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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band.

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kurzen Rückzug Mac Clellans schloß und das Mißlingen seines ganzen Unter¬
nehmens bezeichnete. Die Union verlor hier 6000 Mann.

Unterdessen hatte Mac Clellan zwei Divisionen unter General Porter auf
die Verbindung zwischen Richmond und Washington geworfen, um sich auf
Fredericksburg, wo Mac Doweil stand, basiren und von dort möglicherweise
Hülfe erhalten zu können. Es gelang ihm auch, durch ein glänzendes Gefecht
Herr der beiden von Richmond nördlich führenden Eisenbahnen zu werden, aber
aus Washington kam der Befehl, die geöffnete Communication durch Zerstörung
aller Brücken sofort zu unterbrechen, damit die Conföderirten keinesfalls diesen
Weg dorthin benutzen könnten. Dem Conföderirtengencral Jackson war es
nämlich gelungen, längs und in den Rocky Mountains gegen den Potomac
vorzudringen und mit seinen höchstens 20,000 Mann nicht nur die beiden gegen
ihn in Thätigkeit gesetzten, mindestens gleich starken Corps von Banks und Fre-
mont einzeln zu schlagen, sondern auch Mac Dowell mit 40.000 Mann bei
Fredericksburg in Schach zu halten. Diese Erfolge allarmirten das Land und
forderten eine energische Sicherung der Hauptstadt. Lincoln legte deshalb den
Befehl der einzelnen Corps in eine Hand und berief Pope zu diesem Zweck;
Fremont trat in Folge dessen zurück und Sigel kam an seine Stelle. Aber
selbst den vereinten Bestrebungen des übermächtigen Gegners verstand es Jack¬
son noch Erfolge abzuringen, sich dabei durch rechtzeitigen Rückzug allen um¬
fassenden Manövern zu entziehen und dann nach Richmond zur großen Ent¬
scheidung zu eilen, während der Gegner stehen blieb und sich freute, daß er
fort war. Anfang Juni schlug Jackson noch in der Nähe des Potomac, am
26. griff er schon den Flügel Mac Clellans am Chickahominy an und warf
ihn. Lee mit dem Hauptheer der Conföderirten verband sich mit ihm und beide
drängten den Gegner in wiederholten Schlachten bei Gaincshill, bei Peack
Orchard, bei White Oak Swamp und bei Malvern Hills, mit einem Verlust
von über 15.000 Mann nach dem Jamec-River, wo derselbe unter dem Schutze
seiner Kanonenboote am 1. Juli Halt gewann. Hier traf der General Burn-
side. der bisher in Nordcarolina commandirt hatte, zur Verstärkung ein und die
Armee benutzte die gewonnene feste Position, um sich zu erholen und zu reformiren.

Mac Clellan hoffte nach Heranziehung seiner Depots und nach dem Ein¬
treffen noch einiger frischer Truppentheile von seiner neuen Basis aus. mit
wieder neu zu erbauenden Straßen, Brücken und Werken gegen Richmond vor-
zugehn. In Washington aber hatte man die Lust zu so weit ausgreifenden und
die eigene Hauptstadt bloßlassenden Operationen verloren, man konnte sich jedoch
noch nicht entschließen, vor der Welt offen einzugestehen, daß der mächtige
Norden geschlagen war. Man ließ Mac Clellan, außer Stande, etwas zu
thun, auf seiner Halbinsel stehen, bis der Feind vor den Thoren Washingtons
stand und alle irgend verwendbaren Streitkräfte der Union dorthin zwang.


kurzen Rückzug Mac Clellans schloß und das Mißlingen seines ganzen Unter¬
nehmens bezeichnete. Die Union verlor hier 6000 Mann.

Unterdessen hatte Mac Clellan zwei Divisionen unter General Porter auf
die Verbindung zwischen Richmond und Washington geworfen, um sich auf
Fredericksburg, wo Mac Doweil stand, basiren und von dort möglicherweise
Hülfe erhalten zu können. Es gelang ihm auch, durch ein glänzendes Gefecht
Herr der beiden von Richmond nördlich führenden Eisenbahnen zu werden, aber
aus Washington kam der Befehl, die geöffnete Communication durch Zerstörung
aller Brücken sofort zu unterbrechen, damit die Conföderirten keinesfalls diesen
Weg dorthin benutzen könnten. Dem Conföderirtengencral Jackson war es
nämlich gelungen, längs und in den Rocky Mountains gegen den Potomac
vorzudringen und mit seinen höchstens 20,000 Mann nicht nur die beiden gegen
ihn in Thätigkeit gesetzten, mindestens gleich starken Corps von Banks und Fre-
mont einzeln zu schlagen, sondern auch Mac Dowell mit 40.000 Mann bei
Fredericksburg in Schach zu halten. Diese Erfolge allarmirten das Land und
forderten eine energische Sicherung der Hauptstadt. Lincoln legte deshalb den
Befehl der einzelnen Corps in eine Hand und berief Pope zu diesem Zweck;
Fremont trat in Folge dessen zurück und Sigel kam an seine Stelle. Aber
selbst den vereinten Bestrebungen des übermächtigen Gegners verstand es Jack¬
son noch Erfolge abzuringen, sich dabei durch rechtzeitigen Rückzug allen um¬
fassenden Manövern zu entziehen und dann nach Richmond zur großen Ent¬
scheidung zu eilen, während der Gegner stehen blieb und sich freute, daß er
fort war. Anfang Juni schlug Jackson noch in der Nähe des Potomac, am
26. griff er schon den Flügel Mac Clellans am Chickahominy an und warf
ihn. Lee mit dem Hauptheer der Conföderirten verband sich mit ihm und beide
drängten den Gegner in wiederholten Schlachten bei Gaincshill, bei Peack
Orchard, bei White Oak Swamp und bei Malvern Hills, mit einem Verlust
von über 15.000 Mann nach dem Jamec-River, wo derselbe unter dem Schutze
seiner Kanonenboote am 1. Juli Halt gewann. Hier traf der General Burn-
side. der bisher in Nordcarolina commandirt hatte, zur Verstärkung ein und die
Armee benutzte die gewonnene feste Position, um sich zu erholen und zu reformiren.

