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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band.

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Mit dem Schluß des Jahres war so die Union zum ersten Male seit Be¬
ginn des Krieges im unbestrittene" Besitz von Kentucky und Tennessee.

Von den übrigen Schauplätzen des Krieges ist nur zu berichten, daß hier
die kleinen Kämpfe durch lokale Interessen genährt und immer verwüstender
gemacht wurden, aber wie bisher nicht bestimmend auf den Gang des Krieges
wirkten. Nur in Missouri und Arkansas veranlaßte Lincoln, daß die Kräfte
möglichst concentrirt und längst des Flusses Arkansas zur Verstärkung der Un¬
ternehmung Granes gegen Vicksburg geleitet wurden. Der Kampf gegen die
Indianer wurde von Pope mit verhältnißmäßig starken Truppentheilen ohne
hervortretende Erfolge geführt, bewirkte aber doch eine gewisse Ermattung der
Gegner. An den Küsten Nord- und Südcarolinas fanden unausgesetzt kleinere
Raub- und Verwüstungszüge der nordstaatlichen Truppen statt. Größere Kräfte
concentrirte allein G. Grillmore gegen Charleston, er landete am 10. Juli am
Hasen, nahm die nächstliegenden Forts und schritt bis zum Schluß des JaKres
in unausgesetzten Arbeiten belagernd gegen die Stadt vor. ohne sie in Besitz
zu nehmen.

Wenn wir nun die Gesammtresultate der kriegerischen Ereignisse des Jahres
zusammenfassen, so ergiebt sich, daß zwischen Washington und Richmond die
Vortheile eher dem Süden als dem Norden gehören, denn der erstere hat hier
mit Glück die bedeutende Uebermacht des Gegners zurückgeschlagen. Im We¬
sten aber hat der Norden unter Grant erst die Herrschaft über den Mississippi¬
fluß und dann über die beiden Staaten Kentucky und Tennessee gewonnen.
Die Conföderirten haben hier mindestens den vierten Theil ihrer gesammten
Einwohnerzahl der Herrschaft ihrer Gegner abgetreten und die Gestellung der
zum ferneren Kampf nothwendigen Truppenzahl muß ihnen ungemein er¬
schwert sein. Nur der Umstand läßt die Fortschritte des Gegners nicht zu sehr
ins Gewicht fallen, daß es ihm nicht gelingt seine Eroberungen zu organisiren.
Der innere Kampf, das blutige Ringen dauert auch auf den eroberten Gebie¬
ten fort. Grant hat sich als thatkräftiger General, aber nicht als erobernder
Organisator bewährt. (Schluß in der nächsten Nummer.)




Mit dem Schluß des Jahres war so die Union zum ersten Male seit Be¬
ginn des Krieges im unbestrittene» Besitz von Kentucky und Tennessee.

Von den übrigen Schauplätzen des Krieges ist nur zu berichten, daß hier
die kleinen Kämpfe durch lokale Interessen genährt und immer verwüstender
gemacht wurden, aber wie bisher nicht bestimmend auf den Gang des Krieges
wirkten. Nur in Missouri und Arkansas veranlaßte Lincoln, daß die Kräfte
möglichst concentrirt und längst des Flusses Arkansas zur Verstärkung der Un¬
ternehmung Granes gegen Vicksburg geleitet wurden. Der Kampf gegen die
Indianer wurde von Pope mit verhältnißmäßig starken Truppentheilen ohne
hervortretende Erfolge geführt, bewirkte aber doch eine gewisse Ermattung der
Gegner. An den Küsten Nord- und Südcarolinas fanden unausgesetzt kleinere
Raub- und Verwüstungszüge der nordstaatlichen Truppen statt. Größere Kräfte
concentrirte allein G. Grillmore gegen Charleston, er landete am 10. Juli am
Hasen, nahm die nächstliegenden Forts und schritt bis zum Schluß des JaKres
in unausgesetzten Arbeiten belagernd gegen die Stadt vor. ohne sie in Besitz
zu nehmen.

