Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. IV. Band.Hoffnungen des Verfassers bringt. Obgleich Gegner der französischen Herrschaft Die inneren Verhältnisse Sachsens -- so schreibt der Minister -- waren Dennoch blieb in Sachsen viel zu wünschen übrig. Der langsame Ge¬ Hoffnungen des Verfassers bringt. Obgleich Gegner der französischen Herrschaft Die inneren Verhältnisse Sachsens — so schreibt der Minister — waren Dennoch blieb in Sachsen viel zu wünschen übrig. Der langsame Ge¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0246" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/189870"/> <p xml:id="ID_918" prev="#ID_917"> Hoffnungen des Verfassers bringt. Obgleich Gegner der französischen Herrschaft<lb/> in Deutschland, wußte er sich doch mit den französischen Staatsmännern ganz gut<lb/> zu stellen. Von Preußen spricht er nach dem tiefen Fall von 1806 mit Ver¬<lb/> achtung und nach der Erhebung von 1813 mit dem Mißtrauen und der Ab¬<lb/> neigung eines in seiner Existenz sich bedroht fühlenden Nachbars. Seine ganze<lb/> Hoffnung setzt er auf Oestreich, das ihm noch mit all der Glorie der deutschen<lb/> Kaiserwürde umgeben erscheint und im Bündniß mit welchem er Sachsens Macht<lb/> consolidiren und ausdehnen mochte. Beide sollten den Kern einer mitteleuro¬<lb/> päischen Staatengruppe bilden, bestimmt, der vereinigten Macht Rußlands und<lb/> Frankreichs, von denen man damals bekanntlich eine Umklammerung Europas<lb/> fürchtete, das Gegengewicht zu halten. Wir fragen: standen die Kräfte Sachsens,<lb/> seine Institutionen und vornehmlich der Charakter seines Königs, der doch immer<lb/> die letzte Instanz bildete und die entscheidende Stimme gab, zu der Rolle, welche<lb/> Herr v. Senfft für diesen Staat ausgedacht hatte, im richtigen Verhältniß?<lb/> Schauen wir uns das Bild an, das der sächsische Minister mit geistvoller Feder<lb/> von Sachsen um das Jahr 1812 entwirft. Es giebt zugleich Rechenschaft von<lb/> dem, was er bis dahin für sein Vaterland gedacht, geplant, und gethan hatte,<lb/> und überhebt uns damit der Mühe, auf die Vorgeschichte der Krisis näher ein¬<lb/> zugehen.</p><lb/> <p xml:id="ID_919"> Die inneren Verhältnisse Sachsens — so schreibt der Minister — waren<lb/> glücklich und entwickelten sich unter der nun bereits vierzigjährigen Regierung<lb/> des Königs, dessen Ordnungs- und Gerechtigkeitssinn, Weisheit und Milde den<lb/> Landcscredit fest begründet, die Finanzen geordnet, den Handel zur Blüthe ge¬<lb/> bracht und überhaupt in dem ganzen Staatskörper diejenige Uebereinstimmung der<lb/> verschiedenen Parteien herbeigeführt hatten, in welcher das Glück der Völker<lb/> besteht. Darin hatte der Wechsel in dem politischen System (der Uebertritt zu<lb/> Frankreich nach der Schlacht von Jena) nichts geändert. Allerdings machten<lb/> sich die 23 Millioiren Franken Kontributionen, welche das Land zu zahlen hatte,<lb/> fühlbar. Der Zinsfuß war von 3 auf 4Vs> und selbst 6 Procent gestiegen;<lb/> der Cours der Staatspapiere war in demselben Verhältniß gefallen, aber das<lb/> mit weiser Mäßigung ausgegebene Papiergeld, das zu allen Zeiten umgewechselt<lb/> werden konnte, erhielt sich auf Pari, eine verständige Vertheilung der Kriegs¬<lb/> lasten kam den Landestheilen und Personen zu Hilfe, die unmittelbar von<lb/> Truppcndurchzügcn litten und man lobte mit Grund die Weisheit einer Negie¬<lb/> rung, welche die auf dem Volke lastende Bürde in solchem Grade zu erleichtern<lb/> verstanden hatte.</p><lb/> <p xml:id="ID_920" next="#ID_921"> Dennoch blieb in Sachsen viel zu wünschen übrig. Der langsame Ge¬<lb/> schäftsgang der Gerichte war ein alter Schade; aber vornehmlich seit dem Mi¬<lb/> nisterium des Freiherrn v. Gutschmidt, eines ehemaligen Advocaten, dem Ver¬<lb/> dienste zu dieser hohen Stelle verholfen, hatte auch die ganze Verwaltung einen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0246]
