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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band.

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verstärken. Auch in der Folgezeit schwand die Furcht vor Straßenrand nie ganz
aus dem Herzen der Reisenden. Während der Nacht Pflegte man ganz ge¬
wöhnlich Fackeln bei fiel, zu führen und Juvenal schreibt: "Magst du auch nur
kleine Büchschen reinen Silbers bei dir tragen, wenn du des Nachts eine Reise
antrittst, so wirst du dich fürchten vor Schwertern und Wurfstangen, und er¬
zittern vor dem Schatten des im Mondschein schwankenden Rohrs. Leeren
Beutels wird nahe dem Räuber fröhlich singen der Wanderer." In der Haupt¬
stadt selbst war es zur nämlichen Zeit trop der aus sieben Cohorten bestehenden
Scharwache um die nächtliche Sicherheit nicht besser bestellt. "Bor dein Nacht¬
schwärmer nicht allein graue dir/' liest man bei demselben Satiriker, "denn
nicht ausbleiben wird, der dich beraubt, nachdem die Häuser geschlossen sind
und allenthalben der schlieheube Riegel der cingeketteten Bude verstummt. Zu¬
weilen treibt auch der hurtige Gauner mit dem Stahle sein Handwerk, so oft
von sicherer Hut der Bewaffneten umstellt ist hier der pvmptinischc Sumpf,
dort der gallinarischc Wald. Alle rennen dann von dort hierher, wie zu einem
hegenden Park." Ueberhaupt erreichte die Gaunerei zu Rom in der Kaiserzeit
einen hohen Grad der Vnfeinerung. Sogar die Eitelkeit des schönen Geschlechts
wurde zum Betrüge ausgebeutet. Ornd warnt in seiner Liebeskunst die Damen
vor galanten Gaunern in folgenden Worten: "Manche Räuber verbergen sich
unter dem lügnerischen Schein der Liebe und suchen durch solche Annäherung
schamlosen Gewinn. Weder das von duftenden Nardenöl glänzende Haar möge
euch täusche.!, noch der in feine Falten gepreßte knappe Gürtel, noch betrüge
euch die Toga aus feinstem Gewebe, noch wenn Ring neben Ring die Finger
zieren wird. Vielleicht gerade unter der Zahl solcher Leute befindet sich jener
feingekleidctc Dieb, der da glüht von Liebe -- zu deinem Gewände. Mein
Eigenthum gieb her! schreien oft die beraubten Mädchen; mein Eigenthum gieb
her! hallt es über den ganzen Markt hin."

In den römischen RechtsKestimmungen findet man alle Arten des Dieb¬
stahls und Raubes vertreten. Da werden die Taschendiebe erwähnt, "welche
durch magische Künste aus fremden Beuteln das Geld verschwinden lassen," die
Einschlcicher, die Einbrecher, welche sich bereits trefflich ans die Kunst verstanden,
Vermittelst eingeschlagener Eisenstachcln senkrechte Wände zu erklimmen, die Auö-
Plündcrer, die bewaffneten und "nbcwaffnetcn Ritter von der Landstraße, die
Väderdiebe, die gewöhnlich berittenen Vichwegtreiber. Bewaffnete Straßen-
räuber und Mitglieder verschworncr Banden wurden, gewöhnlich dnrch Kreu¬
zigung, hiugericktet und zwar meist an dem Hauptorte ihrer Thaten, "damit
Andere von demselben Verbrechen abgeschreckt werden und die Verwandten der
von ihnen Ermordeten darin einen Trost finden." Die Schärfung der Todes¬
strafe aber durch Ablieferung der Delinquenten an die Gladiatoren- und Vena-
torenschulen wurde immer häufiger, als unter den Kaisern sich die Zahl der


verstärken. Auch in der Folgezeit schwand die Furcht vor Straßenrand nie ganz
aus dem Herzen der Reisenden. Während der Nacht Pflegte man ganz ge¬
wöhnlich Fackeln bei fiel, zu führen und Juvenal schreibt: „Magst du auch nur
kleine Büchschen reinen Silbers bei dir tragen, wenn du des Nachts eine Reise
antrittst, so wirst du dich fürchten vor Schwertern und Wurfstangen, und er¬
zittern vor dem Schatten des im Mondschein schwankenden Rohrs. Leeren
Beutels wird nahe dem Räuber fröhlich singen der Wanderer." In der Haupt¬
stadt selbst war es zur nämlichen Zeit trop der aus sieben Cohorten bestehenden
Scharwache um die nächtliche Sicherheit nicht besser bestellt. „Bor dein Nacht¬
schwärmer nicht allein graue dir/' liest man bei demselben Satiriker, „denn
nicht ausbleiben wird, der dich beraubt, nachdem die Häuser geschlossen sind
und allenthalben der schlieheube Riegel der cingeketteten Bude verstummt. Zu¬
weilen treibt auch der hurtige Gauner mit dem Stahle sein Handwerk, so oft
von sicherer Hut der Bewaffneten umstellt ist hier der pvmptinischc Sumpf,
dort der gallinarischc Wald. Alle rennen dann von dort hierher, wie zu einem
hegenden Park." Ueberhaupt erreichte die Gaunerei zu Rom in der Kaiserzeit
einen hohen Grad der Vnfeinerung. Sogar die Eitelkeit des schönen Geschlechts
wurde zum Betrüge ausgebeutet. Ornd warnt in seiner Liebeskunst die Damen
vor galanten Gaunern in folgenden Worten: „Manche Räuber verbergen sich
unter dem lügnerischen Schein der Liebe und suchen durch solche Annäherung
schamlosen Gewinn. Weder das von duftenden Nardenöl glänzende Haar möge
euch täusche.!, noch der in feine Falten gepreßte knappe Gürtel, noch betrüge
euch die Toga aus feinstem Gewebe, noch wenn Ring neben Ring die Finger
zieren wird. Vielleicht gerade unter der Zahl solcher Leute befindet sich jener
feingekleidctc Dieb, der da glüht von Liebe — zu deinem Gewände. Mein
Eigenthum gieb her! schreien oft die beraubten Mädchen; mein Eigenthum gieb
her! hallt es über den ganzen Markt hin."

In den römischen RechtsKestimmungen findet man alle Arten des Dieb¬
stahls und Raubes vertreten. Da werden die Taschendiebe erwähnt, „welche
durch magische Künste aus fremden Beuteln das Geld verschwinden lassen," die
Einschlcicher, die Einbrecher, welche sich bereits trefflich ans die Kunst verstanden,
Vermittelst eingeschlagener Eisenstachcln senkrechte Wände zu erklimmen, die Auö-
Plündcrer, die bewaffneten und »nbcwaffnetcn Ritter von der Landstraße, die
Väderdiebe, die gewöhnlich berittenen Vichwegtreiber. Bewaffnete Straßen-
räuber und Mitglieder verschworncr Banden wurden, gewöhnlich dnrch Kreu¬
zigung, hiugericktet und zwar meist an dem Hauptorte ihrer Thaten, „damit
Andere von demselben Verbrechen abgeschreckt werden und die Verwandten der
von ihnen Ermordeten darin einen Trost finden." Die Schärfung der Todes¬
strafe aber durch Ablieferung der Delinquenten an die Gladiatoren- und Vena-
torenschulen wurde immer häufiger, als unter den Kaisern sich die Zahl der


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282240/121>, abgerufen am 23.07.2024.