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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band.

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läßt sich oft schon aus dem Titel erkennen. So führt ein bei Stöckholz er
ausgegebenes, angeblich für den Gablenzfond bestimmtes Machwerk dieses
Schlages den Titel: "Der Feldzug in Schleswig im Jahre 1864, eine nach authen¬
tischen Quellen verfaßte Darstellung der glänzenden Waffenthaten der
östreichischen Armee und der Betheiligung des preußischen Armee¬
corps ander Kriegsvperation:c." Erinnert dies nicht lebhaft an den famosen
Witz des Nomtöur as , daß nämlich wenn "die Sardinier die Schlacht
bei S. Martino verloren hätten, auch d.le Erfolge der Franzosen in dem Ge¬
fechte von Solferino wirkungslos geblieben wären?"

Aber auch unter den übrigen und mit größerer Bescheidenheit auftretenden
Darstellungen und Beurtheilungen ist nichts nur einigermaßen Befriedigendes.
Ueberall baare Schmeichelei und Lobhudelei, gläubiges Nachbeten der officiellen
Berichte, Ueberhebung der eigenen, Herabsetzung der fremden Leistungen, und
der Refrain: Schmähungen gegen Deutschland. Dabei wird über die mangelhafte
Disciplin, den geringen Muth und die armselige Kriegsmacht der Dänen ge¬
sprochen und über die Großprahlereien der Schweden, Engländer und Fran¬
zosen gespöttelt. Eine verfängliche Praxis in der That! Denn der zu ver¬
herrlichenden Sache wird dadurch ein schlechter Dienst geleistet. Zum mindesten
sollte man einer schwachen und cntmuthigten Truppe gegenüber nicht von be¬
sondern Heldenthaten sprechen. Auch wäre es heilsam, nicht zu vergessen, daß
das Ausbleiben der von den Dänen mit so großer Zuversicht erwarteten schwe¬
dischen oder englischen Hilfe vielleicht am wenigsten den Bemühungen der Oest¬
reicher beizumessen war, und man sollte dagegen in den Busen greisen und sich
fragen: würde das Erscheinen nur einiger Bataillone Rothröcke die Sieges¬
zuversicht wenn nicht im Felde, so doch in der Kanzlei sehr stark beunruhigt haben?

In den anonymen Verfassern der meisten der oben bezeichneten Schriften hat
man, nach der ganzen Art zu schließen, mit der sie auftreten, wohl nicht mili¬
tärische Fachleute zu suchen, sondern nur solche, denen es lediglich darum zu
thun war, den Ruhm irgendeines Gönners zu vermehren oder wenigstens mit
ihrer Arbeit die Ersten auf dem Platze zu sein.

Leider haben aber auch unsre militärischen Fachblätter sich hinreißen lassen,
in das Trararum, welches man den Laien gern verzeiht, auf eine Weise einzu¬
stimmen, die einen neuen Beweis dafür liefert, daß militärisches Wissen eben
kein integrirender Bestandtheil der Uniform ist. Nur die "Militärische Zeitschrift"
hat die goldene Mittelstraße eingehalten und einige wenigstens annehmbare Ar¬
tikel gebracht. Schade nur, daß das Geleistete im Allgemeinen mit dem Rufe,
den diese Zeitschrift genießt, und mit ihren Kosten in keinem richtigen Verhält¬
nisse steht.

Desto Aergeres haben dagegen einige militärische Mitarbeiter der "Militär¬
zeitung", des "Kamerad" und der weiland "illustrirten Militärzeitung" geliefert.


läßt sich oft schon aus dem Titel erkennen. So führt ein bei Stöckholz er
ausgegebenes, angeblich für den Gablenzfond bestimmtes Machwerk dieses
Schlages den Titel: „Der Feldzug in Schleswig im Jahre 1864, eine nach authen¬
tischen Quellen verfaßte Darstellung der glänzenden Waffenthaten der
östreichischen Armee und der Betheiligung des preußischen Armee¬
corps ander Kriegsvperation:c." Erinnert dies nicht lebhaft an den famosen
Witz des Nomtöur as , daß nämlich wenn „die Sardinier die Schlacht
bei S. Martino verloren hätten, auch d.le Erfolge der Franzosen in dem Ge¬
fechte von Solferino wirkungslos geblieben wären?"

Aber auch unter den übrigen und mit größerer Bescheidenheit auftretenden
Darstellungen und Beurtheilungen ist nichts nur einigermaßen Befriedigendes.
Ueberall baare Schmeichelei und Lobhudelei, gläubiges Nachbeten der officiellen
Berichte, Ueberhebung der eigenen, Herabsetzung der fremden Leistungen, und
der Refrain: Schmähungen gegen Deutschland. Dabei wird über die mangelhafte
Disciplin, den geringen Muth und die armselige Kriegsmacht der Dänen ge¬
sprochen und über die Großprahlereien der Schweden, Engländer und Fran¬
zosen gespöttelt. Eine verfängliche Praxis in der That! Denn der zu ver¬
herrlichenden Sache wird dadurch ein schlechter Dienst geleistet. Zum mindesten
sollte man einer schwachen und cntmuthigten Truppe gegenüber nicht von be¬
sondern Heldenthaten sprechen. Auch wäre es heilsam, nicht zu vergessen, daß
das Ausbleiben der von den Dänen mit so großer Zuversicht erwarteten schwe¬
dischen oder englischen Hilfe vielleicht am wenigsten den Bemühungen der Oest¬
reicher beizumessen war, und man sollte dagegen in den Busen greisen und sich
fragen: würde das Erscheinen nur einiger Bataillone Rothröcke die Sieges¬
zuversicht wenn nicht im Felde, so doch in der Kanzlei sehr stark beunruhigt haben?

In den anonymen Verfassern der meisten der oben bezeichneten Schriften hat
man, nach der ganzen Art zu schließen, mit der sie auftreten, wohl nicht mili¬
tärische Fachleute zu suchen, sondern nur solche, denen es lediglich darum zu
thun war, den Ruhm irgendeines Gönners zu vermehren oder wenigstens mit
ihrer Arbeit die Ersten auf dem Platze zu sein.

Leider haben aber auch unsre militärischen Fachblätter sich hinreißen lassen,
in das Trararum, welches man den Laien gern verzeiht, auf eine Weise einzu¬
stimmen, die einen neuen Beweis dafür liefert, daß militärisches Wissen eben
kein integrirender Bestandtheil der Uniform ist. Nur die „Militärische Zeitschrift"
hat die goldene Mittelstraße eingehalten und einige wenigstens annehmbare Ar¬
tikel gebracht. Schade nur, daß das Geleistete im Allgemeinen mit dem Rufe,
den diese Zeitschrift genießt, und mit ihren Kosten in keinem richtigen Verhält¬
nisse steht.

Desto Aergeres haben dagegen einige militärische Mitarbeiter der „Militär¬
zeitung", des „Kamerad" und der weiland „illustrirten Militärzeitung" geliefert.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_189094/527>, abgerufen am 28.09.2024.