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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band.

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Die englische Literatur in Deutschland.

Die englische Sprache und Literatur in Deutschland. Ein-e Festschrift zur drci-
hundcrtjährigcn Geburtsfeier Shakespeares, Von Karl Elzc. Dresden,
L, Ehlermcmn. t364. 92 S.

Schon ziemlich früh gab es Beziehungen zwischen Deutschland und Eng¬
land, welche englisches Wesen und englische Sprache, wenn auch nur sporadisch,
nach Deutschland brachten. Die Kaiser Otto der Große und Heinrich der Fünfte,
Heinrich der Löwe und Kaiser Friedrich der Zweite waren mit englischen Prin¬
zessinnen vermählt, und um die Mitte des dreizehnten Jahrhunderts erreichte
der Einfluß Englands auf gewisse deutsche Kurfürsten eine solche Höhe, daß
Richard von Cornwallis zum deutschen Kaiser gewählt wurde. Ferner fand
bereits in frühen Jahrhunderten ein großartiger Handelsverkehr zwischen Nord¬
deutschland und den britischen Inseln statt, der, wie er die Hansa in London
die Factorei des Stahlhofs gründen und sich von da aus über ganz Gro߬
britannien ausbreiten ließ, auch die Vertreter englischer Handelsgesellschaften
nach Deutschland rief, wo sie vorzüglich in Hamburg, Stade und Emden sowie
in den Hafenstädten der Ostsee bis nach Danzig hin festen Fuß faßten und,
wie die Von obenangeführter Schrift mitgetheilten Beispiele bekunden, eine ziem¬
lich große Anzahl ,von Anglicismen in die Sprache der damaligen hansischen
Urkunden brachten. Endlich traten hierzu noch die Einflüsse auf kirchlichem Ge¬
biet, von denen indeß die Einwirkung der Wiklesitcn auf Huß nicht hierher ge¬
hört, da die betreffenden Gelehrten in lateinischer Sprache mit einander ver¬
kehrten. Dagegen darf die Bedeutung der englischen Flüchtlingscolonien, welche
sich infolge der von der blutigen Maria über den Protestantismus in England
verhängten grausamen Maßregeln um die Mitte des sechzehnten Jahrhunderts
in Frankfurt am Main, Duisburg, Straßburg, Basel, Zürich und Aarau bil¬
deten, und zu welchen nicht weniger als fünf Bischöfe und mehre Laien von
hohem Rang gehörten, nicht gering angeschlagen werden. Auch sonst fehlte es
in Deutschland kurz vor und nach dieser Periode nicht an versprengten englischen
Protestanten. In Leipzig finden wir um die Zeit des ersten Auftretens Luthers
den Londoner Croke als Professor der griechischen Sprache. In Tübingen hiel-


Grenzboten III. 1864. 31
Die englische Literatur in Deutschland.

Die englische Sprache und Literatur in Deutschland. Ein-e Festschrift zur drci-
hundcrtjährigcn Geburtsfeier Shakespeares, Von Karl Elzc. Dresden,
L, Ehlermcmn. t364. 92 S.

