Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band.

Bild:
<< vorherige Seite
2) Die Brigade Krafft:.........vier Bataillone,
nämlich das erste neumärkische Landwehrregiment.
3) Die Brigade Hessen-Homburg:......zwei Bataillone,
nämlich ostpreußische Landwehr; darunter das
Bataillon Friccius. Die Brigade Thumm hatte
keine Landwehrtruppen.

Jedes Bataillon hatte eine Stärke von ungefähr 600 Mann, und das
würde für acht Bataillone nicht mehr als 4.800 Mann geben.

Daß nun diese 4,800 Mann Landwchrinfanterie, selbst wenn dieselben
während der ganzen Dauer der Schlacht anwesend gewesen, die Schlacht von
Großbeeren nicht, wie Manche wissen wollen, hauptsächlich geschlagen, daß sie
dieselbe noch weniger gewonnen haben können, sollte auch dem Laien in der Kriegs¬
geschichte von vornherein einleuchten, wenn er nur einigermaßen über die Stärke
der Gegner Bülows (die französischen, italienischen, sächsischen und würtember-
gischen Truppen Oudinots zählten zusammen gegen 70.000 Mann, von denen
allerdings nicht alle an der Schlacht theilnahmen) unterrichtet ist.

Von jenen 4,800 Mann Landwehrinfanterie müssen aber noch die beiden
Bataillone der Brigade Borstell mit 1200 Mann so gut wie ganz abgerechnet
werden; denn diese Brigade traf erst gegen das Ende der Schlacht von dem
drei deutsche Meilen entfernten Städtchen Zossen auf dem Schauplatz des
Kampfes ein, so daß an den Hauptereignissen der Schlacht bei Großbeeren,
namentlich an dem großen Angriff der Preußen, mit dem dieselbe eröffnet wurde,
nur etwa 3,600 Mann Landwehrinfanterie Theil genommen haben.

Nunmehr zur Erzählung der Begebenheiten vor und während der Schlacht
selbst:

Nachdem sich das dritte Armeecorps am 18ten August westlich und süd-
lich von Berlin concentrirt (die Brigade Krafft, bei welcher ich stand, in der
Hasenhaide), und hier ohne Lebensmittel und fast ohne alle Lagerbedürfnisse
die Nacht vom 18ten zum 19ten zugebracht hatte, wurde das ganze Armee¬
corps, behufs der nothwendigen Verpflegung, in die Dorfschaften der Um¬
gegend verlegt.

Wie zahlreich die Truppen hierbei in den verschiedenen Orten und Gehöften
untergebracht waren, möge man daraus entnehmen, daß in dem damals noch
sehr kleinen Dorfe Rixdorf das ganze neunte Reserve - Jnfanterieergiment
(2,400 Mann) nebst einer und einer halben Fußbatterie quartirte.

Bei dieser Masse von Menschen verpflegten sich die Soldaten, selbst d. h.
die Kartoffelfelder wurden nach Erfordernis; geleert, und es wurde so viel Vieh
geschlachtet als zur Mahlzeit nöthig war. -- Das Abkochen der Speisen er¬
folgte in den Gärten des Dorfes, wobei sich ein jeder Soldat des mitgebrachten
Kochgeschirrs bediente. ^


39*
2) Die Brigade Krafft:.........vier Bataillone,
nämlich das erste neumärkische Landwehrregiment.
3) Die Brigade Hessen-Homburg:......zwei Bataillone,
nämlich ostpreußische Landwehr; darunter das
Bataillon Friccius. Die Brigade Thumm hatte
keine Landwehrtruppen.

Jedes Bataillon hatte eine Stärke von ungefähr 600 Mann, und das
würde für acht Bataillone nicht mehr als 4.800 Mann geben.

Daß nun diese 4,800 Mann Landwchrinfanterie, selbst wenn dieselben
während der ganzen Dauer der Schlacht anwesend gewesen, die Schlacht von
Großbeeren nicht, wie Manche wissen wollen, hauptsächlich geschlagen, daß sie
dieselbe noch weniger gewonnen haben können, sollte auch dem Laien in der Kriegs¬
geschichte von vornherein einleuchten, wenn er nur einigermaßen über die Stärke
der Gegner Bülows (die französischen, italienischen, sächsischen und würtember-
gischen Truppen Oudinots zählten zusammen gegen 70.000 Mann, von denen
allerdings nicht alle an der Schlacht theilnahmen) unterrichtet ist.

