Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. IV. Band.Mühe werth sein, zu untersuchen, ob nicht ganz ausdrücklich das Beispiel von Neuere Dichtungen. Lider a r g c sah i es tlichcs. Gedichte von August Kahlcrt. Breslau. Ed. Trewendt. 1864. Diese Gedichte, von Holtet eingeführt, rühren von einem Manne her, den Gedichte von August Gelb. Hamburg und Leipzig. Selbstverlag des Verfassers. In Commission bei W. Schardius. ^865. -- G c d icht c von Rudolf Grimm, Potsdam. In Commission bei Cabos. -- In neuen Formen, Ge¬ dichte von August Schumburg, Stockholm 1865. Halbcmpfundcner Inhalt breit ausgearbeitet in langathmigen Versen, die mit Blumen am Strand. Wer sich Blümelein an einem Ufer PflückeDer sei auf seiner Hut vor allen. Man kann so leicht ins Wasser fallen, ' Wenn man greift nach einer Vlum entzückt, beglückt. Doch hüte er sich meist vor nassen Füßen, Weil ihm das so leicht verwegen macht, Einmal naß wird kaum des Grunds gedacht Und sür den Leichtsinn läßt der Sumpf ihn büßen. Dergleichen Weisheit steht nicht vereinzelt, sondern wird uns seitenlang verabreicht; Mühe werth sein, zu untersuchen, ob nicht ganz ausdrücklich das Beispiel von Neuere Dichtungen. Lider a r g c sah i es tlichcs. Gedichte von August Kahlcrt. Breslau. Ed. Trewendt. 1864. Diese Gedichte, von Holtet eingeführt, rühren von einem Manne her, den Gedichte von August Gelb. Hamburg und Leipzig. Selbstverlag des Verfassers. In Commission bei W. Schardius. ^865. — G c d icht c von Rudolf Grimm, Potsdam. In Commission bei Cabos. — In neuen Formen, Ge¬ dichte von August Schumburg, Stockholm 1865. Halbcmpfundcner Inhalt breit ausgearbeitet in langathmigen Versen, die mit Blumen am Strand. Wer sich Blümelein an einem Ufer PflückeDer sei auf seiner Hut vor allen. Man kann so leicht ins Wasser fallen, ' Wenn man greift nach einer Vlum entzückt, beglückt. Doch hüte er sich meist vor nassen Füßen, Weil ihm das so leicht verwegen macht, Einmal naß wird kaum des Grunds gedacht Und sür den Leichtsinn läßt der Sumpf ihn büßen. Dergleichen Weisheit steht nicht vereinzelt, sondern wird uns seitenlang verabreicht; <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0521" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/190145"/> <p xml:id="ID_1725" prev="#ID_1724"> Mühe werth sein, zu untersuchen, ob nicht ganz ausdrücklich das Beispiel von<lb/> Voß Nachahmung verdiente, welcher die alterthümliche Färbung der homerischen<lb/> Sprache möglichst nachzubilden suchte durch Benutzung des älteren und dialektischen<lb/> deutschen Sprachschatzes. Wir glauben, das; dies auch bei Plautus nicht nur sehr<lb/> erfolgreich sein würde, sondern sogar geradezu geboten ist. Freilich war, als Plau¬<lb/> tus dichtete, seine Sprache eben auch die moderne, aber ein Dichter wie er hat ein<lb/> längeres Leben; in dem Gesammtbilde der römischen Literatur, ja gegenüber dem<lb/> Brennpunkte derselben, der augusteischen Zeit, steht er als ein alterthümlicher Dichter<lb/> da, und endlich, was die Hauptsache ist, auf uns wirkt seine Sprache durchaus in<lb/> dieser Weise, so daß wir bei der Aufgabe, ein deutsches Spiegelbild des lateinischen<lb/> Originales zu geben, sehr entschieden die Verpflichtung haben, dieses Gcsammtcvlorit<lb/> zu wahren. Wir sind überzeugt, daß eine Berücksichtigung dieses Punktes dem<lb/> verdienstvollen Unternehmen des Verfassers nur zu gute komme» könne.</p><lb/> </div> </div> <div n="2"> <head> Neuere Dichtungen. Lider a r g c sah i es tlichcs.</head><lb/> <div n="3"> <head> Gedichte von August Kahlcrt. Breslau. Ed. Trewendt. 1864.