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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. IV. Band.

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Michigan, Wisconsin. Iowa. Minnesota, und auch Missouri in sich begreifen
würden und endlich 4) die im Westen am stillen Ocean gelegenen Gebiete, mit
dem Hauptstaat Californien.

Die in diesen vier Gruppen vertretenen Interessen: Plantagenwirthschaft,
Handel und Industrie mit dem europäischen Markt, freier Ackerbau und endlich
Handel und Industrie mit den asiatischen Beziehungen, entsprechen auch Ver¬
schiedenheiten der Bevölkerung, indem der Süden vorwiegend romanisch, der
Osten englisch und holländisch, die Mitte deutsch und der äußerste Westen aus
europäischer, indianischer und asiatischer Bevölkerung gemischt ist. Betrachtet
man die Beziehungen, welche zwischen diesen vier Gruppen bestehen, so erhellt,
daß die Gebiete am stillen Ocean schon jetzt in allen inneren Verhältnissen von
dem Ganzen unabhängig sind und nur durch die Macht des Mutterlandes fest¬
gehalten werden, welche die eigene noch in der Entwickelung begriffene Bildung
des Staatslebens stützt und fördert. Die Scheidung wird aber unbedingt ein¬
treten, sobald die Union Forderungen an die californischen Lande stellt, welche
jene mit jedem Tag weniger nothwendige Hilfe an Werth übertreffen und es ist die
Frage, ob der langandauernde Bürgerkrieg nicht diese Anforderungen zu einer
lästigen Höhe treibt. -- Für die Beurtheilung der heutigen Krisis in Nord¬
amerika kann man jedenfalls diese Lande ganz außer Betracht lassen und sich
auf die drei erste" Gruppen beschränken. Für ihre materielle Entwickelung
scheinen diese drei Gruppen auf einander angewiesen zu sein, indem die Wcst-
staaten das Getreide für den industriellen Osten und den Baumwolle bauenden
Süden liefern, der Süden den Stoff für Handel und Industrie giebt und
Handel und Industrie wieder ganz in den Händen des Ostens liegen und dessen
Reichthum bilden. Die Basis dieser drei auf einander angewiesenen Haupt¬
beschäftigungen ist aber doch im Grunde so verschieden, daß die drei Gruppen
zu drei getrennten Staaten mit naher politischer Verbindung hinneigen müssen.
Der Süden bedarf bis jetzt zur Hervorbringung der Baumwolle der Sklaven¬
arbeit und einer sehr ausgedehnten Bodenfläche, welche Wechsel der Bebauung
und Verlassen des ausgesogenen Landes gestattet. Die Sklaverei aber fordert
einen Abschluß gegen die Berührung mit einer freien und bewegten Industrie'
bevölkerung und die Behauptung großer Flächen ist unmöglich, wenn der freie
Ackerbau sich neben derselben niederläßt, nach festem Besitz drängt und durch
seinen Fleiß den Boden zu einer Höhe der Produktion und des Preises bringt,
der jede unfreie Arbeit unmöglich macht. Der Handel des Nordens wieder
drängt zu einem Abschluß gegen die in dieser Hinsicht durch Erfahrung, alte
Verhältnisse, und billigere Arbeit bevorzugte europäische Schifffahrt, und seine
Industrie zu Schutzzöllen und zu einer möglichsten Belebung der Geld- und
Creditverhältnisse. Der Süden aber, welcher alle seine Bedürfnisse aus dem
Erlös seiner Baumwolle kaufen muß, wünscht freie Schifffahrt und zollfreie


Michigan, Wisconsin. Iowa. Minnesota, und auch Missouri in sich begreifen
würden und endlich 4) die im Westen am stillen Ocean gelegenen Gebiete, mit
dem Hauptstaat Californien.

