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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band.

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Der Kampf der Preußischen Feudalen mit Hardenberg.

Hardenbergs Leben u"d Wirken, -- Nach authentischen Quellen von F, Arndt.
Berlin, 18(>4, Verlag von H, N. Fahlisch. 276 S.

Das Ministerium Altenstein war abgetreten, nachdem es, namentlich ver'
glichen mit Steins Verwaltung, sich nach allen Richtungen hin als schwächliches,
eigner Gedanken bciarcs und zu großen Entschlüssen, wie sie die Lage des
preußischen Staates forderte, unfähiges erwiesen. Nichts als kleine Mittel und
kleine Künste, weder nach Außen noch im Innern ein System, die Micawbe"
Politik der Conjuncturcn des Augenblicks, des Hoffens aus günstige Zufälle,
stetes Schwanken, kein rechtes Zusammenspiel der Vorstände der einzelnen
Departements, in der Verwaltung der Finanzen Leben von der Hand in den
Mund, in der von Scharnhorst angebahnte" Reorganisation des Heeres Stockung
über Stockung, aus Scheu vor Anstoß, zuleyt noch der klägliche Vorschlag, die
Franzosen durch Abtretung Schlesiens, der glorreichen Eroberung des großen
Friedrich, zu befriedigen -- das ungefähr war die Signatur dieses Regiments
gewesen. Am 6. Juni 1810 erhielt das Ministerium seine Entlassung. An
Altenstcins Stelle nahm Hardenberg das Nuder des Staates in die Hand. Es
war hohe Zeit, daß ein Mann von Geist und Entschlossenheit dem König als
oberster Nath an die Seite trat, daß die Inconsequenz einem bestimmten System
das Feld räumte. Hardenberg hat später manches gethan, was er besser unter¬
lassen, und noch mehr unterlassen, was er besser gethan hätte, das Bild, wel¬
ches die Geschichte von ihm bewahrt, ist nichts weniger als das eines Heroen;
in dieser Zeit aber, seiner besten, empfand er einen Zug von einem solchen in
sich, und was er damit geschaffen, ist ein Segen für Preußen geworden. Daran
und an die Kämpfe, die er deshalb mit den Feudalen zu bestehen hatte, zu
erinnern, mögen die folgenden Auszüge aus dem oben angezeigten Buche dienen,
welches im Wesentlichen mit der Charakterschilderung, die Hauffer von dem
Minister der Reformen gegeben hat. zusammentrifft und dieselbe eigentlich nur
durch ausführlichere Mittheilung der Details erweitert; doch mag bemerkt werden,
daß das Bild des Staatskanzlers hier im Einzelnen günstiger als bei Hauffer,
bisweilen zu günstig aufgefaßt ist.


Grenzboten III. 18<,4. 61
Der Kampf der Preußischen Feudalen mit Hardenberg.

Hardenbergs Leben u»d Wirken, — Nach authentischen Quellen von F, Arndt.
Berlin, 18(>4, Verlag von H, N. Fahlisch. 276 S.

