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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band.

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dem nachfolgenden ungarischen Winterfeldzuge als Chef des Generalstabs des
schlickschen Corps (welcher Generalstab übrigens stets nur aus zwei bis drei
Offizieren bestand) fungirt hatte. Herr v, Gablenz galt überhaupt für einen
tapfern Soldaten, als welchen er sich auch dieses Mal bewährt hat; doch zeigte
sich auch bald, daß er sich nicht von der althergebrachten östreichischen Taktik
losgesagt hatte, und daß ein seinen Platz genügend ausfüllender Generalstabö-
ofsizier nicht immer zugleich ein unübertrefflicher Heerführer sein muß. Mit
einer gewissen Liebhaberei für Popularität und einer starken Neigung Effect zu
machen, kommt er seinem Freunde Benedek ziemlich nahe, während er sich von
diesem durch liebenswürdiges Benehmen gegen die Zunächststehenden auszeichnet
und nicht den östreichischen Suwarow spielt, sondern durchweg als Mann von
gentlemämnschen Gewohnheiten auftritt.

Waren nun auch die Truppen zusammengebracht, so sah es mit deren
Ausrüstung und mit der Herbeischaffung aller Heeresbedürfnisse noch übel aus,
und man fand bald heraus, daß die schmerzlichen Erfahrungen des Jahres 1859
noch immer nicht hinreichend benutzt worden waren.
'

Die Bekleidung der Mannschaften war, obgleich die Adjustirungsfrage
Gegenstand ununterbrochener Beschäftigung der Armeebehörden gewesen, für
einen Winterfeldzug unzureichend, und so mußte die Privatwohlthätigkeit mit¬
helfen, um die Truppen mit Strümpfen, Handschuhen und Winterwäsche zu
versorgen. Das Verpflegungswcsen war ebenfalls in schlechtem Zustande, und die
Leute litten, nachdem die Feindseligkeiten begonnen hatten, fast ebenso an
Allem Mangel, wie 1839.

Dafür schickte man eine eigene Feldtelegraphcnabtheilung mit, obschon
sich der geringe Nutzen der Feldtelegraphen in dem letzten Feldzuge unzweifel¬
haft herausgestellt hatte.

Ferner war das Sanitätswescn, dessen Reorganisirung so viel Kopfzerbrechen
verursacht hatte, so unzulänglich beschaffen, als es nur denkbar war. Schon
nach dem ersten Gefecht, an welchem nur eine einzige Brigade theilgenommen
hatte, mangelte es an ärztlicher Hilfe und an allen Lazarethbcdürfnissen in
solchem Grade, daß die Aerzte und Krankenwärter der deutschen Bundestruppen,
ja selbst Civilärzte reguirirt werden mußten und der in Wien zusammengetretene
patriotische Verein vor allem um Zusendung von Charpie und Verbandstücken
angegangen wurde.

Am übelsten aber stand es mit der Ausrüstung der Artillerie. Dieselbe
wurde mit den, sowohl der Mannschaft als den Offizieren fast unbekannten
Geschützen des neuen, durchaus unausgebildeten Systems, obendrein mit den
kleinsten Kalibern ausgerüstet und stand auch hinsichtlich der Zahl zu der Stärke
der übrigen Truppen in keinem richtigen Verhältnisse. Man verließ sich in
dieser Beziehung ganz auf die Preußen.


dem nachfolgenden ungarischen Winterfeldzuge als Chef des Generalstabs des
schlickschen Corps (welcher Generalstab übrigens stets nur aus zwei bis drei
Offizieren bestand) fungirt hatte. Herr v, Gablenz galt überhaupt für einen
tapfern Soldaten, als welchen er sich auch dieses Mal bewährt hat; doch zeigte
sich auch bald, daß er sich nicht von der althergebrachten östreichischen Taktik
losgesagt hatte, und daß ein seinen Platz genügend ausfüllender Generalstabö-
ofsizier nicht immer zugleich ein unübertrefflicher Heerführer sein muß. Mit
einer gewissen Liebhaberei für Popularität und einer starken Neigung Effect zu
machen, kommt er seinem Freunde Benedek ziemlich nahe, während er sich von
diesem durch liebenswürdiges Benehmen gegen die Zunächststehenden auszeichnet
und nicht den östreichischen Suwarow spielt, sondern durchweg als Mann von
gentlemämnschen Gewohnheiten auftritt.

Waren nun auch die Truppen zusammengebracht, so sah es mit deren
Ausrüstung und mit der Herbeischaffung aller Heeresbedürfnisse noch übel aus,
und man fand bald heraus, daß die schmerzlichen Erfahrungen des Jahres 1859
noch immer nicht hinreichend benutzt worden waren.
'

Die Bekleidung der Mannschaften war, obgleich die Adjustirungsfrage
Gegenstand ununterbrochener Beschäftigung der Armeebehörden gewesen, für
einen Winterfeldzug unzureichend, und so mußte die Privatwohlthätigkeit mit¬
helfen, um die Truppen mit Strümpfen, Handschuhen und Winterwäsche zu
versorgen. Das Verpflegungswcsen war ebenfalls in schlechtem Zustande, und die
Leute litten, nachdem die Feindseligkeiten begonnen hatten, fast ebenso an
Allem Mangel, wie 1839.

Dafür schickte man eine eigene Feldtelegraphcnabtheilung mit, obschon
sich der geringe Nutzen der Feldtelegraphen in dem letzten Feldzuge unzweifel¬
haft herausgestellt hatte.

Ferner war das Sanitätswescn, dessen Reorganisirung so viel Kopfzerbrechen
verursacht hatte, so unzulänglich beschaffen, als es nur denkbar war. Schon
nach dem ersten Gefecht, an welchem nur eine einzige Brigade theilgenommen
hatte, mangelte es an ärztlicher Hilfe und an allen Lazarethbcdürfnissen in
solchem Grade, daß die Aerzte und Krankenwärter der deutschen Bundestruppen,
ja selbst Civilärzte reguirirt werden mußten und der in Wien zusammengetretene
patriotische Verein vor allem um Zusendung von Charpie und Verbandstücken
angegangen wurde.

Am übelsten aber stand es mit der Ausrüstung der Artillerie. Dieselbe
wurde mit den, sowohl der Mannschaft als den Offizieren fast unbekannten
Geschützen des neuen, durchaus unausgebildeten Systems, obendrein mit den
kleinsten Kalibern ausgerüstet und stand auch hinsichtlich der Zahl zu der Stärke
der übrigen Truppen in keinem richtigen Verhältnisse. Man verließ sich in
dieser Beziehung ganz auf die Preußen.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_189094/212>, abgerufen am 20.10.2024.