Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

brach er meistens nur, wenn er mit Zuruf und Peitschenhieb die lässigeren
Thiere zu schnellerem Lauf antrieb. Der Adelantero sitzt auf dem vordersten
Sattelthiere und ist meistens ein junger Bursche, Hier war er sechzehn oder
siebzehn Jahr alt und trug eine Sammetjacke und braune Reitbeinkleider, zu¬
sammengehalten durch eine gelbe Leibbinde, wahrend den Kopf ein buntseidenes
Tuch und darüber eine niedliche Mütze bedeckte. Eine kurze starke Peitsche in
der Hand und ein einziger mächtiger Sporn am linken Fuß dienten zum An¬
treiben des Gespannes. Merkwürdig ist die Ausdauer dieser Adelanteros im
Reiten. So saß dieser, mit Ausnahme der kurzen Zwischenpausen auf den
wenigen Stationen, wo zum Essen Halt gemacht wurde, volle fünfzig Stunden
im Sattel, bis zuletzt noch stramm und mit festem Schluß.

Der Zagal, der Aufseher über die Thiere, ist meistens ein junger kräftiger
Kerl, wie denn auch kaum ein Anderer dieses mühsame Amt versehen kann.
Dieses besteht darin, im Verein mit dem Mayoral die Thiere anzutreiben.
Meist läuft er neben dem Wagen her, unaufhörlich die Namen der Thiere
rufend: Leon", Generala, Capitana, Pelegrina oder wie sie sonst heißen mögen,
Mahnung oder scharfen Tadel im Ton. Dann plötzlich, wenn das langgezogene
Leona! Leona! nichts helfen will, fliegt er mit einem weiten Sprunge an die
Spitze des scharf hintrabenden Zuges und haut mit der Peitsche grimmig aus
das Thier ein, das sich durch Saumseligkeit seinen Zorn zugezogen hat, um
sich im nächsten Augenblick auf einen Tritt des Wagens zu schwingen, ohne
dabei sein Fluchen und Schreien zu unterbrechen. So geht es fort während
der ganzen Fahrt. Der Zagal trägt die Provinziallracht, in der Manch" die
schon beschriebene braune Jacke und Kniehose, in Andalusien reich besetzte Jacken
und Beinkleider und die offene Ledergamasche mit zahlreichen Knöpfen verziert,
auf dem Kopf aber den spitzen Hut mit Quasten.

Die Fahrt ging über die düstere Sierra Morena, deren schöne Felspartien
und wilde Schluchten jedoch trübes Wetter den Augen der Reisenden entzog,
wieder hinab durch Andalusiens wellenförmige Ebene nach Cordova und Sevilla.
Hier erwartete die Reisenden die Nachricht, daß O'Donnell bereits vor Tetuan
stehe, und entscheidende Ereignisse auf dem Kriegsschauplatz nicht lange mehr
ausbleiben konnten; ein Grund mehr, um nach dem Einschiffungsorte Cadix zu
eilen. Das Loskommen von Spanien sollte jedoch nicht so leicht sein. Erst
verursachte widriges Wetter in Cadix dreitägigen Aufenthalt und selbst die
Hoffnung, diese Zeit zum Ankauf von Pferden und Fcldausrüstungsgegenständen
zu benutzen, schlug fehl; denn es war nichts Derartiges in Cadix zu haben
und man vertröstete die Kauflustigen auf Gibraltar. Besorgniß aber, etwas
zu versäumen, trieb die Preußen hinüber nach Tetuan, aus dessen Rhede sie am
28. Januar eintrafen.

Bei der Landung empfing sie das bunteste Gewimmel. Der sandige


brach er meistens nur, wenn er mit Zuruf und Peitschenhieb die lässigeren
Thiere zu schnellerem Lauf antrieb. Der Adelantero sitzt auf dem vordersten
Sattelthiere und ist meistens ein junger Bursche, Hier war er sechzehn oder
siebzehn Jahr alt und trug eine Sammetjacke und braune Reitbeinkleider, zu¬
sammengehalten durch eine gelbe Leibbinde, wahrend den Kopf ein buntseidenes
Tuch und darüber eine niedliche Mütze bedeckte. Eine kurze starke Peitsche in
der Hand und ein einziger mächtiger Sporn am linken Fuß dienten zum An¬
treiben des Gespannes. Merkwürdig ist die Ausdauer dieser Adelanteros im
Reiten. So saß dieser, mit Ausnahme der kurzen Zwischenpausen auf den
wenigen Stationen, wo zum Essen Halt gemacht wurde, volle fünfzig Stunden
im Sattel, bis zuletzt noch stramm und mit festem Schluß.

