Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. II. Band.und Ganzen aber müssen wir gestehen, daß wir diesem breiten Reden von sich und Geschichte Nassaus von der Reformation bis zu Anfang des drcißigjähri gen Krieges. Von E. F. Keller. Wiesbaden, Verlag von Chr. Lim- barth. 1864. 647 S. Oct. Eine fleißige und in mehrfacher Beziehung werthvolle Arbeit, die, da über den Verantwortlicher Redacteur: or. Moritz Busch. Verlag von F. L. Herbig. -- Druck von C. E. Abert in Leipzig. und Ganzen aber müssen wir gestehen, daß wir diesem breiten Reden von sich und Geschichte Nassaus von der Reformation bis zu Anfang des drcißigjähri gen Krieges. Von E. F. Keller. Wiesbaden, Verlag von Chr. Lim- barth. 1864. 647 S. Oct. Eine fleißige und in mehrfacher Beziehung werthvolle Arbeit, die, da über den Verantwortlicher Redacteur: or. Moritz Busch. Verlag von F. L. Herbig. — Druck von C. E. Abert in Leipzig. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0214" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/283011"/> <p xml:id="ID_706" prev="#ID_705"> und Ganzen aber müssen wir gestehen, daß wir diesem breiten Reden von sich und<lb/> seinen innern Erfahrungen, seinen Tugenden und Leistungen (man vergleiche Aeuße¬<lb/> rungen wie die, welche auf S. 183 in den Worten gipfeich „In Wahrheit, ich darf<lb/> es sagen, es war ein großes Maß von Berufstreue in mir auch für dieses Wirken"<lb/> — eine.Sclbstbcwunderung, für die sich noch eine gute Anzahl von Beispielen finden<lb/> ließe) diesen Citaten aus alten Tagebüchern, diesen ausführlichen Beschreibungen<lb/> ganz gewöhnlicher Erlebnisse wenig Frucht entnehmen konnten und sehr Vieles als<lb/> geradezu langweilig gern entbehrt Hütten. Wäre es Goethe selbst und nicht blos<lb/> einer der Herren, die ihm nachzuempfinden und nachzuschreiben suchen, so wollten<lb/> wir auch das sachlich Unbedeutende dankbar annehmen. Wie die Sachen stehen,<lb/> hätten wir statt unfruchtbarer, wenigstens für das große Publikum unfruchtbarer<lb/> Schöngeistigkeit lieber eine anschaulichere Darstellung der Zustände, in denen der Ver¬<lb/> fasser in Dresden lebte, und liebevoller ausgeführte Porträts der zum Theil be¬<lb/> deutenden Persönlichkeiten, mit denen er verkehrte, gesehen. Aber dazu fehlte<lb/> offenbar die Neigung. Die eigne Person und was ihr allmälig „aufging", war<lb/> die Hauptsache, alles Uebrige nur Staffage. Ueber die großen politischen Begeben¬<lb/> heiten der ersten zwei Jahrzehnte unseres Säculums, die Freiheitskriege z. B. nur<lb/> ein paar dürftige Zeilen; ja selbst die sächsische Loyalität, die über die Theilung<lb/> des Königsreichs jammert, und die sich an einem später bei Hofe wohlgclittencn<lb/> Gelehrten gut aufnehmen würde, scheint nach den betreffenden Stellen des Buches<lb/> nur mäßig entwickelt^gewesen zu sein.</p><lb/> </div> <div n="2"> <head> Geschichte Nassaus von der Reformation bis zu Anfang des<lb/> drcißigjähri gen Krieges. Von E. F. Keller. Wiesbaden, Verlag von Chr. Lim-<lb/> barth. 1864. 647 S. Oct.</head><lb/> <p xml:id="ID_707"> Eine fleißige und in mehrfacher Beziehung werthvolle Arbeit, die, da über den<lb/> hier behandelten Zeitraum der Geschichte des Herzogthums Nassau bis zu ihrem<lb/> Erscheinen nur sehr wenig geschrieben war, doppelten Werth hat, wiewohl der Ver¬<lb/> fasser verhindert war, alle hier in Frage kommenden Quellen zu benutzen, und<lb/> namentlich die Archive der Herrschaft Königstein und die der ehemals mainzischen<lb/> und trierschen Theile des Ländchens von ihm nicht durchgesehen werden konnten. Dem<lb/> großen confessionellen Kampfe, der in dieser Periode alle Gemüther und Kräfte in<lb/> Bewegung setzte, folgt der Verfasser in allen seinen mannigfaltigen Wendungen, bis¬<lb/> weilen mehr, als es der eigentliche Gegenstand seiner Darstellung fordert, wogegen<lb/> zu loben ist, daß er die sich entgegenstehenden Ansichten der Parteien mit möglichster<lb/> Objectivität behandelt. , Ein besonderes Interesse gewinnt die Schrift dadurch, daß<lb/> der Antheil Nassaus an den Ereignissen, die mit der Befreiung der Niederlande vom<lb/> spanischen Joch endigten, mit besonderer Ausführlichkeit geschildert ist. Noch ist von<lb/> keinem Historiker nachgewiesen worden, welche Opfer von Seiten des nassauischcn Landes<lb/> und Fürstenhauses für jenes große Unternehmen gebracht wurden, und wenn der<lb/> Verfasser hier urkundlich darthut, wie man allmälig alle Landestheile verpfändete,<lb/> um die Kosten der verschiedenen Feldzüge zu erschwingen, und wie Nassau von Seiten<lb/> der vereinigten Provinzen später entschädigt wurde, so bereichert er in der That<lb/> nicht unwesentlich unsere Kenntniß von diesen Vorgängen. Schließlich verdient noch<lb/> Lob, daß das Werk auch der Kulturgeschichte in ziemlich reichlichem Maße (besonders<lb/> im 14. Capitel) seine Beachtung zuwendet. Eine etwas cvncisere Schreibweise und<lb/> die Gabe. geschickt und wirksam zu gruppiren würde dem Buch eine noch ehren¬<lb/> vollere Stelle in der Reihe der Spceialgeschichtcn gesichert haben, als es nach den<lb/> hervorgehobenen Vorzügen verdient.