</head><lb/> <p xml:id="ID_1726"> Diese Gedichte, von Holtet eingeführt, rühren von einem Manne her, den<lb/> schweres Schicksal gefesselt hielt, aber Seelenstärke und frohmuthigcr Sinn nicht<lb/> verließ. Darum verehrt ein Kreis von Freunden die Erzeugnisse seines poetischen<lb/> Gemüths und schätzt sie in geziemender Pietät. Wir wollen dieses zu-Mum aF«zet,i»ni8<lb/> nicht kränken, müssen aber erklären, daß wir den Wcrll, der Leistung damit für<lb/> reichlich erschöpft halten. Es sind Produkte einer Durchschnittsbcgabung, in deren<lb/> Empfinden und Schaffen sich mehr Alltag als Sonntag zeigt.</p><lb/> </div> <div n="3"> <head> Gedichte von August Gelb. Hamburg und Leipzig. Selbstverlag des<lb/> Verfassers. In Commission bei W. Schardius. ^865. — G c d icht c von Rudolf<lb/> Grimm, Potsdam. In Commission bei Cabos. — In neuen Formen, Ge¬<lb/> dichte von August Schumburg, Stockholm 1865.</head><lb/> <p xml:id="ID_1727"> Halbcmpfundcner Inhalt breit ausgearbeitet in langathmigen Versen, die mit<lb/> Poesie nur den Nein gemein haben, dabei faber Allcgvricnkram und Xenien, deren<lb/> Weisheit in der That zum überwiegenden Theile Thorheit ist, wenn sie auch etwas<lb/> weniger reich an haarsträubenden prosodischen Schnitzern wären: das ist miles, was<lb/> die erste dieser Sammlungen enthält. Rudolf Grimm versteht dagegen, auch an<lb/> sich bedeutende Stoffe durch äußerste Langeweile und vollkvnuncucu Mangel an Ge¬<lb/> staltungskraft auszudörren. Vor der Gefahr, für interessant gehalten zu werden,<lb/> was er entsetzlich findet, sichern ihn allerdings die hier angegebenen Proben seiner<lb/> Lyrik, vielleicht noch mehr als er wünscht. — August Schumburg endlich dichtet<lb/> offenbar nur deshalb in „neuen" Formen, weil die alten Inhalt zu verlangen<lb/> scheinen. Aus pathologischen Interesse hier ein Muster:</p><lb/> <lg xml:id="POEMID_14" type="poem"> <head> Blumen am Strand.</head> <l> Wer sich Blümelein an einem Ufer Pflücke<lb/> Der sei auf seiner Hut vor allen.<lb/> Man kann so leicht ins Wasser fallen,<lb/> '<lb/> Wenn man greift nach einer Vlum entzückt, beglückt.<lb/> Doch hüte er sich meist vor nassen Füßen,<lb/> Weil ihm das so leicht verwegen macht,<lb/> Einmal naß wird kaum des Grunds gedacht<lb/> Und sür den Leichtsinn läßt der Sumpf ihn büßen. </l> </lg><lb/> <p xml:id="ID_1728" next="#ID_1729"> Dergleichen Weisheit steht nicht vereinzelt, sondern wird uns seitenlang verabreicht;<lb/> auch die freie Behandlung der Grammatik findet sich wiederholt. — Solchen Nulli-<lb/> täten gegenüber gebührte Schweigen. Wird man aber aufgefordert, sich mit ihnen<lb/> auseinanderzusetzen, so kann es nur geschehen, indem die Hoffnung ausgesprochen</p><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0521]
Mühe werth sein, zu untersuchen, ob nicht ganz ausdrücklich das Beispiel von
Voß Nachahmung verdiente, welcher die alterthümliche Färbung der homerischen
Sprache möglichst nachzubilden suchte durch Benutzung des älteren und dialektischen
deutschen Sprachschatzes. Wir glauben, das; dies auch bei Plautus nicht nur sehr
erfolgreich sein würde, sondern sogar geradezu geboten ist. Freilich war, als Plau¬
tus dichtete, seine Sprache eben auch die moderne, aber ein Dichter wie er hat ein
längeres Leben; in dem Gesammtbilde der römischen Literatur, ja gegenüber dem
Brennpunkte derselben, der augusteischen Zeit, steht er als ein alterthümlicher Dichter
da, und endlich, was die Hauptsache ist, auf uns wirkt seine Sprache durchaus in
dieser Weise, so daß wir bei der Aufgabe, ein deutsches Spiegelbild des lateinischen
Originales zu geben, sehr entschieden die Verpflichtung haben, dieses Gcsammtcvlorit
zu wahren. Wir sind überzeugt, daß eine Berücksichtigung dieses Punktes dem
verdienstvollen Unternehmen des Verfassers nur zu gute komme» könne.
