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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band.

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worin der heilige Nikolaus, ein wegen seiner Sittenreinheit in ganz Helvetien
berühmter Einsiedler, den Sieg der Schweizer über die Tyrannei verkündet.
(Ein doppelter Anachronismus; der hier berührte Einsiedler Nikolaus von der
Finde gehört in die Zeit der Burgunderkriegt, seine angebliche Weissagung übe>'
eine allerletzte Weltscblacht ist noch unter dem katholischen Volke der Urcanione
verbreitet.) Teil wendet sich mit begeisterten Worten an das Gefolge Werners
und der liest ihnen des Eremiten Schreiben. Unter Versicherung ihrer Treue
gehen sie ab.

Während nun Teil Grislers neu erbaute Zwingburg mit den Blicken mißt,
ist ihm der Vogt mit den Trabanten auf die Spur gekommen und nimmt ihn
gefangen. Tell betheuert, einem Vater kindlich Unterthan sein, nie aber einem
Despoten schmeicheln zu wollen.

Hierauf berathen Güster und Leinhard, wie Tell und dessen Tochter Hedwig
auf die Seite geschafft werden können. Leinhard räth: der berühmte Schütze
solle gehalten sein, seiner Tochter Hedwig auf 200 Schritte einen Apfel vom
Haupte zu schießen. Verfehle er den Apfel, so habe er das Leben verwirkt!
treffe er die Tochter, so werde der Rasende sich selbst das Leben nehmen.
Von diesem Plan aber erfährt nun auch Werner und theilt ihn an Adolph mit.

Act III, hat 9 Scenen, spielt in Hedwigs Versteck.

Hedwig hat bange Ahnungen, und ihre Freundin Rosine vergrößert diese
noch durch Meldung von des Vaters Gefangennahme. Alsbald stürzt Werner
herbei mit der Nachricht von dem Beschlusse gegen ihr und ihres Vaters Leben.
Da erscheint Adolph zum Troste, er betheuert, alles Landvolk aufbieten zu
wollen, um ihren Vater zu erretten und zu befreien. Allein dies ist kaum ge¬
sagt, so zeigt sich auch der böse Leinhard, der den Adolph schon aus weiter
Ferne zwingt, sich hier schnell zu entfernen. Da nun Leinhard erschienen ist,
um die Hedwig ins Gefängniß abzuführen, so wirft sich der lauernde Adolph
mit gezogenem Degen zwischen beide; Hedwig aber weist ihn zurück und folgt
freiwillig und auf ihr Recht bauend des Vogtes Befehl. Nun wird Adolph
von allen Rathgebern zugleich bestürmt. Rosine will, er solle sogleich alle Ge¬
waltthat für die Rettung der beiden Gefangenen wagen; Werner will, er solle
für sie beim Vater den Gnadenweg versuchen, und da Adolph, um letzteres zu
thun, hinweggeht, bedauert Werner doch noch, daß dieser Liebende mehr für
Hedwigs als für des Landes Rettung bedacht sein werde.

Act IV, mit 7 Scenen.

Hedwig, vor Grisler geführt, beruft sich auf ihren Rang:

"Die Familie des Tell hat große Männer hervorgebracht, ihr Adelsgeschlechl


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worin der heilige Nikolaus, ein wegen seiner Sittenreinheit in ganz Helvetien
berühmter Einsiedler, den Sieg der Schweizer über die Tyrannei verkündet.
(Ein doppelter Anachronismus; der hier berührte Einsiedler Nikolaus von der
Finde gehört in die Zeit der Burgunderkriegt, seine angebliche Weissagung übe>'
eine allerletzte Weltscblacht ist noch unter dem katholischen Volke der Urcanione
verbreitet.) Teil wendet sich mit begeisterten Worten an das Gefolge Werners
und der liest ihnen des Eremiten Schreiben. Unter Versicherung ihrer Treue
gehen sie ab.

Während nun Teil Grislers neu erbaute Zwingburg mit den Blicken mißt,
ist ihm der Vogt mit den Trabanten auf die Spur gekommen und nimmt ihn
gefangen. Tell betheuert, einem Vater kindlich Unterthan sein, nie aber einem
Despoten schmeicheln zu wollen.

Hierauf berathen Güster und Leinhard, wie Tell und dessen Tochter Hedwig
auf die Seite geschafft werden können. Leinhard räth: der berühmte Schütze
solle gehalten sein, seiner Tochter Hedwig auf 200 Schritte einen Apfel vom
Haupte zu schießen. Verfehle er den Apfel, so habe er das Leben verwirkt!
treffe er die Tochter, so werde der Rasende sich selbst das Leben nehmen.
Von diesem Plan aber erfährt nun auch Werner und theilt ihn an Adolph mit.

Act III, hat 9 Scenen, spielt in Hedwigs Versteck.