Hoffnungen des Verfassers bringt. Obgleich Gegner der französischen Herrschaft
in Deutschland, wußte er sich doch mit den französischen Staatsmännern ganz gut
zu stellen. Von Preußen spricht er nach dem tiefen Fall von 1806 mit Ver¬
achtung und nach der Erhebung von 1813 mit dem Mißtrauen und der Ab¬
neigung eines in seiner Existenz sich bedroht fühlenden Nachbars. Seine ganze
Hoffnung setzt er auf Oestreich, das ihm noch mit all der Glorie der deutschen
Kaiserwürde umgeben erscheint und im Bündniß mit welchem er Sachsens Macht
consolidiren und ausdehnen mochte. Beide sollten den Kern einer mitteleuro¬
päischen Staatengruppe bilden, bestimmt, der vereinigten Macht Rußlands und
Frankreichs, von denen man damals bekanntlich eine Umklammerung Europas
fürchtete, das Gegengewicht zu halten. Wir fragen: standen die Kräfte Sachsens,
seine Institutionen und vornehmlich der Charakter seines Königs, der doch immer
die letzte Instanz bildete und die entscheidende Stimme gab, zu der Rolle, welche
Herr v. Senfft für diesen Staat ausgedacht hatte, im richtigen Verhältniß?
Schauen wir uns das Bild an, das der sächsische Minister mit geistvoller Feder
von Sachsen um das Jahr 1812 entwirft. Es giebt zugleich Rechenschaft von
dem, was er bis dahin für sein Vaterland gedacht, geplant, und gethan hatte,
und überhebt uns damit der Mühe, auf die Vorgeschichte der Krisis näher ein¬
zugehen.
Die inneren Verhältnisse Sachsens — so schreibt der Minister — waren
glücklich und entwickelten sich unter der nun bereits vierzigjährigen Regierung
des Königs, dessen Ordnungs- und Gerechtigkeitssinn, Weisheit und Milde den
Landcscredit fest begründet, die Finanzen geordnet, den Handel zur Blüthe ge¬
bracht und überhaupt in dem ganzen Staatskörper diejenige Uebereinstimmung der
verschiedenen Parteien herbeigeführt hatten, in welcher das Glück der Völker
besteht. Darin hatte der Wechsel in dem politischen System (der Uebertritt zu
Frankreich nach der Schlacht von Jena) nichts geändert. Allerdings machten
sich die 23 Millioiren Franken Kontributionen, welche das Land zu zahlen hatte,
fühlbar. Der Zinsfuß war von 3 auf 4Vs> und selbst 6 Procent gestiegen;
der Cours der Staatspapiere war in demselben Verhältniß gefallen, aber das
mit weiser Mäßigung ausgegebene Papiergeld, das zu allen Zeiten umgewechselt
werden konnte, erhielt sich auf Pari, eine verständige Vertheilung der Kriegs¬
lasten kam den Landestheilen und Personen zu Hilfe, die unmittelbar von
Truppcndurchzügcn litten und man lobte mit Grund die Weisheit einer Negie¬
rung, welche die auf dem Volke lastende Bürde in solchem Grade zu erleichtern
verstanden hatte.
Dennoch blieb in Sachsen viel zu wünschen übrig. Der langsame Ge¬
schäftsgang der Gerichte war ein alter Schade; aber vornehmlich seit dem Mi¬
nisterium des Freiherrn v. Gutschmidt, eines ehemaligen Advocaten, dem Ver¬
dienste zu dieser hohen Stelle verholfen, hatte auch die ganze Verwaltung einen
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