Mac Clellan hoffte nach Heranziehung seiner Depots und nach dem Ein¬
treffen noch einiger frischer Truppentheile von seiner neuen Basis aus. mit
wieder neu zu erbauenden Straßen, Brücken und Werken gegen Richmond vor-
zugehn. In Washington aber hatte man die Lust zu so weit ausgreifenden und
die eigene Hauptstadt bloßlassenden Operationen verloren, man konnte sich jedoch
noch nicht entschließen, vor der Welt offen einzugestehen, daß der mächtige
Norden geschlagen war. Man ließ Mac Clellan, außer Stande, etwas zu
thun, auf seiner Halbinsel stehen, bis der Feind vor den Thoren Washingtons
stand und alle irgend verwendbaren Streitkräfte der Union dorthin zwang.


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[0072] kurzen Rückzug Mac Clellans schloß und das Mißlingen seines ganzen Unter¬ nehmens bezeichnete. Die Union verlor hier 6000 Mann. Unterdessen hatte Mac Clellan zwei Divisionen unter General Porter auf die Verbindung zwischen Richmond und Washington geworfen, um sich auf Fredericksburg, wo Mac Doweil stand, basiren und von dort möglicherweise Hülfe erhalten zu können. Es gelang ihm auch, durch ein glänzendes Gefecht Herr der beiden von Richmond nördlich führenden Eisenbahnen zu werden, aber aus Washington kam der Befehl, die geöffnete Communication durch Zerstörung aller Brücken sofort zu unterbrechen, damit die Conföderirten keinesfalls diesen Weg dorthin benutzen könnten. Dem Conföderirtengencral Jackson war es nämlich gelungen, längs und in den Rocky Mountains gegen den Potomac vorzudringen und mit seinen höchstens 20,000 Mann nicht nur die beiden gegen ihn in Thätigkeit gesetzten, mindestens gleich starken Corps von Banks und Fre- mont einzeln zu schlagen, sondern auch Mac Dowell mit 40.000 Mann bei Fredericksburg in Schach zu halten. Diese Erfolge allarmirten das Land und forderten eine energische Sicherung der Hauptstadt. Lincoln legte deshalb den Befehl der einzelnen Corps in eine Hand und berief Pope zu diesem Zweck; Fremont trat in Folge dessen zurück und Sigel kam an seine Stelle. Aber selbst den vereinten Bestrebungen des übermächtigen Gegners verstand es Jack¬ son noch Erfolge abzuringen, sich dabei durch rechtzeitigen Rückzug allen um¬ fassenden Manövern zu entziehen und dann nach Richmond zur großen Ent¬ scheidung zu eilen, während der Gegner stehen blieb und sich freute, daß er fort war. Anfang Juni schlug Jackson noch in der Nähe des Potomac, am 26. griff er schon den Flügel Mac Clellans am Chickahominy an und warf ihn. Lee mit dem Hauptheer der Conföderirten verband sich mit ihm und beide drängten den Gegner in wiederholten Schlachten bei Gaincshill, bei Peack Orchard, bei White Oak Swamp und bei Malvern Hills, mit einem Verlust von über 15.000 Mann nach dem Jamec-River, wo derselbe unter dem Schutze seiner Kanonenboote am 1. Juli Halt gewann. Hier traf der General Burn- side. der bisher in Nordcarolina commandirt hatte, zur Verstärkung ein und die Armee benutzte die gewonnene feste Position, um sich zu erholen und zu reformiren. Mac Clellan hoffte nach Heranziehung seiner Depots und nach dem Ein¬ treffen noch einiger frischer Truppentheile von seiner neuen Basis aus. mit wieder neu zu erbauenden Straßen, Brücken und Werken gegen Richmond vor- zugehn. In Washington aber hatte man die Lust zu so weit ausgreifenden und die eigene Hauptstadt bloßlassenden Operationen verloren, man konnte sich jedoch noch nicht entschließen, vor der Welt offen einzugestehen, daß der mächtige Norden geschlagen war. Man ließ Mac Clellan, außer Stande, etwas zu thun, auf seiner Halbinsel stehen, bis der Feind vor den Thoren Washingtons stand und alle irgend verwendbaren Streitkräfte der Union dorthin zwang.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282240/72>, abgerufen am 23.07.2024.