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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band.

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In letzterer Zeit waren die Kriegsoperationen dem Norden günstig. Eine
Beendigung des Kampfes scheint mir jedoch noch nicht so nahe, als man gern
annimmt, und obgleich es Thatsache ist, daß der Präsident mit seinem ersten
Minister eine Zusammenkunft mit Abgeordneten der feindlichen Regierung hatte,
so ist doch vorläufig nichts erzielt worden und ich bezweifle nicht, daß der
Süden fest entschlossen ist. alles daran zu setzen und lieber zu Grunde zu gehen,
als in den früheren Staatenverband wieder zurückzutreten. England und Frank¬
reich werden das Ihre dazu thun, die Macht des Nordens zu lahmen, und so
ist eine Besserung der Verhältnisse, namentlich eine Herabsetzung der Existenz¬
mittel auf geringere Preise, wohl nicht in naher Aussicht. Doch wir sind
guten Muthes. Nächst der Fähigkeit zu zahlen ist die Generosität des Ameri¬
kaners nicht genug anzuerkennen. Jede Stadt von einiger Bedeutung veran¬
staltet Industrie- und Kunstausstellungen, deren Gegenstände geschenkt und von
den liebenswürdigsten Damen dem Publikum zu hohen Preisen aufgeschwatzt
werden. Der Erlös, der sich in Bausch und Bogen auf circa 2Vs Millionen
belief, wurde zum Besten der Armee und Flotte verwendet. Heute taucht eine
Idee auf, und morgen wird sie schon verwirklicht. In der Weihnachtswoche
erschien hier ein Aufruf: unseren Soldaten im Felde ein ordentliches Christmas-
diner zu bereiten; zugleich wurde Zeit und Local angegeben, wo etwaige
Spenden in Empfang genommen werden sollten. Zwei Tage später waren
dort 60.000 Truthühner, nebst Massen von eingemachten Früchten, Backwerk
und Anderem abgegeben und da bald andere Städte mit uns wetteiferten, s"
kann man sich denken, was da in kurzer Zeit zusammengekommen war. --

Inzwischen erreicht unsere Staatsschuld in diesem Jahre die Summe von
4000 Millionen! -- Wer sie bezahlt und wann sie getilgt wird, darum wollen wir
uns nicht grämen; genug, daß wir gern und willig die außerordentlichen Taxe"
zu einer Höhe zahlen, wie sonst kein Volk der Erde. Vom Präsidenten herab bis
zum Arbeiter, der über 600 Doll. jährlich verdient, muß alles von seinein
Einkommen fünf Procent zahlen,'der Manufacturist noch extra von jedem Fabri'
rat fünf Procent. Versäumnisse oder Unrichtigkeiten werden mit 600 Doll. be¬
straft. Jeder Wechsel, nach Betrag des Werthes,-jede Photographie, das Päck¬
chen Zündhölzer muß den Stempel führen! -- Groß sind die Summen, die
dadurch dem Staate zufließen und wenn dabei alles mit rechten Dingen zuginge,
so wäre ein Veranschlagen von 200 Millionen durch inländische Taxen zu er¬
zielen, wohl nicht zu hoch gegriffen, wenn man namentlich liest, wie hoch die
Summen der Taxzahlenden in einzelnen Fällen sich belaufen.



In letzterer Zeit waren die Kriegsoperationen dem Norden günstig. Eine
Beendigung des Kampfes scheint mir jedoch noch nicht so nahe, als man gern
annimmt, und obgleich es Thatsache ist, daß der Präsident mit seinem ersten
Minister eine Zusammenkunft mit Abgeordneten der feindlichen Regierung hatte,
so ist doch vorläufig nichts erzielt worden und ich bezweifle nicht, daß der
Süden fest entschlossen ist. alles daran zu setzen und lieber zu Grunde zu gehen,
als in den früheren Staatenverband wieder zurückzutreten. England und Frank¬
reich werden das Ihre dazu thun, die Macht des Nordens zu lahmen, und so
ist eine Besserung der Verhältnisse, namentlich eine Herabsetzung der Existenz¬
mittel auf geringere Preise, wohl nicht in naher Aussicht. Doch wir sind
guten Muthes. Nächst der Fähigkeit zu zahlen ist die Generosität des Ameri¬
kaners nicht genug anzuerkennen. Jede Stadt von einiger Bedeutung veran¬
staltet Industrie- und Kunstausstellungen, deren Gegenstände geschenkt und von
den liebenswürdigsten Damen dem Publikum zu hohen Preisen aufgeschwatzt
werden. Der Erlös, der sich in Bausch und Bogen auf circa 2Vs Millionen
belief, wurde zum Besten der Armee und Flotte verwendet. Heute taucht eine
Idee auf, und morgen wird sie schon verwirklicht. In der Weihnachtswoche
erschien hier ein Aufruf: unseren Soldaten im Felde ein ordentliches Christmas-
diner zu bereiten; zugleich wurde Zeit und Local angegeben, wo etwaige
Spenden in Empfang genommen werden sollten. Zwei Tage später waren
dort 60.000 Truthühner, nebst Massen von eingemachten Früchten, Backwerk
und Anderem abgegeben und da bald andere Städte mit uns wetteiferten, s»
kann man sich denken, was da in kurzer Zeit zusammengekommen war. —

Inzwischen erreicht unsere Staatsschuld in diesem Jahre die Summe von
4000 Millionen! — Wer sie bezahlt und wann sie getilgt wird, darum wollen wir
uns nicht grämen; genug, daß wir gern und willig die außerordentlichen Taxe»
zu einer Höhe zahlen, wie sonst kein Volk der Erde. Vom Präsidenten herab bis
zum Arbeiter, der über 600 Doll. jährlich verdient, muß alles von seinein
Einkommen fünf Procent zahlen,'der Manufacturist noch extra von jedem Fabri'
rat fünf Procent. Versäumnisse oder Unrichtigkeiten werden mit 600 Doll. be¬
straft. Jeder Wechsel, nach Betrag des Werthes,-jede Photographie, das Päck¬
chen Zündhölzer muß den Stempel führen! — Groß sind die Summen, die
dadurch dem Staate zufließen und wenn dabei alles mit rechten Dingen zuginge,
so wäre ein Veranschlagen von 200 Millionen durch inländische Taxen zu er¬
zielen, wohl nicht zu hoch gegriffen, wenn man namentlich liest, wie hoch die
Summen der Taxzahlenden in einzelnen Fällen sich belaufen.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282240/506>, abgerufen am 23.07.2024.