Die in diesen vier Gruppen vertretenen Interessen: Plantagenwirthschaft,
Handel und Industrie mit dem europäischen Markt, freier Ackerbau und endlich
Handel und Industrie mit den asiatischen Beziehungen, entsprechen auch Ver¬
schiedenheiten der Bevölkerung, indem der Süden vorwiegend romanisch, der
Osten englisch und holländisch, die Mitte deutsch und der äußerste Westen aus
europäischer, indianischer und asiatischer Bevölkerung gemischt ist. Betrachtet
man die Beziehungen, welche zwischen diesen vier Gruppen bestehen, so erhellt,
daß die Gebiete am stillen Ocean schon jetzt in allen inneren Verhältnissen von
dem Ganzen unabhängig sind und nur durch die Macht des Mutterlandes fest¬
gehalten werden, welche die eigene noch in der Entwickelung begriffene Bildung
des Staatslebens stützt und fördert. Die Scheidung wird aber unbedingt ein¬
treten, sobald die Union Forderungen an die californischen Lande stellt, welche
jene mit jedem Tag weniger nothwendige Hilfe an Werth übertreffen und es ist die
Frage, ob der langandauernde Bürgerkrieg nicht diese Anforderungen zu einer
lästigen Höhe treibt. — Für die Beurtheilung der heutigen Krisis in Nord¬
amerika kann man jedenfalls diese Lande ganz außer Betracht lassen und sich
auf die drei erste» Gruppen beschränken. Für ihre materielle Entwickelung
scheinen diese drei Gruppen auf einander angewiesen zu sein, indem die Wcst-
staaten das Getreide für den industriellen Osten und den Baumwolle bauenden
Süden liefern, der Süden den Stoff für Handel und Industrie giebt und
Handel und Industrie wieder ganz in den Händen des Ostens liegen und dessen
Reichthum bilden. Die Basis dieser drei auf einander angewiesenen Haupt¬
beschäftigungen ist aber doch im Grunde so verschieden, daß die drei Gruppen
zu drei getrennten Staaten mit naher politischer Verbindung hinneigen müssen.
Der Süden bedarf bis jetzt zur Hervorbringung der Baumwolle der Sklaven¬
arbeit und einer sehr ausgedehnten Bodenfläche, welche Wechsel der Bebauung
und Verlassen des ausgesogenen Landes gestattet. Die Sklaverei aber fordert
einen Abschluß gegen die Berührung mit einer freien und bewegten Industrie'
bevölkerung und die Behauptung großer Flächen ist unmöglich, wenn der freie
Ackerbau sich neben derselben niederläßt, nach festem Besitz drängt und durch
seinen Fleiß den Boden zu einer Höhe der Produktion und des Preises bringt,
der jede unfreie Arbeit unmöglich macht. Der Handel des Nordens wieder
drängt zu einem Abschluß gegen die in dieser Hinsicht durch Erfahrung, alte
Verhältnisse, und billigere Arbeit bevorzugte europäische Schifffahrt, und seine
Industrie zu Schutzzöllen und zu einer möglichsten Belebung der Geld- und
Creditverhältnisse. Der Süden aber, welcher alle seine Bedürfnisse aus dem
Erlös seiner Baumwolle kaufen muß, wünscht freie Schifffahrt und zollfreie


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[0286] Michigan, Wisconsin. Iowa. Minnesota, und auch Missouri in sich begreifen würden und endlich 4) die im Westen am stillen Ocean gelegenen Gebiete, mit dem Hauptstaat Californien. Die in diesen vier Gruppen vertretenen Interessen: Plantagenwirthschaft, Handel und Industrie mit dem europäischen Markt, freier Ackerbau und endlich Handel und Industrie mit den asiatischen Beziehungen, entsprechen auch Ver¬ schiedenheiten der Bevölkerung, indem der Süden vorwiegend romanisch, der Osten englisch und holländisch, die Mitte deutsch und der äußerste Westen aus europäischer, indianischer und asiatischer Bevölkerung gemischt ist. Betrachtet man die Beziehungen, welche zwischen diesen vier Gruppen bestehen, so erhellt, daß die Gebiete am stillen Ocean schon jetzt in allen inneren Verhältnissen von dem Ganzen unabhängig sind und nur durch die Macht des Mutterlandes fest¬ gehalten werden, welche die eigene noch in der Entwickelung begriffene Bildung des Staatslebens stützt und fördert. Die Scheidung wird aber unbedingt ein¬ treten, sobald die Union Forderungen an die californischen Lande stellt, welche jene mit jedem Tag weniger nothwendige Hilfe an Werth übertreffen und es ist die Frage, ob der langandauernde Bürgerkrieg nicht diese Anforderungen zu einer lästigen Höhe treibt. — Für die Beurtheilung der heutigen Krisis in Nord¬ amerika kann man jedenfalls diese Lande ganz außer Betracht lassen und sich auf die drei erste» Gruppen beschränken. Für ihre materielle Entwickelung scheinen diese drei Gruppen auf einander angewiesen zu sein, indem die Wcst- staaten das Getreide für den industriellen Osten und den Baumwolle bauenden Süden liefern, der Süden den Stoff für Handel und Industrie giebt und Handel und Industrie wieder ganz in den Händen des Ostens liegen und dessen Reichthum bilden. Die Basis dieser drei auf einander angewiesenen Haupt¬ beschäftigungen ist aber doch im Grunde so verschieden, daß die drei Gruppen zu drei getrennten Staaten mit naher politischer Verbindung hinneigen müssen. Der Süden bedarf bis jetzt zur Hervorbringung der Baumwolle der Sklaven¬ arbeit und einer sehr ausgedehnten Bodenfläche, welche Wechsel der Bebauung und Verlassen des ausgesogenen Landes gestattet. Die Sklaverei aber fordert einen Abschluß gegen die Berührung mit einer freien und bewegten Industrie' bevölkerung und die Behauptung großer Flächen ist unmöglich, wenn der freie Ackerbau sich neben derselben niederläßt, nach festem Besitz drängt und durch seinen Fleiß den Boden zu einer Höhe der Produktion und des Preises bringt, der jede unfreie Arbeit unmöglich macht. Der Handel des Nordens wieder drängt zu einem Abschluß gegen die in dieser Hinsicht durch Erfahrung, alte Verhältnisse, und billigere Arbeit bevorzugte europäische Schifffahrt, und seine Industrie zu Schutzzöllen und zu einer möglichsten Belebung der Geld- und Creditverhältnisse. Der Süden aber, welcher alle seine Bedürfnisse aus dem Erlös seiner Baumwolle kaufen muß, wünscht freie Schifffahrt und zollfreie

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_360480/286>, abgerufen am 24.08.2024.