Schon ziemlich früh gab es Beziehungen zwischen Deutschland und Eng¬
land, welche englisches Wesen und englische Sprache, wenn auch nur sporadisch,
nach Deutschland brachten. Die Kaiser Otto der Große und Heinrich der Fünfte,
Heinrich der Löwe und Kaiser Friedrich der Zweite waren mit englischen Prin¬
zessinnen vermählt, und um die Mitte des dreizehnten Jahrhunderts erreichte
der Einfluß Englands auf gewisse deutsche Kurfürsten eine solche Höhe, daß
Richard von Cornwallis zum deutschen Kaiser gewählt wurde. Ferner fand
bereits in frühen Jahrhunderten ein großartiger Handelsverkehr zwischen Nord¬
deutschland und den britischen Inseln statt, der, wie er die Hansa in London
die Factorei des Stahlhofs gründen und sich von da aus über ganz Gro߬
britannien ausbreiten ließ, auch die Vertreter englischer Handelsgesellschaften
nach Deutschland rief, wo sie vorzüglich in Hamburg, Stade und Emden sowie
in den Hafenstädten der Ostsee bis nach Danzig hin festen Fuß faßten und,
wie die Von obenangeführter Schrift mitgetheilten Beispiele bekunden, eine ziem¬
lich große Anzahl ,von Anglicismen in die Sprache der damaligen hansischen
Urkunden brachten. Endlich traten hierzu noch die Einflüsse auf kirchlichem Ge¬
biet, von denen indeß die Einwirkung der Wiklesitcn auf Huß nicht hierher ge¬
hört, da die betreffenden Gelehrten in lateinischer Sprache mit einander ver¬
kehrten. Dagegen darf die Bedeutung der englischen Flüchtlingscolonien, welche
sich infolge der von der blutigen Maria über den Protestantismus in England
verhängten grausamen Maßregeln um die Mitte des sechzehnten Jahrhunderts
in Frankfurt am Main, Duisburg, Straßburg, Basel, Zürich und Aarau bil¬
deten, und zu welchen nicht weniger als fünf Bischöfe und mehre Laien von
hohem Rang gehörten, nicht gering angeschlagen werden. Auch sonst fehlte es
in Deutschland kurz vor und nach dieser Periode nicht an versprengten englischen
Protestanten. In Leipzig finden wir um die Zeit des ersten Auftretens Luthers
den Londoner Croke als Professor der griechischen Sprache. In Tübingen hiel-


Grenzboten III. 1864. 31
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[0249] Die englische Literatur in Deutschland. Die englische Sprache und Literatur in Deutschland. Ein-e Festschrift zur drci- hundcrtjährigcn Geburtsfeier Shakespeares, Von Karl Elzc. Dresden, L, Ehlermcmn. t364. 92 S. Schon ziemlich früh gab es Beziehungen zwischen Deutschland und Eng¬ land, welche englisches Wesen und englische Sprache, wenn auch nur sporadisch, nach Deutschland brachten. Die Kaiser Otto der Große und Heinrich der Fünfte, Heinrich der Löwe und Kaiser Friedrich der Zweite waren mit englischen Prin¬ zessinnen vermählt, und um die Mitte des dreizehnten Jahrhunderts erreichte der Einfluß Englands auf gewisse deutsche Kurfürsten eine solche Höhe, daß Richard von Cornwallis zum deutschen Kaiser gewählt wurde. Ferner fand bereits in frühen Jahrhunderten ein großartiger Handelsverkehr zwischen Nord¬ deutschland und den britischen Inseln statt, der, wie er die Hansa in London die Factorei des Stahlhofs gründen und sich von da aus über ganz Gro߬ britannien ausbreiten ließ, auch die Vertreter englischer Handelsgesellschaften nach Deutschland rief, wo sie vorzüglich in Hamburg, Stade und Emden sowie in den Hafenstädten der Ostsee bis nach Danzig hin festen Fuß faßten und, wie die Von obenangeführter Schrift mitgetheilten Beispiele bekunden, eine ziem¬ lich große Anzahl ,von Anglicismen in die Sprache der damaligen hansischen Urkunden brachten. Endlich traten hierzu noch die Einflüsse auf kirchlichem Ge¬ biet, von denen indeß die Einwirkung der Wiklesitcn auf Huß nicht hierher ge¬ hört, da die betreffenden Gelehrten in lateinischer Sprache mit einander ver¬ kehrten. Dagegen darf die Bedeutung der englischen Flüchtlingscolonien, welche sich infolge der von der blutigen Maria über den Protestantismus in England verhängten grausamen Maßregeln um die Mitte des sechzehnten Jahrhunderts in Frankfurt am Main, Duisburg, Straßburg, Basel, Zürich und Aarau bil¬ deten, und zu welchen nicht weniger als fünf Bischöfe und mehre Laien von hohem Rang gehörten, nicht gering angeschlagen werden. Auch sonst fehlte es in Deutschland kurz vor und nach dieser Periode nicht an versprengten englischen Protestanten. In Leipzig finden wir um die Zeit des ersten Auftretens Luthers den Londoner Croke als Professor der griechischen Sprache. In Tübingen hiel- Grenzboten III. 1864. 31

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_189094/249>, abgerufen am 28.09.2024.