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <note type="byline"> Verantwortlicher Redacteur: or. Moritz Busch.<lb/> Verlag von F. L. Herbig. — Druck von C. E. Abert in Leipzig.</note><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0214]
und Ganzen aber müssen wir gestehen, daß wir diesem breiten Reden von sich und
seinen innern Erfahrungen, seinen Tugenden und Leistungen (man vergleiche Aeuße¬
rungen wie die, welche auf S. 183 in den Worten gipfeich „In Wahrheit, ich darf
es sagen, es war ein großes Maß von Berufstreue in mir auch für dieses Wirken"
— eine.Sclbstbcwunderung, für die sich noch eine gute Anzahl von Beispielen finden
ließe) diesen Citaten aus alten Tagebüchern, diesen ausführlichen Beschreibungen
ganz gewöhnlicher Erlebnisse wenig Frucht entnehmen konnten und sehr Vieles als
geradezu langweilig gern entbehrt Hütten. Wäre es Goethe selbst und nicht blos
einer der Herren, die ihm nachzuempfinden und nachzuschreiben suchen, so wollten
wir auch das sachlich Unbedeutende dankbar annehmen. Wie die Sachen stehen,
hätten wir statt unfruchtbarer, wenigstens für das große Publikum unfruchtbarer
Schöngeistigkeit lieber eine anschaulichere Darstellung der Zustände, in denen der Ver¬
fasser in Dresden lebte, und liebevoller ausgeführte Porträts der zum Theil be¬
deutenden Persönlichkeiten, mit denen er verkehrte, gesehen. Aber dazu fehlte
offenbar die Neigung. Die eigne Person und was ihr allmälig „aufging", war
die Hauptsache, alles Uebrige nur Staffage. Ueber die großen politischen Begeben¬
heiten der ersten zwei Jahrzehnte unseres Säculums, die Freiheitskriege z. B. nur
ein paar dürftige Zeilen; ja selbst die sächsische Loyalität, die über die Theilung
des Königsreichs jammert, und die sich an einem später bei Hofe wohlgclittencn
Gelehrten gut aufnehmen würde, scheint nach den betreffenden Stellen des Buches
nur mäßig entwickelt^gewesen zu sein.
Geschichte Nassaus von der Reformation bis zu Anfang des
drcißigjähri gen Krieges. Von E. F. Keller. Wiesbaden, Verlag von Chr. Lim-
barth. 1864. 647 S. Oct.
Eine fleißige und in mehrfacher Beziehung werthvolle Arbeit, die, da über den
hier behandelten Zeitraum der Geschichte des Herzogthums Nassau bis zu ihrem
Erscheinen nur sehr wenig geschrieben war, doppelten Werth hat, wiewohl der Ver¬
fasser verhindert war, alle hier in Frage kommenden Quellen zu benutzen, und
namentlich die Archive der Herrschaft Königstein und die der ehemals mainzischen
und trierschen Theile des Ländchens von ihm nicht durchgesehen werden konnten. Dem
großen confessionellen Kampfe, der in dieser Periode alle Gemüther und Kräfte in
Bewegung setzte, folgt der Verfasser in allen seinen mannigfaltigen Wendungen, bis¬
weilen mehr, als es der eigentliche Gegenstand seiner Darstellung fordert, wogegen
zu loben ist, daß er die sich entgegenstehenden Ansichten der Parteien mit möglichster
Objectivität behandelt. , Ein besonderes Interesse gewinnt die Schrift dadurch, daß
der Antheil Nassaus an den Ereignissen, die mit der Befreiung der Niederlande vom
spanischen Joch endigten, mit besonderer Ausführlichkeit geschildert ist. Noch ist von
keinem Historiker nachgewiesen worden, welche Opfer von Seiten des nassauischcn Landes
und Fürstenhauses für jenes große Unternehmen gebracht wurden, und wenn der
Verfasser hier urkundlich darthut, wie man allmälig alle Landestheile verpfändete,
um die Kosten der verschiedenen Feldzüge zu erschwingen, und wie Nassau von Seiten
der vereinigten Provinzen später entschädigt wurde, so bereichert er in der That
nicht unwesentlich unsere Kenntniß von diesen Vorgängen. Schließlich verdient noch
Lob, daß das Werk auch der Kulturgeschichte in ziemlich reichlichem Maße (besonders
im 14. Capitel) seine Beachtung zuwendet. Eine etwas cvncisere Schreibweise und
die Gabe. geschickt und wirksam zu gruppiren würde dem Buch eine noch ehren¬
vollere Stelle in der Reihe der Spceialgeschichtcn gesichert haben, als es nach den
hervorgehobenen Vorzügen verdient.
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