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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band.

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behielt er oft Monate bei sich, bezahlte ihnen aber auch dann freigebig Mühe
und Versäumnis;. Dabei entging er allen Verfolgungen mit bewundernswerther
Gewandheit und Klugheit: "weder sah man ihn, wenn er gesehen, noch fand
man ihn, wenn er gefunden, noch hatte man ihn, wenn er gefangen worden
war." Tue Anhänglichkeit seiner Leute sicherte er sich durch Freigebigkeit und
aufopfernden Beistand in der Noth. So waren einst zwei seiner Genossen in
einem Flecken in Gefangenschaft gerathen und hatten keine Hoffnung, den Zäh¬
nen der wilden Thiere zu entgehen. Da verkleidete sich Felix als Magistrats-
person, begab sich zum Gefängnißwärter und verlangte einige Gefangene zu
irgend einer öffentlichen Arbeit. Der Cerberus ließ sich übertölpeln und die
Spießgesellen waren gerettet. Schlimm spielte er aber einem Hauptmann mit, der
ihm durch zu eifrige Nachstellungen lästig geworden war. Als Landmann ver¬
kleidet erschien er im Quartier und versprach, gegen eine Belohnung den
Schlupfwinkel des Räuberhauptmanns verrathen zu wollen. Arglos folgte der
Verrathene mit wenigen Begleitern dem gefährlichen Führer und kam nach be¬
schwerlichem Marsche durch das wilde, unbekannte Gebirg endlich in die roman¬
tische Waldschlucht, die man zu seiner Falle ausersehen hatte. Ein Signal er¬
tönte und von allen Seiten umzingelt mußte sich der Leichtgläubige ohne Wi¬
derstand ergeben. Hierauf warf sich Felix in ein fürstliches Prachtgewand, ließ,
von seinen Getreuen umgeben, den Centurio Vor seinen Richterstuhl führen und
befahl, dessen Haupt kahl zu scheren. Dann verließ er ihn mit den Worten:
Geh nun heim und verkündige deinem Herrn von mir folgenden Rath: "Gebt
euer" Sklaven genug zu essen, damit sie nicht Räuber werden!" Er hatte näm¬
lich viele ehemalige kaiserliche Diener bei sich, die theils sehr geringen, theils
gar keinen Gehalt bekommen hatten. Severus, ein höchst jähzorniger und un¬
geduldiger Herr, geriet!) nun in den heftigsten Zorn und sandte einen hohen
Offizier seiner Leibgarde mit vielen Reitern aus, schwere Drohungen beifügend,
wenn sie den Räuber nicht lebendig brächten. Nun wurden alle Hebel in Be¬
wegung gesetzt und Felix siel zuletzt seinen Verfolgern in die Händ-e. als Opfer
seiner Neigung zum,schönen Geschlechte! Es gelang, den habgierigen, vielleicht
auch eifersüchtigen Mann einer Schönen, die er liebte, zu gewinnen, welcher auch
seine Frau überredete, den Geliebten zu verrathen und so wurde er schlafend
in einer Höhle ergriffen und beschloß seine Laufbahn in der Arena unter den
H"'M. Göll. Tatzen der Naubthiere.




Grenzboten I. 186ö.1Ü

behielt er oft Monate bei sich, bezahlte ihnen aber auch dann freigebig Mühe
und Versäumnis;. Dabei entging er allen Verfolgungen mit bewundernswerther
Gewandheit und Klugheit: „weder sah man ihn, wenn er gesehen, noch fand
man ihn, wenn er gefunden, noch hatte man ihn, wenn er gefangen worden
war." Tue Anhänglichkeit seiner Leute sicherte er sich durch Freigebigkeit und
aufopfernden Beistand in der Noth. So waren einst zwei seiner Genossen in
einem Flecken in Gefangenschaft gerathen und hatten keine Hoffnung, den Zäh¬
nen der wilden Thiere zu entgehen. Da verkleidete sich Felix als Magistrats-
person, begab sich zum Gefängnißwärter und verlangte einige Gefangene zu
irgend einer öffentlichen Arbeit. Der Cerberus ließ sich übertölpeln und die
Spießgesellen waren gerettet. Schlimm spielte er aber einem Hauptmann mit, der
ihm durch zu eifrige Nachstellungen lästig geworden war. Als Landmann ver¬
kleidet erschien er im Quartier und versprach, gegen eine Belohnung den
Schlupfwinkel des Räuberhauptmanns verrathen zu wollen. Arglos folgte der
Verrathene mit wenigen Begleitern dem gefährlichen Führer und kam nach be¬
schwerlichem Marsche durch das wilde, unbekannte Gebirg endlich in die roman¬
tische Waldschlucht, die man zu seiner Falle ausersehen hatte. Ein Signal er¬
tönte und von allen Seiten umzingelt mußte sich der Leichtgläubige ohne Wi¬
derstand ergeben. Hierauf warf sich Felix in ein fürstliches Prachtgewand, ließ,
von seinen Getreuen umgeben, den Centurio Vor seinen Richterstuhl führen und
befahl, dessen Haupt kahl zu scheren. Dann verließ er ihn mit den Worten:
Geh nun heim und verkündige deinem Herrn von mir folgenden Rath: „Gebt
euer» Sklaven genug zu essen, damit sie nicht Räuber werden!" Er hatte näm¬
lich viele ehemalige kaiserliche Diener bei sich, die theils sehr geringen, theils
gar keinen Gehalt bekommen hatten. Severus, ein höchst jähzorniger und un¬
geduldiger Herr, geriet!) nun in den heftigsten Zorn und sandte einen hohen
Offizier seiner Leibgarde mit vielen Reitern aus, schwere Drohungen beifügend,
wenn sie den Räuber nicht lebendig brächten. Nun wurden alle Hebel in Be¬
wegung gesetzt und Felix siel zuletzt seinen Verfolgern in die Händ-e. als Opfer
seiner Neigung zum,schönen Geschlechte! Es gelang, den habgierigen, vielleicht
auch eifersüchtigen Mann einer Schönen, die er liebte, zu gewinnen, welcher auch
seine Frau überredete, den Geliebten zu verrathen und so wurde er schlafend
in einer Höhle ergriffen und beschloß seine Laufbahn in der Arena unter den
H"'M. Göll. Tatzen der Naubthiere.




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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282240/123>, abgerufen am 23.07.2024.