Der Zagal, der Aufseher über die Thiere, ist meistens ein junger kräftiger
Kerl, wie denn auch kaum ein Anderer dieses mühsame Amt versehen kann.
Dieses besteht darin, im Verein mit dem Mayoral die Thiere anzutreiben.
Meist läuft er neben dem Wagen her, unaufhörlich die Namen der Thiere
rufend: Leon«, Generala, Capitana, Pelegrina oder wie sie sonst heißen mögen,
Mahnung oder scharfen Tadel im Ton. Dann plötzlich, wenn das langgezogene
Leona! Leona! nichts helfen will, fliegt er mit einem weiten Sprunge an die
Spitze des scharf hintrabenden Zuges und haut mit der Peitsche grimmig aus
das Thier ein, das sich durch Saumseligkeit seinen Zorn zugezogen hat, um
sich im nächsten Augenblick auf einen Tritt des Wagens zu schwingen, ohne
dabei sein Fluchen und Schreien zu unterbrechen. So geht es fort während
der ganzen Fahrt. Der Zagal trägt die Provinziallracht, in der Manch« die
schon beschriebene braune Jacke und Kniehose, in Andalusien reich besetzte Jacken
und Beinkleider und die offene Ledergamasche mit zahlreichen Knöpfen verziert,
auf dem Kopf aber den spitzen Hut mit Quasten.

Die Fahrt ging über die düstere Sierra Morena, deren schöne Felspartien
und wilde Schluchten jedoch trübes Wetter den Augen der Reisenden entzog,
wieder hinab durch Andalusiens wellenförmige Ebene nach Cordova und Sevilla.
Hier erwartete die Reisenden die Nachricht, daß O'Donnell bereits vor Tetuan
stehe, und entscheidende Ereignisse auf dem Kriegsschauplatz nicht lange mehr
ausbleiben konnten; ein Grund mehr, um nach dem Einschiffungsorte Cadix zu
eilen. Das Loskommen von Spanien sollte jedoch nicht so leicht sein. Erst
verursachte widriges Wetter in Cadix dreitägigen Aufenthalt und selbst die
Hoffnung, diese Zeit zum Ankauf von Pferden und Fcldausrüstungsgegenständen
zu benutzen, schlug fehl; denn es war nichts Derartiges in Cadix zu haben
und man vertröstete die Kauflustigen auf Gibraltar. Besorgniß aber, etwas
zu versäumen, trieb die Preußen hinüber nach Tetuan, aus dessen Rhede sie am
28. Januar eintrafen.

