Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. II. Band.Lande aber wird es die Sicherheit wahrlich nicht verringern, wenn Preußen Man ist genöthigt diese Forderungen als das Programm der preußischen Zunächst ist dies von dem Herzog Friedrich und seinen Räthen zu wün¬ Auch das hohe Haus der preußischen Abgeordneten findet in den Forderungen Lande aber wird es die Sicherheit wahrlich nicht verringern, wenn Preußen Man ist genöthigt diese Forderungen als das Programm der preußischen Zunächst ist dies von dem Herzog Friedrich und seinen Räthen zu wün¬ Auch das hohe Haus der preußischen Abgeordneten findet in den Forderungen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0043" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/282840"/> <p xml:id="ID_128" prev="#ID_127"> Lande aber wird es die Sicherheit wahrlich nicht verringern, wenn Preußen<lb/> das Recht erhält, grade die Truppen, welche ihm am meisten geeignet scheinen,<lb/> an der gefährdeten Nordgrenze aufzustellen, — Unter den übrigen preußischen<lb/> Forderungen ist die der Post- und Telegraphenverwaltung wahrscheinlich aus<lb/> militärischen Rücksichten eingeführt, die unbestimmte Abfassung des betreffenden<lb/> Paragraphen, aus welchem nicht deutlich wird, ob die Ertragsüberschüsse der<lb/> Landesregierung zu Gute kommen, macht hier Modificationen möglich. Darüber<lb/> würde sich nachträglich noch verhandeln lassen.</p><lb/> <p xml:id="ID_129"> Man ist genöthigt diese Forderungen als das Programm der preußischen<lb/> Regierung zu betrachten, man darf von Herzen damit einverstanden sein. Denn<lb/> jetzt ist keine Zeit an Einzelheiten zu mäkeln. Vielmehr ist dringend zu wün¬<lb/> schen, daß man an den beiden Stätten deutschen Bodens, wo die beistimmende<lb/> Aufnahme dieser Forderungen am wichtigsten ist, sich offen dafür ausspreche.</p><lb/> <p xml:id="ID_130"> Zunächst ist dies von dem Herzog Friedrich und seinen Räthen zu wün¬<lb/> schen. Wir haben stets für ein Unrecht gehalten, daß man bei den Verhand¬<lb/> lungen über die Zukunft der Herzogthümer die Person des Herzogs als un¬<lb/> wesentlich beiseite gehest hat, wir sind uns wohl bewußt, daß nur'die Existenz<lb/> dieses Fürsten, dessen'Erbrecht jeder Liberale vor anderthalb Jahren als natio¬<lb/> nales Glück im Munde führte, die Möglichkeit darbot, daß die Herzogthümer<lb/> dänenfrei wurden. Wir haben nie sein gutes Recht verläugnet, aber wir haben<lb/> ihm auch nie verborgen, daß sein gutes Recht einem bessern nachstehn muß,<lb/> wie jedes Recht, auch das des höchsten Fürsten, dem Gemeinwohl nachstehen muß.<lb/> Es ist die Zeit gekommen, wo ihm dies Opfer zugemuthet werden darf. Denn jetzt<lb/> ist nach allem, was versäumt und vergeblich versucht wurde, vielleicht letzte Ge¬<lb/> legenheit für ihn, aus seiner abwartenden Stellung herauszutreten. Noch ver¬<lb/> mag er jetzt durch Annahme der preußischen Vorschläge sich eine Beachtung zu<lb/> erzwingen, welche ihm eine Zukunft in den Herzogthümern sichert. Weder die<lb/> Unterstützung Oestreichs noch die abmahnenden Rufe anderer deutscher Höfe werden<lb/> ihn sicher davor bewahren, daß die Menge, weiche nach den Erfolgen ihre Rech¬<lb/> nung anstellt, allmälig auch in den Herzogthümern ihm fremd wird. Der Weg,<lb/> die Änncxionsversuche des Herrn v. Bismarck durch Betonung des Paticularismus<lb/> in den Herzogthümern zu bekämpfen, führt zu keinem Ziele. Die Verhandlungen<lb/> der Schleswig-holsteinischen Vereine mit Männern des Sechsunddreißigeraus-<lb/> schusses sind'in diesem Augenblick, wie wir fürchten, durchaus fruchtlos. Das<lb/> Spiel, welches über den' Herzogthümern beginnt, ist sehr gewagt für Preu¬<lb/> ßen, es ist aber noch gefährlicher für die Erbansprüche eines Fürsten. In<lb/> Preußen mögen die Personen wechseln, aber auch ein neues Ministerium wird<lb/> die Sachlage vom preußischen Standpunkt nach der grade vorhandenen Situa¬<lb/> tion beurtheilen.</p><lb/> <p xml:id="ID_131"> Auch das hohe Haus der preußischen Abgeordneten findet in den Forderungen<lb/> seiner Regierung eine Basis, auf welcher die Parteien für diese Angelegenheit<lb/> sich im Kompromiß vereinigen können. Die formulirten Forderungen vertreten<lb/> deutsches Interesse, preußisches Interesse. Sie gestatten die möglichst schnellste<lb/> Lösung, welche weniger Verwickelungen und Gefahren darbietet als die völlige<lb/> Einverleibung durch ein reaktionäres Ministerium, die diesem nur durch ein<lb/> System des Cäsarismus möglich ist. und deshalb eine liberale Opposition mehr<lb/> als einmal in die gefährliche Lage bringen kann, entweder große reale Staats¬<lb/> interessen zu bekämpfen oder Maßregeln der Willkür und verächtliche Behand¬<lb/> lung eines Volkswillens schweigend zu ertragen.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0043]
Lande aber wird es die Sicherheit wahrlich nicht verringern, wenn Preußen
das Recht erhält, grade die Truppen, welche ihm am meisten geeignet scheinen,
an der gefährdeten Nordgrenze aufzustellen, — Unter den übrigen preußischen
Forderungen ist die der Post- und Telegraphenverwaltung wahrscheinlich aus
militärischen Rücksichten eingeführt, die unbestimmte Abfassung des betreffenden
Paragraphen, aus welchem nicht deutlich wird, ob die Ertragsüberschüsse der
Landesregierung zu Gute kommen, macht hier Modificationen möglich. Darüber
würde sich nachträglich noch verhandeln lassen.
