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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band.

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ihrer Feldherrn allen andern Heere" und deren Anführern als Musterbilder
aufgestellt finden. Sehen wir in, Folgenden zu, was an diesen Ver¬
sicherungen ist.

Schon die ersten Vorkehrungen und die ganze Anlage des Feldzuges ließen
zu wünsche" übrig, da sich auch dieses Mal Halbheit und Inconsequenz in
allen Dingen bemerkbar machte". Erst wurde zu den Exccntioustruppen nur
die eine Brigade Gondrecourl, dann aber, als Krieg geführt werden sollte,
das gablenzsche Armeecorps mobil gemacht. Preußen vermehrte später seine
Streitkräfte fortwährend, k>as östreichische Contingent wurde nicht um ein Bataillon
verstärkt und erhielt kaum einen nothdürftigen Ersah für die erlittenen Verluste.
Die Andeutungen, daß man nur der Ehre halber mitgebe und der preußische"
Armee aus Galanterie den Borrang lasse, hatten einen hohlen Klang. Hätte
man gekonnt, so würde man sicherlich für jedes von den Preußen auf den
Kriegsschauplatz abgesendete Bataillon ein Regiment haben marschiren lassen.
Aber schon die Ausrüstung des einen Armeecorps hatte bewiesen, daß dem
heutigen Oestreich die Zusammenziehung einer größeren Truppenmacht (außer
zu Lust- und Uebungslagern) fast unmöglich ist, wenn die schon seit Langem
drohende Krise nicht sofort zum Ausbruch kommen soll. Aus allen Theilen
der Monarchie mußten die Bataillone herbeigezogen, in allen Provinzen mußten
die umfassendsten Garnisonsveränderungen vorgenommen werden, um die ent¬
standenen Lücken nur einigermaßen zu füllen. Aus Italien durfte, schon des
moralischen Eindruckes wegen, nicht ein Mann weggeführt werden. Dort standen
aber gerade die ausettvählteste" Truppen. In Galizie" geboten die damaligen
Verhältnisse eher eine Vermehrung als eine Verminderung der Besatzung.
Wenig besser sah es in Ungarn, Kroatien und Siebenbürgen aus, und den
durch die letzten Feldzüge stark mitgenommenen Bewohnern der Militärgrenze
durfte man auch keine sonderliche Bereitwilligkeit zur Ertragung weiterer Opfer
und Anstrengungen zumuthen. I" Böhmen und Mähren aber, in welchen
Ländern eine Verminderung der Besatzung stattfinden konnte, befanden sich
mehre Regimenter, von denen man behauptete, daß man sie der Welt gar
nicht zeige" dürfte. Denn es waren darunter gerade jene italienischen Truppen,
welche sich 1869 am schlechteste" bewährt und seither keine Beweise von einer
Aenderung ihrer Gesinnungen gegeben halten. So blieben nur einige Batail¬
lone aus Böhmen und dem deutschen Theile Ungarns, sowie die Garnison von
Wien zur Verfügung, und die Offiziere des Generalstabcö, welche mit der Zu¬
sammenstellung des nach den Herzogthümern abzusendenden Armeecorps beauf¬
tragt wurden, hatten in der That el" gutes Slück Arbeit.

Endlich nach Ueberwältiguiig aller Hindernisse und mit unverhältnißmäßigen
Kosten hatte man ein Corps von fünf Brigaden mit zwanig Infanterie- und
Iägerbataillonen, zwei Cavallerieregimeutern und einem schwachen Artillerie-


ihrer Feldherrn allen andern Heere» und deren Anführern als Musterbilder
aufgestellt finden. Sehen wir in, Folgenden zu, was an diesen Ver¬
sicherungen ist.

Schon die ersten Vorkehrungen und die ganze Anlage des Feldzuges ließen
zu wünsche» übrig, da sich auch dieses Mal Halbheit und Inconsequenz in
allen Dingen bemerkbar machte». Erst wurde zu den Exccntioustruppen nur
die eine Brigade Gondrecourl, dann aber, als Krieg geführt werden sollte,
das gablenzsche Armeecorps mobil gemacht. Preußen vermehrte später seine
Streitkräfte fortwährend, k>as östreichische Contingent wurde nicht um ein Bataillon
verstärkt und erhielt kaum einen nothdürftigen Ersah für die erlittenen Verluste.
Die Andeutungen, daß man nur der Ehre halber mitgebe und der preußische»
Armee aus Galanterie den Borrang lasse, hatten einen hohlen Klang. Hätte
man gekonnt, so würde man sicherlich für jedes von den Preußen auf den
Kriegsschauplatz abgesendete Bataillon ein Regiment haben marschiren lassen.
Aber schon die Ausrüstung des einen Armeecorps hatte bewiesen, daß dem
heutigen Oestreich die Zusammenziehung einer größeren Truppenmacht (außer
zu Lust- und Uebungslagern) fast unmöglich ist, wenn die schon seit Langem
drohende Krise nicht sofort zum Ausbruch kommen soll. Aus allen Theilen
der Monarchie mußten die Bataillone herbeigezogen, in allen Provinzen mußten
die umfassendsten Garnisonsveränderungen vorgenommen werden, um die ent¬
standenen Lücken nur einigermaßen zu füllen. Aus Italien durfte, schon des
moralischen Eindruckes wegen, nicht ein Mann weggeführt werden. Dort standen
aber gerade die ausettvählteste» Truppen. In Galizie» geboten die damaligen
Verhältnisse eher eine Vermehrung als eine Verminderung der Besatzung.
Wenig besser sah es in Ungarn, Kroatien und Siebenbürgen aus, und den
durch die letzten Feldzüge stark mitgenommenen Bewohnern der Militärgrenze
durfte man auch keine sonderliche Bereitwilligkeit zur Ertragung weiterer Opfer
und Anstrengungen zumuthen. I» Böhmen und Mähren aber, in welchen
Ländern eine Verminderung der Besatzung stattfinden konnte, befanden sich
mehre Regimenter, von denen man behauptete, daß man sie der Welt gar
nicht zeige» dürfte. Denn es waren darunter gerade jene italienischen Truppen,
welche sich 1869 am schlechteste» bewährt und seither keine Beweise von einer
Aenderung ihrer Gesinnungen gegeben halten. So blieben nur einige Batail¬
lone aus Böhmen und dem deutschen Theile Ungarns, sowie die Garnison von
Wien zur Verfügung, und die Offiziere des Generalstabcö, welche mit der Zu¬
sammenstellung des nach den Herzogthümern abzusendenden Armeecorps beauf¬
tragt wurden, hatten in der That el» gutes Slück Arbeit.