Von jenen 4,800 Mann Landwehrinfanterie müssen aber noch die beiden
Bataillone der Brigade Borstell mit 1200 Mann so gut wie ganz abgerechnet
werden; denn diese Brigade traf erst gegen das Ende der Schlacht von dem
drei deutsche Meilen entfernten Städtchen Zossen auf dem Schauplatz des
Kampfes ein, so daß an den Hauptereignissen der Schlacht bei Großbeeren,
namentlich an dem großen Angriff der Preußen, mit dem dieselbe eröffnet wurde,
nur etwa 3,600 Mann Landwehrinfanterie Theil genommen haben.

Nunmehr zur Erzählung der Begebenheiten vor und während der Schlacht
selbst:

Nachdem sich das dritte Armeecorps am 18ten August westlich und süd-
lich von Berlin concentrirt (die Brigade Krafft, bei welcher ich stand, in der
Hasenhaide), und hier ohne Lebensmittel und fast ohne alle Lagerbedürfnisse
die Nacht vom 18ten zum 19ten zugebracht hatte, wurde das ganze Armee¬
corps, behufs der nothwendigen Verpflegung, in die Dorfschaften der Um¬
gegend verlegt.

Wie zahlreich die Truppen hierbei in den verschiedenen Orten und Gehöften
untergebracht waren, möge man daraus entnehmen, daß in dem damals noch
sehr kleinen Dorfe Rixdorf das ganze neunte Reserve - Jnfanterieergiment
(2,400 Mann) nebst einer und einer halben Fußbatterie quartirte.

Bei dieser Masse von Menschen verpflegten sich die Soldaten, selbst d. h.
die Kartoffelfelder wurden nach Erfordernis; geleert, und es wurde so viel Vieh
geschlachtet als zur Mahlzeit nöthig war. — Das Abkochen der Speisen er¬
folgte in den Gärten des Dorfes, wobei sich ein jeder Soldat des mitgebrachten
Kochgeschirrs bediente. ^