Man ist genöthigt diese Forderungen als das Programm der preußischen
Regierung zu betrachten, man darf von Herzen damit einverstanden sein. Denn
jetzt ist keine Zeit an Einzelheiten zu mäkeln. Vielmehr ist dringend zu wün¬
schen, daß man an den beiden Stätten deutschen Bodens, wo die beistimmende
Aufnahme dieser Forderungen am wichtigsten ist, sich offen dafür ausspreche.
Zunächst ist dies von dem Herzog Friedrich und seinen Räthen zu wün¬
schen. Wir haben stets für ein Unrecht gehalten, daß man bei den Verhand¬
lungen über die Zukunft der Herzogthümer die Person des Herzogs als un¬
wesentlich beiseite gehest hat, wir sind uns wohl bewußt, daß nur'die Existenz
dieses Fürsten, dessen'Erbrecht jeder Liberale vor anderthalb Jahren als natio¬
nales Glück im Munde führte, die Möglichkeit darbot, daß die Herzogthümer
dänenfrei wurden. Wir haben nie sein gutes Recht verläugnet, aber wir haben
ihm auch nie verborgen, daß sein gutes Recht einem bessern nachstehn muß,
wie jedes Recht, auch das des höchsten Fürsten, dem Gemeinwohl nachstehen muß.
Es ist die Zeit gekommen, wo ihm dies Opfer zugemuthet werden darf. Denn jetzt
ist nach allem, was versäumt und vergeblich versucht wurde, vielleicht letzte Ge¬
legenheit für ihn, aus seiner abwartenden Stellung herauszutreten. Noch ver¬
mag er jetzt durch Annahme der preußischen Vorschläge sich eine Beachtung zu
erzwingen, welche ihm eine Zukunft in den Herzogthümern sichert. Weder die
Unterstützung Oestreichs noch die abmahnenden Rufe anderer deutscher Höfe werden
ihn sicher davor bewahren, daß die Menge, weiche nach den Erfolgen ihre Rech¬
nung anstellt, allmälig auch in den Herzogthümern ihm fremd wird. Der Weg,
die Änncxionsversuche des Herrn v. Bismarck durch Betonung des Paticularismus
in den Herzogthümern zu bekämpfen, führt zu keinem Ziele. Die Verhandlungen
der Schleswig-holsteinischen Vereine mit Männern des Sechsunddreißigeraus-
schusses sind'in diesem Augenblick, wie wir fürchten, durchaus fruchtlos. Das
Spiel, welches über den' Herzogthümern beginnt, ist sehr gewagt für Preu¬
ßen, es ist aber noch gefährlicher für die Erbansprüche eines Fürsten. In
Preußen mögen die Personen wechseln, aber auch ein neues Ministerium wird
die Sachlage vom preußischen Standpunkt nach der grade vorhandenen Situa¬
tion beurtheilen.
Auch das hohe Haus der preußischen Abgeordneten findet in den Forderungen
seiner Regierung eine Basis, auf welcher die Parteien für diese Angelegenheit
sich im Kompromiß vereinigen können. Die formulirten Forderungen vertreten
deutsches Interesse, preußisches Interesse. Sie gestatten die möglichst schnellste
Lösung, welche weniger Verwickelungen und Gefahren darbietet als die völlige
Einverleibung durch ein reaktionäres Ministerium, die diesem nur durch ein
System des Cäsarismus möglich ist. und deshalb eine liberale Opposition mehr
als einmal in die gefährliche Lage bringen kann, entweder große reale Staats¬
interessen zu bekämpfen oder Maßregeln der Willkür und verächtliche Behand¬
lung eines Volkswillens schweigend zu ertragen.
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