben soll, sehr gehemmt wurde, verlautet bis jetzt noch nicht. Aber
freilich wird dieser Zustand auf die Dauer höchst unbehaglich, schon wegen des
Mitgefühls, das uns das Heimweh der armen Kroaten, Magyaren und andrer
deutschen Brüder einflößt, welche wir so gern in ihre schöne Heunalh entließen.
Den Anblick der bösen Pickelhauben werden wir ja freilich so wie so nicht
wieder los werden.

Mit banger Erwartung richten wir nationalen unterdessen unsere Blicke
auf das preußische Abgeordnetenhaus. Allgemein ist anerkannt, daß das¬
selbe beim Wiederausbruch des Schleswig-holsteinschen Streits nur zögernd im
Spätherbst 1863 seine hohe Aufgabe übernahm. Die Erbitterung des parla¬
mentarischen Kampfes konnte damals für den Mangel an rascher Entschlossen¬
heit als Entschuldigung dienen; es war ja viel verlangt, daß man plötzlich mit
dem Ministerium, das man so heftig bekämpfte, Frieden schließen sollte, um
vereint mit ihm die höchsten deutschen Interessen zu vertreten. Inzwischen hat
dies selbe Ministerium doch den Kampf für Deutschland zu einem ehrenvollen
Ende geführt; diese Thatsache läßt sich nicht wegstreiten. Aber noch stehn große
Interessen auf dem Spiel. Gelingt es Oestreich/die Eonstituirung eines selbst¬
ständigen Kleinstaats nördlich von der Elbe durchzusetzen, dann ist el» großer
Theil des Gewinnes wieder preisgegeben. Die Abgeordneten haben jetzt Zeit
genug gehabt, sich über die Lage klar zu werden. Könnten sie wirklich ein
Parteuntercsse über das der Nation stellen, so würde der gesunde Sinn des
preußischen Volkes, sich von seinen Vertretern mit Trauer abwenden, aus
welche eS bisher so stolz war. Was man hier von der Stimmung liberaler
Abgeordnetenkreise hört, was gelegentlich in den Worten Einzelner zum Vor¬
schein kommt, klingt wenig tröstlich; aber noch geben wir die Hoffnung nicht
auf, daß die Mehrheit das thue, was ihre Pflicht verlangt. Eine offene Er¬
klärung der Abgeordneten, bah auch sie die nach Wien gerichteten preußischen For¬
derungen als das Minimum des zu Verlangenden ansehen und daß in dieser
Frage' die Regierung das ganze Volk hinter sich habe, würde nicht ohne blei¬
bende Wirkung auf die Herren in Wien, Kiel und Frankfurt sein. Es
ist freilich hart, daß man mit Herrn v. Bismarck gehn soll, aber thut
man es nicht, so zeigt man, daß man persönliche Antipathien über die
Sache des Vaterlandes setzt. Glaubt man, daß man durch eine Unterstützung
des Ministeriums in dieser Frage den liberalen Interessen schade, so bedenke
man doch, daß man ihnen durch Widerstand in ihr noch weit mehr schaden
wird, denn eine Neuwahl wird nach einem solchen Auftreten die Liberalen
wahrscheinlich vieler Stimmen berauben, und wir nationalen in den Herzog-
thümern würden dann leider in der widerwärtigen Lage sein, ein solches Resultat
erfreulich finden zu müssen.




Berantwortlicher Redacteur: or. Moritz Busch.
Verlag von F. L. Hering. — Druck von C. E. ElveU in Leipzig.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282796/46>, abgerufen am 04.12.2024.