Wenn wir nun die Gesammtresultate der kriegerischen Ereignisse des Jahres
zusammenfassen, so ergiebt sich, daß zwischen Washington und Richmond die
Vortheile eher dem Süden als dem Norden gehören, denn der erstere hat hier
mit Glück die bedeutende Uebermacht des Gegners zurückgeschlagen. Im We¬
sten aber hat der Norden unter Grant erst die Herrschaft über den Mississippi¬
fluß und dann über die beiden Staaten Kentucky und Tennessee gewonnen.
Die Conföderirten haben hier mindestens den vierten Theil ihrer gesammten
Einwohnerzahl der Herrschaft ihrer Gegner abgetreten und die Gestellung der
zum ferneren Kampf nothwendigen Truppenzahl muß ihnen ungemein er¬
schwert sein. Nur der Umstand läßt die Fortschritte des Gegners nicht zu sehr
ins Gewicht fallen, daß es ihm nicht gelingt seine Eroberungen zu organisiren.
Der innere Kampf, das blutige Ringen dauert auch auf den eroberten Gebie¬
ten fort. Grant hat sich als thatkräftiger General, aber nicht als erobernder
Organisator bewährt. (Schluß in der nächsten Nummer.)




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[0254] Mit dem Schluß des Jahres war so die Union zum ersten Male seit Be¬ ginn des Krieges im unbestrittene» Besitz von Kentucky und Tennessee. Von den übrigen Schauplätzen des Krieges ist nur zu berichten, daß hier die kleinen Kämpfe durch lokale Interessen genährt und immer verwüstender gemacht wurden, aber wie bisher nicht bestimmend auf den Gang des Krieges wirkten. Nur in Missouri und Arkansas veranlaßte Lincoln, daß die Kräfte möglichst concentrirt und längst des Flusses Arkansas zur Verstärkung der Un¬ ternehmung Granes gegen Vicksburg geleitet wurden. Der Kampf gegen die Indianer wurde von Pope mit verhältnißmäßig starken Truppentheilen ohne hervortretende Erfolge geführt, bewirkte aber doch eine gewisse Ermattung der Gegner. An den Küsten Nord- und Südcarolinas fanden unausgesetzt kleinere Raub- und Verwüstungszüge der nordstaatlichen Truppen statt. Größere Kräfte concentrirte allein G. Grillmore gegen Charleston, er landete am 10. Juli am Hasen, nahm die nächstliegenden Forts und schritt bis zum Schluß des JaKres in unausgesetzten Arbeiten belagernd gegen die Stadt vor. ohne sie in Besitz zu nehmen. Wenn wir nun die Gesammtresultate der kriegerischen Ereignisse des Jahres zusammenfassen, so ergiebt sich, daß zwischen Washington und Richmond die Vortheile eher dem Süden als dem Norden gehören, denn der erstere hat hier mit Glück die bedeutende Uebermacht des Gegners zurückgeschlagen. Im We¬ sten aber hat der Norden unter Grant erst die Herrschaft über den Mississippi¬ fluß und dann über die beiden Staaten Kentucky und Tennessee gewonnen. Die Conföderirten haben hier mindestens den vierten Theil ihrer gesammten Einwohnerzahl der Herrschaft ihrer Gegner abgetreten und die Gestellung der zum ferneren Kampf nothwendigen Truppenzahl muß ihnen ungemein er¬ schwert sein. Nur der Umstand läßt die Fortschritte des Gegners nicht zu sehr ins Gewicht fallen, daß es ihm nicht gelingt seine Eroberungen zu organisiren. Der innere Kampf, das blutige Ringen dauert auch auf den eroberten Gebie¬ ten fort. Grant hat sich als thatkräftiger General, aber nicht als erobernder Organisator bewährt. (Schluß in der nächsten Nummer.)

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282240/254>, abgerufen am 23.07.2024.