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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band.

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den unerledigten Wahlact herbeigeführt wurden. Vielleicht daß die erfolgte
Wiederwahl seine Leitung nunmehr fester, schärfer macht. -- Um die größere
Gewalt der Führer zu verstehen, bedarf es nur des Hinweises, daß der Süden
im Jahr 1864 noch dieselben Generale an der Spitze der Armee hatte, welche
beim Beginn des Krieges dazu berufen wurden und noch am Leben sind. Sie
haben sich mit dem Kriege und mit den Truppen eingelebt, sie haben durch
Glücks- und Unglücksfälle gelernt, sind zu Feldherrn gereift; ihre Autorität ist
unabhängig von dem augenblicklichen Erfolg, ihr Schicksal hängt nicht von des
Zufalls Glück ab, sondern ist mit dem des Landes, mit dem endlichen Erfolg
des Krieges verwebt. -- In der Unionsarmee dagegen tauchen immerfort neue
Menschen auf, um mit der ersten, über sie fortgehenden Welle der Ereignisse
auch wieder für immer zu verschwinden. Die Kraft, welche sie in der Hand,
habung ihrer Truppe und in der Zueignung der Leute entwickeln, wird als
eine feindliche angesehen; nicht der endliche, sondern der momentane Erfolg be¬
stimmt ihre Stellung. Nicht die Solidität des erstrebten Ziels, sondern der
äußere Effect, das in die Augen springende ihrer Handlungen macht ihren
Ruf. Und was nun endlich die Stetigkeit der gehorchenden Elemente betrifft,
muß zu dem schon früher hierüber Erwähnten hinzugefügt werden, daß, während
in diesem Jahre die Noth die Conföderirten nöthigte, alle ihre weißen Ein¬
wohner vom 18. bis zum 40. Jahre unbedingt in den Dienst zu zwingen und
selbst den Milizen die Verpflichtung aufzuerlegen, außerhalb ihrer Staaten zu
dienen, im Norden vor allen Dingen der Neger und der in Europa getaufte
Söldling zum Soldaten gewählt wurde. -- Während im Süden das Volk selbst
immer mehr und mehr in den Kampf hineingezogen wird, vertraut man im
Norden die Durchführung desselben immer mehr solchen Elementen an. welche
den Staatsgewalten fremd sind. -- Während im Süden die Leute durch den
Krieg immer brauchbarer, zu alten Truppen werden, wirft der Norden immer
neue Formationen und neue Mannschaften in die Wagschale. -- In Betreff
dieser Verhältnisse des Nordens bedarf es noch einiger Auseinandersetzungen.
Hier waren aus der für die letzten Monate 1863 ausgeschriebenen Gestellung
von 300,000 Mann factisch 11,000 Mann hervorgegangen, und zwar weil
nicht das Bedürfniß der Armee, sondern das des friedlichen Bürgers die dabei
leitenden Grundsätze aufgestellt hat. Die Aushebungen finden nämlich in fol¬
gender Art statt: Die aufgeschriebene Zahl wird nach der Einwohnerzahl auf
die einzelnen Staaten vertheilt und ausgeschrieben. Was nun an Freiwilligen
aus dem Staat eingestellt ist, kommt in Abrechnung, die zum Dienst Untaug¬
lichen werden nicht vor, sondern nach der Ziehung ausgesondert, kommen also
in Anrechnung und endlich können die wirklich Gezogenen sich mit 300 Dollars,
welche nicht die Hälfte Courswerth haben, für die Ziehung innerhalb eines
Jahres loskaufen. -- Diese Summe bringen die Meisten auf und machen die