39*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0315" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/189410"/>
          <list>
            <item> 2) Die Brigade Krafft:.........vier Bataillone,<lb/>
nämlich das erste neumärkische Landwehrregiment.</item>
            <item> 3) Die Brigade Hessen-Homburg:......zwei Bataillone,<lb/>
nämlich ostpreußische Landwehr; darunter das<lb/>
Bataillon Friccius. Die Brigade Thumm hatte<lb/>
keine Landwehrtruppen.</item>
          </list><lb/>
          <p xml:id="ID_1275"> Jedes Bataillon hatte eine Stärke von ungefähr 600 Mann, und das<lb/>
würde für acht Bataillone nicht mehr als 4.800 Mann geben.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1276"> Daß nun diese 4,800 Mann Landwchrinfanterie, selbst wenn dieselben<lb/>
während der ganzen Dauer der Schlacht anwesend gewesen, die Schlacht von<lb/>
Großbeeren nicht, wie Manche wissen wollen, hauptsächlich geschlagen, daß sie<lb/>
dieselbe noch weniger gewonnen haben können, sollte auch dem Laien in der Kriegs¬<lb/>
geschichte von vornherein einleuchten, wenn er nur einigermaßen über die Stärke<lb/>
der Gegner Bülows (die französischen, italienischen, sächsischen und würtember-<lb/>
gischen Truppen Oudinots zählten zusammen gegen 70.000 Mann, von denen<lb/>
allerdings nicht alle an der Schlacht theilnahmen) unterrichtet ist.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1277"> Von jenen 4,800 Mann Landwehrinfanterie müssen aber noch die beiden<lb/>
Bataillone der Brigade Borstell mit 1200 Mann so gut wie ganz abgerechnet<lb/>
werden; denn diese Brigade traf erst gegen das Ende der Schlacht von dem<lb/>
drei deutsche Meilen entfernten Städtchen Zossen auf dem Schauplatz des<lb/>
Kampfes ein, so daß an den Hauptereignissen der Schlacht bei Großbeeren,<lb/>
namentlich an dem großen Angriff der Preußen, mit dem dieselbe eröffnet wurde,<lb/>
nur etwa 3,600 Mann Landwehrinfanterie Theil genommen haben.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1278"> Nunmehr zur Erzählung der Begebenheiten vor und während der Schlacht<lb/>
selbst:</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1279"> Nachdem sich das dritte Armeecorps am 18ten August westlich und süd-<lb/>
lich von Berlin concentrirt (die Brigade Krafft, bei welcher ich stand, in der<lb/>
Hasenhaide), und hier ohne Lebensmittel und fast ohne alle Lagerbedürfnisse<lb/>
die Nacht vom 18ten zum 19ten zugebracht hatte, wurde das ganze Armee¬<lb/>
corps, behufs der nothwendigen Verpflegung, in die Dorfschaften der Um¬<lb/>
gegend verlegt.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1280"> Wie zahlreich die Truppen hierbei in den verschiedenen Orten und Gehöften<lb/>
untergebracht waren, möge man daraus entnehmen, daß in dem damals noch<lb/>
sehr kleinen Dorfe Rixdorf das ganze neunte Reserve - Jnfanterieergiment<lb/>
(2,400 Mann) nebst einer und einer halben Fußbatterie quartirte.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1281"> Bei dieser Masse von Menschen verpflegten sich die Soldaten, selbst d. h.<lb/>
die Kartoffelfelder wurden nach Erfordernis; geleert, und es wurde so viel Vieh<lb/>
geschlachtet als zur Mahlzeit nöthig war. &#x2014; Das Abkochen der Speisen er¬<lb/>
folgte in den Gärten des Dorfes, wobei sich ein jeder Soldat des mitgebrachten<lb/>
Kochgeschirrs bediente. ^</p><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> 39*</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0315] 2) Die Brigade Krafft:.........vier Bataillone, nämlich das erste neumärkische Landwehrregiment. 3) Die Brigade Hessen-Homburg:......zwei Bataillone, nämlich ostpreußische Landwehr; darunter das Bataillon Friccius. Die Brigade Thumm hatte keine Landwehrtruppen. Jedes Bataillon hatte eine Stärke von ungefähr 600 Mann, und das würde für acht Bataillone nicht mehr als 4.800 Mann geben. Daß nun diese 4,800 Mann Landwchrinfanterie, selbst wenn dieselben während der ganzen Dauer der Schlacht anwesend gewesen, die Schlacht von Großbeeren nicht, wie Manche wissen wollen, hauptsächlich geschlagen, daß sie dieselbe noch weniger gewonnen haben können, sollte auch dem Laien in der Kriegs¬ geschichte von vornherein einleuchten, wenn er nur einigermaßen über die Stärke der Gegner Bülows (die französischen, italienischen, sächsischen und würtember- gischen Truppen Oudinots zählten zusammen gegen 70.000 Mann, von denen allerdings nicht alle an der Schlacht theilnahmen) unterrichtet ist. Von jenen 4,800 Mann Landwehrinfanterie müssen aber noch die beiden Bataillone der Brigade Borstell mit 1200 Mann so gut wie ganz abgerechnet werden; denn diese Brigade traf erst gegen das Ende der Schlacht von dem drei deutsche Meilen entfernten Städtchen Zossen auf dem Schauplatz des Kampfes ein, so daß an den Hauptereignissen der Schlacht bei Großbeeren, namentlich an dem großen Angriff der Preußen, mit dem dieselbe eröffnet wurde, nur etwa 3,600 Mann Landwehrinfanterie Theil genommen haben. Nunmehr zur Erzählung der Begebenheiten vor und während der Schlacht selbst: Nachdem sich das dritte Armeecorps am 18ten August westlich und süd- lich von Berlin concentrirt (die Brigade Krafft, bei welcher ich stand, in der Hasenhaide), und hier ohne Lebensmittel und fast ohne alle Lagerbedürfnisse die Nacht vom 18ten zum 19ten zugebracht hatte, wurde das ganze Armee¬ corps, behufs der nothwendigen Verpflegung, in die Dorfschaften der Um¬ gegend verlegt. Wie zahlreich die Truppen hierbei in den verschiedenen Orten und Gehöften untergebracht waren, möge man daraus entnehmen, daß in dem damals noch sehr kleinen Dorfe Rixdorf das ganze neunte Reserve - Jnfanterieergiment (2,400 Mann) nebst einer und einer halben Fußbatterie quartirte. Bei dieser Masse von Menschen verpflegten sich die Soldaten, selbst d. h. die Kartoffelfelder wurden nach Erfordernis; geleert, und es wurde so viel Vieh geschlachtet als zur Mahlzeit nöthig war. — Das Abkochen der Speisen er¬ folgte in den Gärten des Dorfes, wobei sich ein jeder Soldat des mitgebrachten Kochgeschirrs bediente. ^ 39*

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_189094
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_189094/315
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_189094/315>, abgerufen am 28.09.2024.