Hedwig hat bange Ahnungen, und ihre Freundin Rosine vergrößert diese
noch durch Meldung von des Vaters Gefangennahme. Alsbald stürzt Werner
herbei mit der Nachricht von dem Beschlusse gegen ihr und ihres Vaters Leben.
Da erscheint Adolph zum Troste, er betheuert, alles Landvolk aufbieten zu
wollen, um ihren Vater zu erretten und zu befreien. Allein dies ist kaum ge¬
sagt, so zeigt sich auch der böse Leinhard, der den Adolph schon aus weiter
Ferne zwingt, sich hier schnell zu entfernen. Da nun Leinhard erschienen ist,
um die Hedwig ins Gefängniß abzuführen, so wirft sich der lauernde Adolph
mit gezogenem Degen zwischen beide; Hedwig aber weist ihn zurück und folgt
freiwillig und auf ihr Recht bauend des Vogtes Befehl. Nun wird Adolph
von allen Rathgebern zugleich bestürmt. Rosine will, er solle sogleich alle Ge¬
waltthat für die Rettung der beiden Gefangenen wagen; Werner will, er solle
für sie beim Vater den Gnadenweg versuchen, und da Adolph, um letzteres zu
thun, hinweggeht, bedauert Werner doch noch, daß dieser Liebende mehr für
Hedwigs als für des Landes Rettung bedacht sein werde.

Act IV, mit 7 Scenen.

Hedwig, vor Grisler geführt, beruft sich auf ihren Rang:

„Die Familie des Tell hat große Männer hervorgebracht, ihr Adelsgeschlechl


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[0235] worin der heilige Nikolaus, ein wegen seiner Sittenreinheit in ganz Helvetien berühmter Einsiedler, den Sieg der Schweizer über die Tyrannei verkündet. (Ein doppelter Anachronismus; der hier berührte Einsiedler Nikolaus von der Finde gehört in die Zeit der Burgunderkriegt, seine angebliche Weissagung übe>' eine allerletzte Weltscblacht ist noch unter dem katholischen Volke der Urcanione verbreitet.) Teil wendet sich mit begeisterten Worten an das Gefolge Werners und der liest ihnen des Eremiten Schreiben. Unter Versicherung ihrer Treue gehen sie ab. Während nun Teil Grislers neu erbaute Zwingburg mit den Blicken mißt, ist ihm der Vogt mit den Trabanten auf die Spur gekommen und nimmt ihn gefangen. Tell betheuert, einem Vater kindlich Unterthan sein, nie aber einem Despoten schmeicheln zu wollen. Hierauf berathen Güster und Leinhard, wie Tell und dessen Tochter Hedwig auf die Seite geschafft werden können. Leinhard räth: der berühmte Schütze solle gehalten sein, seiner Tochter Hedwig auf 200 Schritte einen Apfel vom Haupte zu schießen. Verfehle er den Apfel, so habe er das Leben verwirkt! treffe er die Tochter, so werde der Rasende sich selbst das Leben nehmen. Von diesem Plan aber erfährt nun auch Werner und theilt ihn an Adolph mit. Act III, hat 9 Scenen, spielt in Hedwigs Versteck. Hedwig hat bange Ahnungen, und ihre Freundin Rosine vergrößert diese noch durch Meldung von des Vaters Gefangennahme. Alsbald stürzt Werner herbei mit der Nachricht von dem Beschlusse gegen ihr und ihres Vaters Leben. Da erscheint Adolph zum Troste, er betheuert, alles Landvolk aufbieten zu wollen, um ihren Vater zu erretten und zu befreien. Allein dies ist kaum ge¬ sagt, so zeigt sich auch der böse Leinhard, der den Adolph schon aus weiter Ferne zwingt, sich hier schnell zu entfernen. Da nun Leinhard erschienen ist, um die Hedwig ins Gefängniß abzuführen, so wirft sich der lauernde Adolph mit gezogenem Degen zwischen beide; Hedwig aber weist ihn zurück und folgt freiwillig und auf ihr Recht bauend des Vogtes Befehl. Nun wird Adolph von allen Rathgebern zugleich bestürmt. Rosine will, er solle sogleich alle Ge¬ waltthat für die Rettung der beiden Gefangenen wagen; Werner will, er solle für sie beim Vater den Gnadenweg versuchen, und da Adolph, um letzteres zu thun, hinweggeht, bedauert Werner doch noch, daß dieser Liebende mehr für Hedwigs als für des Landes Rettung bedacht sein werde. Act IV, mit 7 Scenen. Hedwig, vor Grisler geführt, beruft sich auf ihren Rang: „Die Familie des Tell hat große Männer hervorgebracht, ihr Adelsgeschlechl 29'

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_189094/235>, abgerufen am 20.10.2024.