Endlich nach Ueberwältiguiig aller Hindernisse und mit unverhältnißmäßigen
Kosten hatte man ein Corps von fünf Brigaden mit zwanig Infanterie- und
Iägerbataillonen, zwei Cavallerieregimeutern und einem schwachen Artillerie-


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[0210] ihrer Feldherrn allen andern Heere» und deren Anführern als Musterbilder aufgestellt finden. Sehen wir in, Folgenden zu, was an diesen Ver¬ sicherungen ist. Schon die ersten Vorkehrungen und die ganze Anlage des Feldzuges ließen zu wünsche» übrig, da sich auch dieses Mal Halbheit und Inconsequenz in allen Dingen bemerkbar machte». Erst wurde zu den Exccntioustruppen nur die eine Brigade Gondrecourl, dann aber, als Krieg geführt werden sollte, das gablenzsche Armeecorps mobil gemacht. Preußen vermehrte später seine Streitkräfte fortwährend, k>as östreichische Contingent wurde nicht um ein Bataillon verstärkt und erhielt kaum einen nothdürftigen Ersah für die erlittenen Verluste. Die Andeutungen, daß man nur der Ehre halber mitgebe und der preußische» Armee aus Galanterie den Borrang lasse, hatten einen hohlen Klang. Hätte man gekonnt, so würde man sicherlich für jedes von den Preußen auf den Kriegsschauplatz abgesendete Bataillon ein Regiment haben marschiren lassen. Aber schon die Ausrüstung des einen Armeecorps hatte bewiesen, daß dem heutigen Oestreich die Zusammenziehung einer größeren Truppenmacht (außer zu Lust- und Uebungslagern) fast unmöglich ist, wenn die schon seit Langem drohende Krise nicht sofort zum Ausbruch kommen soll. Aus allen Theilen der Monarchie mußten die Bataillone herbeigezogen, in allen Provinzen mußten die umfassendsten Garnisonsveränderungen vorgenommen werden, um die ent¬ standenen Lücken nur einigermaßen zu füllen. Aus Italien durfte, schon des moralischen Eindruckes wegen, nicht ein Mann weggeführt werden. Dort standen aber gerade die ausettvählteste» Truppen. In Galizie» geboten die damaligen Verhältnisse eher eine Vermehrung als eine Verminderung der Besatzung. Wenig besser sah es in Ungarn, Kroatien und Siebenbürgen aus, und den durch die letzten Feldzüge stark mitgenommenen Bewohnern der Militärgrenze durfte man auch keine sonderliche Bereitwilligkeit zur Ertragung weiterer Opfer und Anstrengungen zumuthen. I» Böhmen und Mähren aber, in welchen Ländern eine Verminderung der Besatzung stattfinden konnte, befanden sich mehre Regimenter, von denen man behauptete, daß man sie der Welt gar nicht zeige» dürfte. Denn es waren darunter gerade jene italienischen Truppen, welche sich 1869 am schlechteste» bewährt und seither keine Beweise von einer Aenderung ihrer Gesinnungen gegeben halten. So blieben nur einige Batail¬ lone aus Böhmen und dem deutschen Theile Ungarns, sowie die Garnison von Wien zur Verfügung, und die Offiziere des Generalstabcö, welche mit der Zu¬ sammenstellung des nach den Herzogthümern abzusendenden Armeecorps beauf¬ tragt wurden, hatten in der That el» gutes Slück Arbeit. Endlich nach Ueberwältiguiig aller Hindernisse und mit unverhältnißmäßigen Kosten hatte man ein Corps von fünf Brigaden mit zwanig Infanterie- und Iägerbataillonen, zwei Cavallerieregimeutern und einem schwachen Artillerie-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_189094/210>, abgerufen am 28.09.2024.