Das Ministerium Altenstein war abgetreten, nachdem es, namentlich ver'
glichen mit Steins Verwaltung, sich nach allen Richtungen hin als schwächliches,
eigner Gedanken bciarcs und zu großen Entschlüssen, wie sie die Lage des
preußischen Staates forderte, unfähiges erwiesen. Nichts als kleine Mittel und
kleine Künste, weder nach Außen noch im Innern ein System, die Micawbe»
Politik der Conjuncturcn des Augenblicks, des Hoffens aus günstige Zufälle,
stetes Schwanken, kein rechtes Zusammenspiel der Vorstände der einzelnen
Departements, in der Verwaltung der Finanzen Leben von der Hand in den
Mund, in der von Scharnhorst angebahnte» Reorganisation des Heeres Stockung
über Stockung, aus Scheu vor Anstoß, zuleyt noch der klägliche Vorschlag, die
Franzosen durch Abtretung Schlesiens, der glorreichen Eroberung des großen
Friedrich, zu befriedigen — das ungefähr war die Signatur dieses Regiments
gewesen. Am 6. Juni 1810 erhielt das Ministerium seine Entlassung. An
Altenstcins Stelle nahm Hardenberg das Nuder des Staates in die Hand. Es
war hohe Zeit, daß ein Mann von Geist und Entschlossenheit dem König als
oberster Nath an die Seite trat, daß die Inconsequenz einem bestimmten System
das Feld räumte. Hardenberg hat später manches gethan, was er besser unter¬
lassen, und noch mehr unterlassen, was er besser gethan hätte, das Bild, wel¬
ches die Geschichte von ihm bewahrt, ist nichts weniger als das eines Heroen;
in dieser Zeit aber, seiner besten, empfand er einen Zug von einem solchen in
sich, und was er damit geschaffen, ist ein Segen für Preußen geworden. Daran
und an die Kämpfe, die er deshalb mit den Feudalen zu bestehen hatte, zu
erinnern, mögen die folgenden Auszüge aus dem oben angezeigten Buche dienen,
welches im Wesentlichen mit der Charakterschilderung, die Hauffer von dem
Minister der Reformen gegeben hat. zusammentrifft und dieselbe eigentlich nur
durch ausführlichere Mittheilung der Details erweitert; doch mag bemerkt werden,
daß das Bild des Staatskanzlers hier im Einzelnen günstiger als bei Hauffer,
bisweilen zu günstig aufgefaßt ist.


Grenzboten III. 18<,4. 61
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[0409] Der Kampf der Preußischen Feudalen mit Hardenberg. Hardenbergs Leben u»d Wirken, — Nach authentischen Quellen von F, Arndt. Berlin, 18(>4, Verlag von H, N. Fahlisch. 276 S. Das Ministerium Altenstein war abgetreten, nachdem es, namentlich ver' glichen mit Steins Verwaltung, sich nach allen Richtungen hin als schwächliches, eigner Gedanken bciarcs und zu großen Entschlüssen, wie sie die Lage des preußischen Staates forderte, unfähiges erwiesen. Nichts als kleine Mittel und kleine Künste, weder nach Außen noch im Innern ein System, die Micawbe» Politik der Conjuncturcn des Augenblicks, des Hoffens aus günstige Zufälle, stetes Schwanken, kein rechtes Zusammenspiel der Vorstände der einzelnen Departements, in der Verwaltung der Finanzen Leben von der Hand in den Mund, in der von Scharnhorst angebahnte» Reorganisation des Heeres Stockung über Stockung, aus Scheu vor Anstoß, zuleyt noch der klägliche Vorschlag, die Franzosen durch Abtretung Schlesiens, der glorreichen Eroberung des großen Friedrich, zu befriedigen — das ungefähr war die Signatur dieses Regiments gewesen. Am 6. Juni 1810 erhielt das Ministerium seine Entlassung. An Altenstcins Stelle nahm Hardenberg das Nuder des Staates in die Hand. Es war hohe Zeit, daß ein Mann von Geist und Entschlossenheit dem König als oberster Nath an die Seite trat, daß die Inconsequenz einem bestimmten System das Feld räumte. Hardenberg hat später manches gethan, was er besser unter¬ lassen, und noch mehr unterlassen, was er besser gethan hätte, das Bild, wel¬ ches die Geschichte von ihm bewahrt, ist nichts weniger als das eines Heroen; in dieser Zeit aber, seiner besten, empfand er einen Zug von einem solchen in sich, und was er damit geschaffen, ist ein Segen für Preußen geworden. Daran und an die Kämpfe, die er deshalb mit den Feudalen zu bestehen hatte, zu erinnern, mögen die folgenden Auszüge aus dem oben angezeigten Buche dienen, welches im Wesentlichen mit der Charakterschilderung, die Hauffer von dem Minister der Reformen gegeben hat. zusammentrifft und dieselbe eigentlich nur durch ausführlichere Mittheilung der Details erweitert; doch mag bemerkt werden, daß das Bild des Staatskanzlers hier im Einzelnen günstiger als bei Hauffer, bisweilen zu günstig aufgefaßt ist. Grenzboten III. 18<,4. 61

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_189094/409>, abgerufen am 28.09.2024.