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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band.

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hin als ein bedeutendes Buch empfehlen. Leider ist die Uebersetzung voll von
groben Fehlern und Mißverständnissen und oft vollkommen undeutsch.

Besonders interessant ist, was wir über 'den Aufenthalt Spekes am Hofe
des Königs Mtesa von Uganda am Nyanza (Bd. 1, S. 308--348 und Bd. 2.
S. 1--128) erfahren, und da diese Mittheilungen bisher nur in Umrissen be¬
kannt waren, so geben wir im Nachstehenden einen das vorzüglich Charakteristische
zu einem Mosaitbild zusammenstellenden Auszug.

Am 19. Februar 1862 kam Speke mit seiner Reisebegleitung in Sicht der
Kibuga oder des Palastes Konig Mtesas, der in der Provinz Bandawarogo.
0° 21' 19" nördl. Br., 32" 44' 30" söll. Lange liegt. Es mar ein prachtvoller
Anblick; denn ein ganzer Berg war mit gigantischen Hütten bedeckt, wie sie
Speke bis dahin in Afrika noch nicht gesehen hatte. Nachdem die Reisenden
ihre Ankunft auf Perlangen von Hofbeamten durch eine Flintensalve gemeldet,
wurde ihnen eine Anzahl schmutziger Hütten zur Unterkunft angemiesen. Um¬
sonst remonstrute Speke, der als fremder Prinz von Geblüt auftrat, gegen diese
ihm unerträgliche UnWürdigkeit. Er mußte sich fügen. Am folgenden Tage
wurde ihm durch Pagen angekündigt, daß der König ihn nun empfangen wolle.
Die Pagen trugen Bastmäntel, die wie das beste gerippte Zeug aussahen,
darüber Ueberwurfe von Antilopenfell, so fein genäht wie englische Handschuhe,
am Halse, den Armen und Fußknöcheln Amulete von Holz und kleine mit ma¬
gischem Pulver gefüllte Hörner, die an mit Schlangenhaut überzogenen Fäden
hingen, auf dem Kopfe Turbane, geschmückt mit pointer Eberzähnen, Zauber-
stäbchen und Muscheln. In großer Procession zog man mit den für den Kö¬
nig bestimmten Geschenken: einem Kästchen aus Blockzinn, vier seidenen Ge¬
wändern, einer Whitworthbüchse, drei Karabinern, drei Degenbajonneten, Kisten
mit Kugeln, Pulver und Zündhütchen, einem goldnen Chronometer, eurem Te-
lescop, einem eisernen Stuhl, zehn Bündeln Perlen und einem Satz Messer,
Löffel und Gabeln, nach dem Palast hinauf. Borans schritt ein Mann mit der
englischen Flagge, ihm folgten zwölf in rothe Flanellmäntel gekleidete Männer
mit gesenkten Gewehren und aufgepflanzten Bajonnetcn, dann kamen speit
und dessen übrige Leute mit den Geschenken, die man mit Zitz bedeckt hatte, da
es in Uganda für unanständig gilt, der königlichen Majestät etwas in nacktem
Zustande darzubieten.

Durch Massen von Höflingen, die über den ungewöhnlichen Zug unauf¬
hörlich "Jrungi, Jrungi!" d. h herrlich, herrlich riefen, wobei sie sich mit bei¬
den Händen an den Kopf schlugen, gelangte man über eine breite Straße in
den Vorhof des Palastes, der mit Zäunen von Tigergras umgeben war und
ein großes Biereck bildete. Dann ging es durch ein Thor in einen zweiten
Hof, wo die Fremden von hohen Beamten begrüßt wurden, und ob man sie
anwies, vor einer Hütte, in welcher Musikanten sangen und aus neunsaitigen


hin als ein bedeutendes Buch empfehlen. Leider ist die Uebersetzung voll von
groben Fehlern und Mißverständnissen und oft vollkommen undeutsch.

Besonders interessant ist, was wir über 'den Aufenthalt Spekes am Hofe
des Königs Mtesa von Uganda am Nyanza (Bd. 1, S. 308—348 und Bd. 2.
S. 1—128) erfahren, und da diese Mittheilungen bisher nur in Umrissen be¬
kannt waren, so geben wir im Nachstehenden einen das vorzüglich Charakteristische
zu einem Mosaitbild zusammenstellenden Auszug.

Am 19. Februar 1862 kam Speke mit seiner Reisebegleitung in Sicht der
Kibuga oder des Palastes Konig Mtesas, der in der Provinz Bandawarogo.
0° 21' 19" nördl. Br., 32« 44' 30" söll. Lange liegt. Es mar ein prachtvoller
Anblick; denn ein ganzer Berg war mit gigantischen Hütten bedeckt, wie sie
Speke bis dahin in Afrika noch nicht gesehen hatte. Nachdem die Reisenden
ihre Ankunft auf Perlangen von Hofbeamten durch eine Flintensalve gemeldet,
wurde ihnen eine Anzahl schmutziger Hütten zur Unterkunft angemiesen. Um¬
sonst remonstrute Speke, der als fremder Prinz von Geblüt auftrat, gegen diese
ihm unerträgliche UnWürdigkeit. Er mußte sich fügen. Am folgenden Tage
wurde ihm durch Pagen angekündigt, daß der König ihn nun empfangen wolle.
Die Pagen trugen Bastmäntel, die wie das beste gerippte Zeug aussahen,
darüber Ueberwurfe von Antilopenfell, so fein genäht wie englische Handschuhe,
am Halse, den Armen und Fußknöcheln Amulete von Holz und kleine mit ma¬
gischem Pulver gefüllte Hörner, die an mit Schlangenhaut überzogenen Fäden
hingen, auf dem Kopfe Turbane, geschmückt mit pointer Eberzähnen, Zauber-
stäbchen und Muscheln. In großer Procession zog man mit den für den Kö¬
nig bestimmten Geschenken: einem Kästchen aus Blockzinn, vier seidenen Ge¬
wändern, einer Whitworthbüchse, drei Karabinern, drei Degenbajonneten, Kisten
mit Kugeln, Pulver und Zündhütchen, einem goldnen Chronometer, eurem Te-
lescop, einem eisernen Stuhl, zehn Bündeln Perlen und einem Satz Messer,
Löffel und Gabeln, nach dem Palast hinauf. Borans schritt ein Mann mit der
englischen Flagge, ihm folgten zwölf in rothe Flanellmäntel gekleidete Männer
mit gesenkten Gewehren und aufgepflanzten Bajonnetcn, dann kamen speit
und dessen übrige Leute mit den Geschenken, die man mit Zitz bedeckt hatte, da
es in Uganda für unanständig gilt, der königlichen Majestät etwas in nacktem
Zustande darzubieten.

Durch Massen von Höflingen, die über den ungewöhnlichen Zug unauf¬
hörlich „Jrungi, Jrungi!" d. h herrlich, herrlich riefen, wobei sie sich mit bei¬
den Händen an den Kopf schlugen, gelangte man über eine breite Straße in
den Vorhof des Palastes, der mit Zäunen von Tigergras umgeben war und
ein großes Biereck bildete. Dann ging es durch ein Thor in einen zweiten
Hof, wo die Fremden von hohen Beamten begrüßt wurden, und ob man sie
anwies, vor einer Hütte, in welcher Musikanten sangen und aus neunsaitigen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_189094/381>, abgerufen am 28.09.2024.