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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band.

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Brigaden Gondrecourt und Nostiz in die Queue, die andern Truppen
aber an die Spitze der Colonnen kamen. Doch erfolgte auch nach dem
Weitelmarsche des Armeecorps zunächst kein Ereigniß von Bedeutung. Nach
einem mehrwochentlichen Stillstand der Operationen, dessen Erklärung ebenso¬
sehr in dem Bestreben der Dänen, neue Kräfte zu sammeln und bis dahin
jedem größeren Gefechte auszuweichen, als in der für die Alliuten immer
gebieterischer herantretenden Nothwendigkeit, ihre Reserven und Verpflegungs¬
anstalten näher heranzuziehen, in der Ungunst der Witterung und vor allem
vielleicht in den Bemühungen der Diplomaten zu suchen ist, rückten die Oest¬
reicher langsam gegen Norden und concentrirten sich zuletzt in und bei Haders¬
leben, wo sie das letzte Drittel des Februar und bis zum 6. März verblieben,
in Gemeinschaft mit der preußischen Gardcbivision das unter dem General¬
lieutenant He g er in ann-L in d enkron e stehende dänische Corps beobachtend,
während das Gros der preußischen Truppen vor den düppeler Schanzen
Stellung nahm. Erst das Herannahen des dänischen Corps gegen die in
Kolding stehende preußische Gardedivision veranlaßte ein abermaliges Vor¬
rücken der Oestreicher. Dieser Vormarsch erfolgte in zwei Colonnen, von wel¬
chen die eine, unter G ablenz' eigenem Befehle stehend und aus den Brigaden
Gondrecourt, Nostiz und Dobrzenski nebst dem größten Theile der
Artillerie des Corps zusammengesetzt, über Kolding, von wo die Preußen gegen
Fridericia vordrangen, gegen Beile vorrücken sollte, während Feldmarschall¬
lieutenant Graf Neipperg mit dein Reste des östreichischen Armeecorps und
einer preußischen Cavalteriebrigade die Koldingau bei Eistrup überschreitend,
gleichfalls auf Vene sich dirigirte. Der Disposition gemäß hätte Neipperg
mit seinen Truppen zuerst auf den Feind treffen sollen. Der Uebergang über
die Koldingau aber war -- so erzählen vfficiöse Berichte -- des anhaltenden
Regenwetters wegen mit solchen Schwierigkeiten verbunden, daß diese Colonne
um mehre Stunden aufgehalten wurde, und so kamen also gerade jene Trup¬
pen, welche man hatte schonen wollen, abermals in das Gefecht.

Indessen ging es auch bei der Hauptcolvnne nicht ohne Verstöße her.
Das Dragonerrcgiment Windischgrätz marschirte den übrigen Truppen weit
voraus, so daß es im Falle eines Zusammenstoßes aus keine rechtzeitige Unter¬
stützung hoffen durfte. Man rechnete zu sehr auf das Erscheinen Neippergs.
Endlich machte das Regiment Halt, um die andern Truppen abzuwarten, ließ
aber seine eigene Avantgarde in das Blaue vorreiten. So wurde denn
diese kleine Truppe plötzlich von einer weit überlegenen dänischen Cavallerie-
abtheilung angegriffen und fast total aufgerieben, wobei ihr Anführer schwer
verwundet in Gefangenschaft gerieth. Diese Affaire war allerdings ein Unfall,
aber eben kein solcher, von dem viel Aufhebens zu machen gewesen wäre.
Aber daß der Offizier zufällig ein Graf Czernin war, änderte die Sachlage,


Brigaden Gondrecourt und Nostiz in die Queue, die andern Truppen
aber an die Spitze der Colonnen kamen. Doch erfolgte auch nach dem
Weitelmarsche des Armeecorps zunächst kein Ereigniß von Bedeutung. Nach
einem mehrwochentlichen Stillstand der Operationen, dessen Erklärung ebenso¬
sehr in dem Bestreben der Dänen, neue Kräfte zu sammeln und bis dahin
jedem größeren Gefechte auszuweichen, als in der für die Alliuten immer
gebieterischer herantretenden Nothwendigkeit, ihre Reserven und Verpflegungs¬
anstalten näher heranzuziehen, in der Ungunst der Witterung und vor allem
vielleicht in den Bemühungen der Diplomaten zu suchen ist, rückten die Oest¬
reicher langsam gegen Norden und concentrirten sich zuletzt in und bei Haders¬
leben, wo sie das letzte Drittel des Februar und bis zum 6. März verblieben,
in Gemeinschaft mit der preußischen Gardcbivision das unter dem General¬
lieutenant He g er in ann-L in d enkron e stehende dänische Corps beobachtend,
während das Gros der preußischen Truppen vor den düppeler Schanzen
Stellung nahm. Erst das Herannahen des dänischen Corps gegen die in
Kolding stehende preußische Gardedivision veranlaßte ein abermaliges Vor¬
rücken der Oestreicher. Dieser Vormarsch erfolgte in zwei Colonnen, von wel¬
chen die eine, unter G ablenz' eigenem Befehle stehend und aus den Brigaden
Gondrecourt, Nostiz und Dobrzenski nebst dem größten Theile der
Artillerie des Corps zusammengesetzt, über Kolding, von wo die Preußen gegen
Fridericia vordrangen, gegen Beile vorrücken sollte, während Feldmarschall¬
lieutenant Graf Neipperg mit dein Reste des östreichischen Armeecorps und
einer preußischen Cavalteriebrigade die Koldingau bei Eistrup überschreitend,
gleichfalls auf Vene sich dirigirte. Der Disposition gemäß hätte Neipperg
mit seinen Truppen zuerst auf den Feind treffen sollen. Der Uebergang über
die Koldingau aber war — so erzählen vfficiöse Berichte — des anhaltenden
Regenwetters wegen mit solchen Schwierigkeiten verbunden, daß diese Colonne
um mehre Stunden aufgehalten wurde, und so kamen also gerade jene Trup¬
pen, welche man hatte schonen wollen, abermals in das Gefecht.

Indessen ging es auch bei der Hauptcolvnne nicht ohne Verstöße her.
Das Dragonerrcgiment Windischgrätz marschirte den übrigen Truppen weit
voraus, so daß es im Falle eines Zusammenstoßes aus keine rechtzeitige Unter¬
stützung hoffen durfte. Man rechnete zu sehr auf das Erscheinen Neippergs.
Endlich machte das Regiment Halt, um die andern Truppen abzuwarten, ließ
aber seine eigene Avantgarde in das Blaue vorreiten. So wurde denn
diese kleine Truppe plötzlich von einer weit überlegenen dänischen Cavallerie-
abtheilung angegriffen und fast total aufgerieben, wobei ihr Anführer schwer
verwundet in Gefangenschaft gerieth. Diese Affaire war allerdings ein Unfall,
aber eben kein solcher, von dem viel Aufhebens zu machen gewesen wäre.
Aber daß der Offizier zufällig ein Graf Czernin war, änderte die Sachlage,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_189094/280>, abgerufen am 28.09.2024.