Neuere Dichtungen. Lider a r g c sah i es tlichcs.
Gedichte von August Kahlcrt. Breslau. Ed. Trewendt. 1864.
Diese Gedichte, von Holtet eingeführt, rühren von einem Manne her, den
schweres Schicksal gefesselt hielt, aber Seelenstärke und frohmuthigcr Sinn nicht
verließ. Darum verehrt ein Kreis von Freunden die Erzeugnisse seines poetischen
Gemüths und schätzt sie in geziemender Pietät. Wir wollen dieses zu-Mum aF«zet,i»ni8
nicht kränken, müssen aber erklären, daß wir den Wcrll, der Leistung damit für
reichlich erschöpft halten. Es sind Produkte einer Durchschnittsbcgabung, in deren
Empfinden und Schaffen sich mehr Alltag als Sonntag zeigt.
Gedichte von August Gelb. Hamburg und Leipzig. Selbstverlag des
Verfassers. In Commission bei W. Schardius. ^865. — G c d icht c von Rudolf
Grimm, Potsdam. In Commission bei Cabos. — In neuen Formen, Ge¬
dichte von August Schumburg, Stockholm 1865.
Halbcmpfundcner Inhalt breit ausgearbeitet in langathmigen Versen, die mit
Poesie nur den Nein gemein haben, dabei faber Allcgvricnkram und Xenien, deren
Weisheit in der That zum überwiegenden Theile Thorheit ist, wenn sie auch etwas
weniger reich an haarsträubenden prosodischen Schnitzern wären: das ist miles, was
die erste dieser Sammlungen enthält. Rudolf Grimm versteht dagegen, auch an
sich bedeutende Stoffe durch äußerste Langeweile und vollkvnuncucu Mangel an Ge¬
staltungskraft auszudörren. Vor der Gefahr, für interessant gehalten zu werden,
was er entsetzlich findet, sichern ihn allerdings die hier angegebenen Proben seiner
Lyrik, vielleicht noch mehr als er wünscht. — August Schumburg endlich dichtet
offenbar nur deshalb in „neuen" Formen, weil die alten Inhalt zu verlangen
scheinen. Aus pathologischen Interesse hier ein Muster:
Blumen am Strand. Wer sich Blümelein an einem Ufer Pflücke
Der sei auf seiner Hut vor allen.
Man kann so leicht ins Wasser fallen,
'
Wenn man greift nach einer Vlum entzückt, beglückt.
Doch hüte er sich meist vor nassen Füßen,
Weil ihm das so leicht verwegen macht,
Einmal naß wird kaum des Grunds gedacht
Und sür den Leichtsinn läßt der Sumpf ihn büßen.
Dergleichen Weisheit steht nicht vereinzelt, sondern wird uns seitenlang verabreicht;
auch die freie Behandlung der Grammatik findet sich wiederholt. — Solchen Nulli-
täten gegenüber gebührte Schweigen. Wird man aber aufgefordert, sich mit ihnen
auseinanderzusetzen, so kann es nur geschehen, indem die Hoffnung ausgesprochen
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |