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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band.

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gemacht hatten, und glaubte des Ruhmes genug erworben zu haben. Schon
prahlten spanische Offiziere, in drei Monaten durchgeführt zu haben, wozu
die Franzosen in Algerien dreißig Jahre gebraucht hätten!

Unter den Wenigen, welche die Verhältnisse kälter und unbefangener beur¬
theilten, befand sich der Oberbefehlshaber O'Donnell, bei dem die Offiziere am Tag
nach ihrer Ankunft zu Mittag speisten, und der sich bei dieser Gelegenheit ohne
Rückhalt über die bereits erlangten Resultate aussprach. Doch war auch er
überzeugt, daß der Krieg zu Ende sei, obgleich er sich nicht verhehlte, daß man
in der ersten Aufregung des Sieges Friedensbedingungen stellen würde, welche
ihn verlängern könnten. In der That trafen bereits am 11. von den Mauren
Friedensparlamentaire ein. Es waren ihrer vier, lauter angesehene Personen,
der Gouverneur des Riff Maid Jas-al-Mahtschard. Juif A1-Tscharki, Unter¬
gouverneur von Fez. Alkaid Ahmed-al-Badin, Gouverneur von Tanger und
Aben-Abu, General der Kavallerie. Nur von vier maurischen Soldaten be¬
gleitet, aber mit einem Ehrengeleit": von mehren spanischen Offizieren und
von einem Zug Kavallerie umgeben, ritten sie in das Lager ein, wo alsbald
Offiziere und Soldaten voll Neugier und freudiger Erwartung vor die Zelte traten.

Von den Gesandten mochte keiner über vierzig Jahre alt sein , alle hatten
scharf geschnittene, sehr ausdrucksvolle Züge, gebräunte, bronzcartige Gesichts¬
farbe, wie man sie auch im südlichen Spanien häusig findet, und vollen, aber
kurz gehaltenen und krausen Bart. Düstere Trauer sprach sich in ihren Zügen
aus, während sie ruhig und würdevoll und mit edlem Anstand grüßend durch
die Reihen der Spanier ritten.

Einer dieser vornehmen Mauren war von Kopf bis zu den mit gelben
Stiefeln bekleideten Füßen in einen weiten weißen Halt von feinster Wolle
gehüllt, die anderen trugen blaue Burnus und rothe oder weiße Turbans.
Ihr militärisches Gefolge bestand aus Soldaten Von der Garde des Kaisers.
Auf dem Kopf hatten diese eine rothe Mütze von der Form eines Fez aber viel
höher und unten mit einem weißen oder farbigen Tuch umwunden. Enge Bein¬
kleider bis zum Knie reichend und ein hemdartiger grobwollencr Ueberwurf mit
einer Capuze, grau oder braun gestreift auf Hellem Grunde und um die Hüfte
festgehalten durch einen bunten Shawl, vollendeten nebst ledernen Pantoffelschuhen
den Anzug. Die Bewaffnung bestand aus einer langen Espingardc. die in
einem rothen Futteral auf dem Rücken getragen wird, in schön gearbeiteten
großen Pistolen und einem langen, etwas gekrümmten Dolchmesser. der Gumia,
die im Gürtel steckt. Beritten waren selbst die Gesandten, die doch vornehme
Leute waren, nicht besonders gut, dagegen waren Bezäumung und Sattelzeug
reich geschmückt und im echt orientalischen Stil, ersteres von rother oder blauer
Seide kunstreich geflochten und mit zahlreichen Troddeln geschmückt, letzteres
reich mit Seide gestickt und dazu silberne Steigbügel.


gemacht hatten, und glaubte des Ruhmes genug erworben zu haben. Schon
prahlten spanische Offiziere, in drei Monaten durchgeführt zu haben, wozu
die Franzosen in Algerien dreißig Jahre gebraucht hätten!

Unter den Wenigen, welche die Verhältnisse kälter und unbefangener beur¬
theilten, befand sich der Oberbefehlshaber O'Donnell, bei dem die Offiziere am Tag
nach ihrer Ankunft zu Mittag speisten, und der sich bei dieser Gelegenheit ohne
Rückhalt über die bereits erlangten Resultate aussprach. Doch war auch er
überzeugt, daß der Krieg zu Ende sei, obgleich er sich nicht verhehlte, daß man
in der ersten Aufregung des Sieges Friedensbedingungen stellen würde, welche
ihn verlängern könnten. In der That trafen bereits am 11. von den Mauren
Friedensparlamentaire ein. Es waren ihrer vier, lauter angesehene Personen,
der Gouverneur des Riff Maid Jas-al-Mahtschard. Juif A1-Tscharki, Unter¬
gouverneur von Fez. Alkaid Ahmed-al-Badin, Gouverneur von Tanger und
Aben-Abu, General der Kavallerie. Nur von vier maurischen Soldaten be¬
gleitet, aber mit einem Ehrengeleit«: von mehren spanischen Offizieren und
von einem Zug Kavallerie umgeben, ritten sie in das Lager ein, wo alsbald
Offiziere und Soldaten voll Neugier und freudiger Erwartung vor die Zelte traten.

Von den Gesandten mochte keiner über vierzig Jahre alt sein , alle hatten
scharf geschnittene, sehr ausdrucksvolle Züge, gebräunte, bronzcartige Gesichts¬
farbe, wie man sie auch im südlichen Spanien häusig findet, und vollen, aber
kurz gehaltenen und krausen Bart. Düstere Trauer sprach sich in ihren Zügen
aus, während sie ruhig und würdevoll und mit edlem Anstand grüßend durch
die Reihen der Spanier ritten.

Einer dieser vornehmen Mauren war von Kopf bis zu den mit gelben
Stiefeln bekleideten Füßen in einen weiten weißen Halt von feinster Wolle
gehüllt, die anderen trugen blaue Burnus und rothe oder weiße Turbans.
Ihr militärisches Gefolge bestand aus Soldaten Von der Garde des Kaisers.
Auf dem Kopf hatten diese eine rothe Mütze von der Form eines Fez aber viel
höher und unten mit einem weißen oder farbigen Tuch umwunden. Enge Bein¬
kleider bis zum Knie reichend und ein hemdartiger grobwollencr Ueberwurf mit
einer Capuze, grau oder braun gestreift auf Hellem Grunde und um die Hüfte
festgehalten durch einen bunten Shawl, vollendeten nebst ledernen Pantoffelschuhen
den Anzug. Die Bewaffnung bestand aus einer langen Espingardc. die in
einem rothen Futteral auf dem Rücken getragen wird, in schön gearbeiteten
großen Pistolen und einem langen, etwas gekrümmten Dolchmesser. der Gumia,
die im Gürtel steckt. Beritten waren selbst die Gesandten, die doch vornehme
Leute waren, nicht besonders gut, dagegen waren Bezäumung und Sattelzeug
reich geschmückt und im echt orientalischen Stil, ersteres von rother oder blauer
Seide kunstreich geflochten und mit zahlreichen Troddeln geschmückt, letzteres
reich mit Seide gestickt und dazu silberne Steigbügel.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_189094/112>, abgerufen am 28.09.2024.