Bei der Landung empfing sie das bunteste Gewimmel. Der sandige


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0110" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/189205"/>
          <p xml:id="ID_340" prev="#ID_339"> brach er meistens nur, wenn er mit Zuruf und Peitschenhieb die lässigeren<lb/>
Thiere zu schnellerem Lauf antrieb. Der Adelantero sitzt auf dem vordersten<lb/>
Sattelthiere und ist meistens ein junger Bursche, Hier war er sechzehn oder<lb/>
siebzehn Jahr alt und trug eine Sammetjacke und braune Reitbeinkleider, zu¬<lb/>
sammengehalten durch eine gelbe Leibbinde, wahrend den Kopf ein buntseidenes<lb/>
Tuch und darüber eine niedliche Mütze bedeckte. Eine kurze starke Peitsche in<lb/>
der Hand und ein einziger mächtiger Sporn am linken Fuß dienten zum An¬<lb/>
treiben des Gespannes. Merkwürdig ist die Ausdauer dieser Adelanteros im<lb/>
Reiten. So saß dieser, mit Ausnahme der kurzen Zwischenpausen auf den<lb/>
wenigen Stationen, wo zum Essen Halt gemacht wurde, volle fünfzig Stunden<lb/>
im Sattel, bis zuletzt noch stramm und mit festem Schluß.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_341"> Der Zagal, der Aufseher über die Thiere, ist meistens ein junger kräftiger<lb/>
Kerl, wie denn auch kaum ein Anderer dieses mühsame Amt versehen kann.<lb/>
Dieses besteht darin, im Verein mit dem Mayoral die Thiere anzutreiben.<lb/>
Meist läuft er neben dem Wagen her, unaufhörlich die Namen der Thiere<lb/>
rufend: Leon«, Generala, Capitana, Pelegrina oder wie sie sonst heißen mögen,<lb/>
Mahnung oder scharfen Tadel im Ton. Dann plötzlich, wenn das langgezogene<lb/>
Leona! Leona! nichts helfen will, fliegt er mit einem weiten Sprunge an die<lb/>
Spitze des scharf hintrabenden Zuges und haut mit der Peitsche grimmig aus<lb/>
das Thier ein, das sich durch Saumseligkeit seinen Zorn zugezogen hat, um<lb/>
sich im nächsten Augenblick auf einen Tritt des Wagens zu schwingen, ohne<lb/>
dabei sein Fluchen und Schreien zu unterbrechen. So geht es fort während<lb/>
der ganzen Fahrt. Der Zagal trägt die Provinziallracht, in der Manch« die<lb/>
schon beschriebene braune Jacke und Kniehose, in Andalusien reich besetzte Jacken<lb/>
und Beinkleider und die offene Ledergamasche mit zahlreichen Knöpfen verziert,<lb/>
auf dem Kopf aber den spitzen Hut mit Quasten.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_342"> Die Fahrt ging über die düstere Sierra Morena, deren schöne Felspartien<lb/>
und wilde Schluchten jedoch trübes Wetter den Augen der Reisenden entzog,<lb/>
wieder hinab durch Andalusiens wellenförmige Ebene nach Cordova und Sevilla.<lb/>
Hier erwartete die Reisenden die Nachricht, daß O'Donnell bereits vor Tetuan<lb/>
stehe, und entscheidende Ereignisse auf dem Kriegsschauplatz nicht lange mehr<lb/>
ausbleiben konnten; ein Grund mehr, um nach dem Einschiffungsorte Cadix zu<lb/>
eilen. Das Loskommen von Spanien sollte jedoch nicht so leicht sein. Erst<lb/>
verursachte widriges Wetter in Cadix dreitägigen Aufenthalt und selbst die<lb/>
Hoffnung, diese Zeit zum Ankauf von Pferden und Fcldausrüstungsgegenständen<lb/>
zu benutzen, schlug fehl; denn es war nichts Derartiges in Cadix zu haben<lb/>
und man vertröstete die Kauflustigen auf Gibraltar. Besorgniß aber, etwas<lb/>
zu versäumen, trieb die Preußen hinüber nach Tetuan, aus dessen Rhede sie am<lb/>
28. Januar eintrafen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_343" next="#ID_344"> Bei der Landung empfing sie das bunteste Gewimmel.  Der sandige</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0110] brach er meistens nur, wenn er mit Zuruf und Peitschenhieb die lässigeren Thiere zu schnellerem Lauf antrieb. Der Adelantero sitzt auf dem vordersten Sattelthiere und ist meistens ein junger Bursche, Hier war er sechzehn oder siebzehn Jahr alt und trug eine Sammetjacke und braune Reitbeinkleider, zu¬ sammengehalten durch eine gelbe Leibbinde, wahrend den Kopf ein buntseidenes Tuch und darüber eine niedliche Mütze bedeckte. Eine kurze starke Peitsche in der Hand und ein einziger mächtiger Sporn am linken Fuß dienten zum An¬ treiben des Gespannes. Merkwürdig ist die Ausdauer dieser Adelanteros im Reiten. So saß dieser, mit Ausnahme der kurzen Zwischenpausen auf den wenigen Stationen, wo zum Essen Halt gemacht wurde, volle fünfzig Stunden im Sattel, bis zuletzt noch stramm und mit festem Schluß. Der Zagal, der Aufseher über die Thiere, ist meistens ein junger kräftiger Kerl, wie denn auch kaum ein Anderer dieses mühsame Amt versehen kann. Dieses besteht darin, im Verein mit dem Mayoral die Thiere anzutreiben. Meist läuft er neben dem Wagen her, unaufhörlich die Namen der Thiere rufend: Leon«, Generala, Capitana, Pelegrina oder wie sie sonst heißen mögen, Mahnung oder scharfen Tadel im Ton. Dann plötzlich, wenn das langgezogene Leona! Leona! nichts helfen will, fliegt er mit einem weiten Sprunge an die Spitze des scharf hintrabenden Zuges und haut mit der Peitsche grimmig aus das Thier ein, das sich durch Saumseligkeit seinen Zorn zugezogen hat, um sich im nächsten Augenblick auf einen Tritt des Wagens zu schwingen, ohne dabei sein Fluchen und Schreien zu unterbrechen. So geht es fort während der ganzen Fahrt. Der Zagal trägt die Provinziallracht, in der Manch« die schon beschriebene braune Jacke und Kniehose, in Andalusien reich besetzte Jacken und Beinkleider und die offene Ledergamasche mit zahlreichen Knöpfen verziert, auf dem Kopf aber den spitzen Hut mit Quasten. Die Fahrt ging über die düstere Sierra Morena, deren schöne Felspartien und wilde Schluchten jedoch trübes Wetter den Augen der Reisenden entzog, wieder hinab durch Andalusiens wellenförmige Ebene nach Cordova und Sevilla. Hier erwartete die Reisenden die Nachricht, daß O'Donnell bereits vor Tetuan stehe, und entscheidende Ereignisse auf dem Kriegsschauplatz nicht lange mehr ausbleiben konnten; ein Grund mehr, um nach dem Einschiffungsorte Cadix zu eilen. Das Loskommen von Spanien sollte jedoch nicht so leicht sein. Erst verursachte widriges Wetter in Cadix dreitägigen Aufenthalt und selbst die Hoffnung, diese Zeit zum Ankauf von Pferden und Fcldausrüstungsgegenständen zu benutzen, schlug fehl; denn es war nichts Derartiges in Cadix zu haben und man vertröstete die Kauflustigen auf Gibraltar. Besorgniß aber, etwas zu versäumen, trieb die Preußen hinüber nach Tetuan, aus dessen Rhede sie am 28. Januar eintrafen. Bei der Landung empfing sie das bunteste Gewimmel. Der sandige

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_189094
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_189094/110
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_189094/110>, abgerufen am 20.10.2024.