Grenjboten I. 18KS. 32

den unerledigten Wahlact herbeigeführt wurden. Vielleicht daß die erfolgte
Wiederwahl seine Leitung nunmehr fester, schärfer macht. — Um die größere
Gewalt der Führer zu verstehen, bedarf es nur des Hinweises, daß der Süden
im Jahr 1864 noch dieselben Generale an der Spitze der Armee hatte, welche
beim Beginn des Krieges dazu berufen wurden und noch am Leben sind. Sie
haben sich mit dem Kriege und mit den Truppen eingelebt, sie haben durch
Glücks- und Unglücksfälle gelernt, sind zu Feldherrn gereift; ihre Autorität ist
unabhängig von dem augenblicklichen Erfolg, ihr Schicksal hängt nicht von des
Zufalls Glück ab, sondern ist mit dem des Landes, mit dem endlichen Erfolg
des Krieges verwebt. — In der Unionsarmee dagegen tauchen immerfort neue
Menschen auf, um mit der ersten, über sie fortgehenden Welle der Ereignisse
auch wieder für immer zu verschwinden. Die Kraft, welche sie in der Hand,
habung ihrer Truppe und in der Zueignung der Leute entwickeln, wird als
eine feindliche angesehen; nicht der endliche, sondern der momentane Erfolg be¬
stimmt ihre Stellung. Nicht die Solidität des erstrebten Ziels, sondern der
äußere Effect, das in die Augen springende ihrer Handlungen macht ihren
Ruf. Und was nun endlich die Stetigkeit der gehorchenden Elemente betrifft,
muß zu dem schon früher hierüber Erwähnten hinzugefügt werden, daß, während
in diesem Jahre die Noth die Conföderirten nöthigte, alle ihre weißen Ein¬
wohner vom 18. bis zum 40. Jahre unbedingt in den Dienst zu zwingen und
selbst den Milizen die Verpflichtung aufzuerlegen, außerhalb ihrer Staaten zu
dienen, im Norden vor allen Dingen der Neger und der in Europa getaufte
Söldling zum Soldaten gewählt wurde. — Während im Süden das Volk selbst
immer mehr und mehr in den Kampf hineingezogen wird, vertraut man im
Norden die Durchführung desselben immer mehr solchen Elementen an. welche
den Staatsgewalten fremd sind. — Während im Süden die Leute durch den
Krieg immer brauchbarer, zu alten Truppen werden, wirft der Norden immer
neue Formationen und neue Mannschaften in die Wagschale. — In Betreff
dieser Verhältnisse des Nordens bedarf es noch einiger Auseinandersetzungen.
Hier waren aus der für die letzten Monate 1863 ausgeschriebenen Gestellung
von 300,000 Mann factisch 11,000 Mann hervorgegangen, und zwar weil
nicht das Bedürfniß der Armee, sondern das des friedlichen Bürgers die dabei
leitenden Grundsätze aufgestellt hat. Die Aushebungen finden nämlich in fol¬
gender Art statt: Die aufgeschriebene Zahl wird nach der Einwohnerzahl auf
die einzelnen Staaten vertheilt und ausgeschrieben. Was nun an Freiwilligen
aus dem Staat eingestellt ist, kommt in Abrechnung, die zum Dienst Untaug¬
lichen werden nicht vor, sondern nach der Ziehung ausgesondert, kommen also
in Anrechnung und endlich können die wirklich Gezogenen sich mit 300 Dollars,
welche nicht die Hälfte Courswerth haben, für die Ziehung innerhalb eines
Jahres loskaufen. — Diese Summe bringen die Meisten auf und machen die


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[0267] den unerledigten Wahlact herbeigeführt wurden. Vielleicht daß die erfolgte Wiederwahl seine Leitung nunmehr fester, schärfer macht. — Um die größere Gewalt der Führer zu verstehen, bedarf es nur des Hinweises, daß der Süden im Jahr 1864 noch dieselben Generale an der Spitze der Armee hatte, welche beim Beginn des Krieges dazu berufen wurden und noch am Leben sind. Sie haben sich mit dem Kriege und mit den Truppen eingelebt, sie haben durch Glücks- und Unglücksfälle gelernt, sind zu Feldherrn gereift; ihre Autorität ist unabhängig von dem augenblicklichen Erfolg, ihr Schicksal hängt nicht von des Zufalls Glück ab, sondern ist mit dem des Landes, mit dem endlichen Erfolg des Krieges verwebt. — In der Unionsarmee dagegen tauchen immerfort neue Menschen auf, um mit der ersten, über sie fortgehenden Welle der Ereignisse auch wieder für immer zu verschwinden. Die Kraft, welche sie in der Hand, habung ihrer Truppe und in der Zueignung der Leute entwickeln, wird als eine feindliche angesehen; nicht der endliche, sondern der momentane Erfolg be¬ stimmt ihre Stellung. Nicht die Solidität des erstrebten Ziels, sondern der äußere Effect, das in die Augen springende ihrer Handlungen macht ihren Ruf. Und was nun endlich die Stetigkeit der gehorchenden Elemente betrifft, muß zu dem schon früher hierüber Erwähnten hinzugefügt werden, daß, während in diesem Jahre die Noth die Conföderirten nöthigte, alle ihre weißen Ein¬ wohner vom 18. bis zum 40. Jahre unbedingt in den Dienst zu zwingen und selbst den Milizen die Verpflichtung aufzuerlegen, außerhalb ihrer Staaten zu dienen, im Norden vor allen Dingen der Neger und der in Europa getaufte Söldling zum Soldaten gewählt wurde. — Während im Süden das Volk selbst immer mehr und mehr in den Kampf hineingezogen wird, vertraut man im Norden die Durchführung desselben immer mehr solchen Elementen an. welche den Staatsgewalten fremd sind. — Während im Süden die Leute durch den Krieg immer brauchbarer, zu alten Truppen werden, wirft der Norden immer neue Formationen und neue Mannschaften in die Wagschale. — In Betreff dieser Verhältnisse des Nordens bedarf es noch einiger Auseinandersetzungen. Hier waren aus der für die letzten Monate 1863 ausgeschriebenen Gestellung von 300,000 Mann factisch 11,000 Mann hervorgegangen, und zwar weil nicht das Bedürfniß der Armee, sondern das des friedlichen Bürgers die dabei leitenden Grundsätze aufgestellt hat. Die Aushebungen finden nämlich in fol¬ gender Art statt: Die aufgeschriebene Zahl wird nach der Einwohnerzahl auf die einzelnen Staaten vertheilt und ausgeschrieben. Was nun an Freiwilligen aus dem Staat eingestellt ist, kommt in Abrechnung, die zum Dienst Untaug¬ lichen werden nicht vor, sondern nach der Ziehung ausgesondert, kommen also in Anrechnung und endlich können die wirklich Gezogenen sich mit 300 Dollars, welche nicht die Hälfte Courswerth haben, für die Ziehung innerhalb eines Jahres loskaufen. — Diese Summe bringen die Meisten auf und machen die Grenjboten I. 18KS. 32

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282240/267>, abgerufen am 23.07.2024.